Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
blutleer (an
ihrem ersten Tag im Nebelwald hatte es angefangen). Fionas Geständnis, Shanouk
hätte sie auf den Hals geküsst (Maya bekam eine Gänsehaut, als sie den tieferen
Sinn verstand – wie nah dran war Shanouk gewesen, seine Zähne in Fionas
Hals zu schlagen?). Shanouk, wie er Fiona ansah – irgendwie gierig (Max
hatte gesagt, wie ein Schnitzel, und sie hatten darüber gelacht). Shanouk, der
sich beschwert hatte, dass er Fiona nie für sich allein hatte (was hatte er
vorgehabt?). Shanouks blaue Augen, die sich violett verfärbten, wenn der Vampir
in ihm erwacht war. Fiona, die gesagt hatte, er wäre nicht mehr er selbst.
»Wir sollten zur Höhle gehen«, sagte Larin
behutsam. Maya kam in die Gegenwart zurück. »Ja, klar, gehen wir … Jetzt
verstehe ich erst … der arme Stelláris. Es muss ihn schrecklich belastet haben.
Er hat ständig Angst um Fiona haben müssen. Er durfte sie nie mit Shanouk
allein lassen – letztendlich ist es jetzt fast noch schwieriger geworden,
weil wir nicht wissen, was Shanouk vorhat.«
»Er durfte Shanouk mit keinem allein lassen.
Auch nicht mit dir oder Max. Wir haben uns das Aufpassen geteilt, später hat
Zacharias mitgeholfen. Für einen wäre das gar nicht zu schaffen gewesen,
während Shanouks Nachtwache blieb immer einer von uns wach.«
»Und ich habe prima geschlafen und gar nichts
davon mitbekommen. Warum hast du mir nie was davon gesagt?«
»Anfangs konnte ich es kaum glauben. Da wäre ich
mir echt blöd vorgekommen, so ein übles Zeug zu verbreiten. Aber alles hat so
gut zusammengepasst. Ich wusste von Stelláris, dass Shanouk über den Großvater
diese Vampirgene in sich trägt, was ja nicht unbedingt bedeuten musste, dass
das bei ihm durchbricht. Später, als es offensichtlicher wurde, wollten wir
niemand beunruhigen, wir waren uns ja trotzdem nie völlig sicher, und einer von
euch hätte es sich bestimmt anmerken lassen, dass er ihn verdächtigt – stell
dir vor, es hätte nicht gestimmt, und wir hätten ihn zu Unrecht beschuldigt,
ein Vampir zu sein.«
»Stimmt, klingt einleuchtend«, murmelte Maya
niedergeschlagen.
Dann seufzte sie tief. »Komm, lass uns
nachsehen, ob Fiona schon wach ist – bringen wir es hinter uns.«
»Wir?« Larin klang so erschrocken, dass Maya
sich trotz der schlimmen Entdeckung das Lachen verkneifen musste.
»Ich sehe schon. Du bist mutig, was Vampire
angeht, aber beim Überbringen schlechter Nachrichten kneifst du.«
»Weinende Mädchen …«, murmelte Larin, »die
machen mich nervös. Ich warte da drüben mit Stelláris.«
Fiona war wach. Sie saß in der Höhle und kämmte
gerade ihr glänzendes rotes Haar. Sie erinnerte Maya an das Bild einer
Meerjungfrau, das sie irgendwo gesehen hatte, so wunderschön sah sie aus.
(Wobei die Nixen in der Wirklichkeit blaue und grüne Haare hatten, das wusste
sie inzwischen besser.) Max war hinter dem Vorhang verschwunden und man vernahm
das Geräusch von spritzendem Wasser. Er sang dazu lautstark irgendein Lied und
hörte sich an wie ein Jungwolf beim Üben.
»Guten Morgen!« Fiona strahlte Maya an.
»Guten Morgen.« Maya klang weniger begeistert.
»Sag mal«, begann Fiona und legte den Kamm zur
Seite, »hast du heute schon Shanouk gesehen?«
»Nein«, sagte Maya wahrheitsgemäß. »Ich …«
»Nicht?« Fiona war beunruhigt. »Aber er ist doch
gut zurückgekommen?«
»Er ist seit gestern nicht zurückgekommen.« Maya
fühlte, wie ihr Mund trocken wurde. Sie schluckte und biss sich auf die
Lippen.
»Aber …«
»Fiona, es ist etwas ziemlich …«, verzweifelt
suchte Maya nach einem passenden Wort, »… Übles geschehen, ich meine, es
geht ihm gut, aber er … der Grund, dass er … ach, Mist, ich kann das nicht …
Fiona, sein Großvater war ein Vampir.«
»Und?«, fragte Fiona verständnislos.
»Und er auch.«
»Bitte? Ich verstehe nicht … Oh.« Fiona
wurde leichenblass. Ihre Hände fuhren unwillkürlich in Richtung ihres Halses;
sie verharrten in der Bewegung und begannen zu zittern. Hilflos fielen sie
herab und lagen schlaff in ihrem Schoß. Fiona saß vollkommen reglos da. Maya
hatte erwartet, dass ihre Freundin weinen oder schreien würde, aber diese
Stille fand sie viel schlimmer. »Fiona?«, erkundigte sie sich vorsichtig.
»Er - ist - ein - Vampir«, flüsterte Fiona kaum
hörbar.
»Fiona, es tut mir so unglaublich leid!«
Fiona wandte den Kopf in Mayas Richtung, aber
ihre Augen schienen sie nicht zu sehen. Sie wirkten leer.
»Warum.«
Es klang
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