Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
dann steht da noch ein großer, verschlossener Karton. „Was ist da denn drin?“, frage ich Simon, der neben mir auf der Bank sitzt.
„Hey, Lucas. Ich weiß auch nicht. Vielleicht neue Bälle. Oder neue Anzüge. Oder aber es springt hier gleich ein heißes Mädel aus der Kiste“, grinst er mich an und ich schaffe es gerade so, dass meine Mundwinkel nach oben zucken.
„Na, wenn du meinst?“
„Ne, dass mit dem Mädel glaube ich nicht so ganz. Aber ich denke mal, dass Robert uns gleich erleuchten wird“, kichert er und deutet mit dem Finger zur Tür, in der sich jetzt der Trainer aufbaut. Gelassen zückt er ein Taschenmesser und zieht die Klinge hervor. Wie Butter gleitet sie durch den Klebestreifen, der den Karton noch zusammen hält. Vorsichtig steckt er das Messer wieder zurück und klappt die Seiten der Schachtel so, dass keiner von uns etwas sehen kann. Wie ein Zauberer steht er da und wir warten gespannt, was gleich passiert. Und dann …
„Tada … ich präsentiere euch die neuen Aufwärmpullis.“ Was er dann allerdings in den Händen hält, lässt eine Welle von Protesten durch die Kabine hallen.
„Wie sieht das denn aus?“
„So etwas ziehe ich nicht an!“
„Die denken ja alle, wir wären schwul!“
„Wir laufen doch nicht als Tucken auf!“
So in etwa hören sich die Kommentare an. Und das alles nur wegen eines pinken Pullis, auf dem in schwarzer Schrift das Logo des Sponsors prangt. Die Einzigen, die still geblieben sind, sind Simon und ich. Ich bin allerdings bei jedem schwulenfeindlichen Spruch weiter zusammen gesackt. Plötzlich ergreift mein Banknachbar das Wort.
„Also, mal ganz ehrlich. Ich finde die Teile klasse. Endlich mal was anderes als immer blau, grün, rot oder schwarz. Ist doch langweilig. Und außerdem - so können wir auch zeigen, was für ein toleranter Verein wir sind und nichts gegen Schwule haben!“
Nach diesem Statement herrscht einen ziemlich langen Moment Ruhe. Doch dann richtet sich ausgerechnet Tobias, der sonst mit Sprüchen nicht an sich halten kann, auf und beginnt zu klatschen. Die anderen stimmen nach kurzem Zögern ein.
„Siehst du“, stupst Simon mich an, „alles nicht so schlimm.“ Als er mein verwirrtes Gesicht sieht, flüstert er mir zu, dass er nach dem Spiel mit mir reden möchte. Ich nicke und fange dann den Pulli auf, den Robert mir gerade zuwirft. Mal abgesehen davon, dass die Farbe etwas gewöhnungsbedürftig ist - er ist wirklich ziemlich kuschelig.
„So, ihr Schnecken“, brüllt Robert zehn Minuten später in die Kabine, „fertig werden, warm machen und dann den Gegnern in den Arsch treten.“ Als er in unsere, zum Teil recht breit grinsende, Gesichter sieht, seufzt er Kopfschüttelnd auf. „Das war jetzt sinnbildlich gemeint. Ich will ein faires Spiel sehen. Gegen eine gesunde Härte habe ich nichts einzuwenden, das wisst ihr. Aber wir wollen spielerisch überzeugen und sie vom Platz fegen. Schließlich sind sie unsere ärgsten Konkurrenten. Also Jungs, gebt alles!“
Mit gebrummten Antworten stiefeln wir durch den Kabinengang. Dieses konstante „Klack, Klack, Klack“ der Stollen auf dem gefliesten Boden bereiten mir einen leichten Kopfschmerz. Doch draußen, in der Sonne, geht es mir gleich wieder besser.
Als unsere Gegner kommen, hagelt es natürlich gleich Hohn und Spott wegen der Pullis. Komischerweise bleiben wir alle äußerst gelassen und reagieren gar nicht auf die blöden Sprüche. Dies ist dann wohl auch der Grund, weshalb sie nach einer Weile damit aufhören.
Unser Spiel - wir haben wirklich alles umgesetzt, was der Trainer von uns verlangte. Wir waren so heiß, dass wir die Anderen mit einem sauberen 5:0 abgezogen haben. Nach Abpfiff liegen wir uns alle in den Armen und freuen uns, als wenn wir die Meisterschaft gewonnen hätten.
Nach dem Duschen sitzen wir wie immer noch ein bisschen im Sportheim. Bis eben konnte ich Bennys Fehlen noch ausblenden. Als nun jedoch die ersten Fragen nach unserem Maskottchen kommen und alle mich erwartungsvoll ansehen, wird mir doch ganz anders und eine fast ungezügelte Sehnsucht erfasst mich. Und wieder ist es Simon, der mich rettet.
„Ey, Jungs. Wer hat denn gesagt, dass er bei jedem Spiel dabei sein muss? Er kann ja schließlich auch mal was vorhaben, oder?“ Und an mich gewandt meint er, „komm, lass uns los. Bevor sie noch mehr Fragen stellen und du hier vollkommen unterm Tisch versinkst. Wäre dann vielleicht doch etwas auffällig.“ Damit stehen wir beide auf und
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