Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Titel: Eldorin – Das verborgene Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Wohlrab
Vom Netzwerk:
klang
schneidend und kalt. Shanouk fuhr herum. Sein Gebiss war blutverschmiert, und
Blut tropfte von seinem Kinn.
    Er sah Larin mit gezücktem Zauberstab vor sich
stehen und daneben den Elf, den er in diesem Moment so hasste wie nichts
anderes auf der Welt. Stelláris hatte seinen Bogen gespannt, und der Pfeil
zeigte auf Shanouks Herz.
    Shanouk fletschte die Zähne und ließ das tote
Reh los. Sie unterschätzten ihn. Er war stark und schnell, stärker und
schneller als jeder Mensch oder sogar Elf es war. Aus seiner Kehle kam ein
tiefes, bedrohliches Knurren. Dieser Laut hörte sich nicht mehr menschlich an,
er ließ Larin die Nackenhaare aufstehen. Aber Shanouk war in diesem Moment
weder Mensch noch Elf. Er war ein Vampir, und er war auf der Jagd.
    »Shanouk«, beschwor ihn Larin, »wir wollen dir
nichts tun.«
    Shanouk stieß ein beängstigendes Geräusch aus.
Er lachte gurgelnd, das Blut des Tieres rann ihm dabei aus dem Mund und das
Kinn hinunter.
    »Ihr habt keine Chance gegen mich«, zischte er.
Böse starrte er sie unter zusammengezogenen Brauen an, die Augen funkelten.
    »Das werden wir sehen.« Stelláris hielt den
Bogen ruhig und konzentriert in der Hand, jeder Muskel in seinem Körper war
angespannt. Er war bereit.
    Shanouks Antwort war ein wütendes Fauchen.
Drohend kam er näher.
    »Halt!« Larin hatte nicht die Absicht, ihn so
nahe herankommen zu lassen. »Du lässt uns keine Wahl. Bitte, Shanouk, wir
wollen nicht mit dir kämpfen. Denke an Fiona.«
    Shanouk durchlief ein Zittern. Larin erkannte
seine Chance. »Sie würde dir das nicht vergeben. Ich weiß, dass du ihr das
nicht antun könntest … es ist besser, du gehst. Versuche, diesen Wald zu
verlassen, verstehst du?«  
    Shanouks violette Augen waren zu schmalen
Schlitzen verengt. Er schien abzuwägen. Larin wusste, dass er sich ohne
Vorwarnung auf sie stürzen würde, wenn er sich entschied, sie anzugreifen, und
er hoffte, dass Stelláris’ Pfeil treffen würde. Sein Zauberstab allein war aus
dieser geringen Entfernung eine schwache Waffe gegen einen blutdurstigen
Vampir. Es war eine Reihe von schwierig auszuführenden Zaubern nötig, um ihn
aufzuhalten. Shanouk war zu schnell.
    »Du willst es nicht wirklich!« Larins Stimme
klang leise und eindringlich. »Unter deinen Vorfahren waren auch Elfen und
Menschen, und dein Zuhause ist in Eldorin. Du bist dort Lehrer, und du liebst
deine Arbeit. Mach dir nicht alles kaputt.«
    Shanouks Augen schienen sich in Larin
hineinzubohren. Seine Nasenflügel blähten sich, und sein Gesicht verzerrte sich
böse zu einer grotesken Fratze. Seine Oberlippe verzog sich, und er entblößte
langsam eine Reihe blutverschmierter Zähne. Larin fühlte, dass seine Hand, die
den Zauberstab hielt, feucht vor Schweiß war. Entschlossen fasste er den Stab
fester. Plötzlich wirbelte Shanouk herum und war im Nebel verschwunden.
    Larin atmete tief durch. »Das war ziemlich knapp
– na, zumindest wissen wir jetzt Bescheid.«
    Stelláris ließ den Bogen sinken. »Ich wusste gar
nicht, wie sprachbegabt du sein kannst.«
    »Du bist doch durch nichts zu erschüttern«,
murmelte Larin und schüttelte den Kopf. Er wischte sich die zittrigen, feuchten
Hände an seiner Hose ab, steckte den Zauberstab jedoch sicherheitshalber nicht
weg. »Du hättest wenigstens den Anstand haben können, etwas blass zu
werden.«  
    »Das ist bei mir eher innerlich … vor allem,
wenn ich daran denke, wie wir es Fiona erklären sollen.«
    »Das überlassen wir Maya«, sagte Larin sofort,
und Stelláris sah einen Augenblick lang richtig erleichtert aus.

 
    Bedrückt machten sie sich auf den Weg, heraus
aus dem tropfenden Blättergewirr und dem immerwährenden klammen Nebel, der es
ihnen unmöglich machte, eine Spur von Shanouk zu entdecken. Larin hoffte, dass
er tatsächlich gegangen war und ihnen nicht irgendwo auflauerte. Sie blieben
dicht zusammen, immer wieder stoppten sie und lauschten. Die niederfallenden
Tropfen hörten sich an wie das Tippeln winziger Füße, wenn sie auf dem dichten
Moosteppich auftrafen. Sie horchten angestrengt, und manchmal meinten sie,
dazwischen einen anderen Laut zu vernehmen – aber dann verlor sich das
Geräusch wieder, und sie waren sich nicht sicher. Gewiss, Stelláris hatte das
ausgezeichnete Gehör der Elfen, aber ein Vampir war ein Wesen, das nahezu
lautlos scheinbar aus den Nichts auftauchen konnte, um sich auf sie zu stürzen.
Es war riskant gewesen, sich überhaupt in den Nebelwald zu wagen, aber sie
hatten

Weitere Kostenlose Bücher