Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
sich nicht sicher, ob Zacharias
nicht schon im Sitzen anfing zu schnarchen, bevor er sich richtig am Boden
ausgestreckt hatte.
Larin grinste in sich hinein. Die Nächte vorher
hatte Zacharias mit etwas Abstand zu ihnen gelegen, aber hier unter dem
Felsvorsprung hörte sich sein Schnarchen an wie eine Horde missgestimmter
Bären. ›Zumindest muss ich mich nicht mühsam wach halten‹, dachte Larin und lauschte
fasziniert. ›Wie kann ein einzelner Mensch nur solche lauten Töne
hervorbringen?‹ Entspannt saß Larin unter dem Felsen. Seine Gedanken wanderten
zu Stelláris. Sein Freund lebte – er hatte es tatsächlich geschafft,
Fiona zu retten und dann nicht an dem Gift zu sterben. – Plötzlich
erstarrte er und kniff die Augen zusammen. War da nicht eine Bewegung hinter
den Bäumen gewesen? Nein, es musste von den ständig rieselnden Schneekristallen
verursacht worden sein. Der Boden war schon mit einer dicken puderigen Schicht
bedeckt. Sie täuschten Bewegung vor, wo keine war. Larin lauschte in die Nacht
hinaus. Die friedliche Stille konnte trügen. Er fasste seinen Zauberstab
fester. War es möglich, dass Shanouk sie angreifen würde? Wollte er Fiona
zurückhaben? Er hatte ihr Blut gekostet, und es hatte ihn so weit um den
Verstand gebracht, dass er sie beinahe getötet hätte – wenn auch nicht
beabsichtigt. Larin spürte, wie sich ihm die feinen Härchen im Nacken
aufstellten. Ja, Shanouk würde es vermutlich versuchen, sollte er in der Lage
dazu sein. Möglicherweise hockte er irgendwo dort hinter den Bäumen, starrte
durch den Nebel und den Schnee zu ihnen herüber und wartete auf eine günstige
Gelegenheit.
›Wir sind hier gut zu sehen‹, überlegte Larin
beunruhigt. ›Dass der Nebel unter den Bäumen deutlich dichter ist als bei uns,
ist für Shanouk ein Vorteil.‹ Noch etwas kam Larin in den Sinn: Solange Shanouk
wusste, wo sie sich befanden, würden sie keine Möglichkeit haben, tagsüber
unbemerkt an den Vampiren in der Höhle vorbeizukommen, weil er ihnen jederzeit
seine Gedanken mitteilen konnte. Er würde den Blutsaugern verraten, dass sie
kämen, und die Biester würden nicht schlafen. Sie mussten sich so bald wie
möglich ein gutes Versteck suchen.
Doch die Nacht verlief ruhig. Larin hielt bis
Sonnenaufgang durch, dann weckte er Zacharias, der ihn ablöste. Völlig
erschöpft rollte Larin sich zusammen und schlief augenblicklich ein.
Diesiges Licht sickerte durch die Morgennebel
und ließ Maya benommen auf ihre andere Seite drehen. Nein, solange die Sonne
ihren Weg nicht durch die Nebel fand, konnte sie durchaus noch ein wenig liegen
bleiben … Schlaftrunken sah sie sich um – die anderen schliefen auch
noch. Die anderen? – Maya fuhr hoch. Tatsächlich – links von ihr
lagen Fiona und Stelláris, deren bleiche Hautfarbe einer gesunden Färbung
gewichen war. Es war also kein Traum gewesen. Maya lauschte glücklich
Stelláris’ regelmäßigen Atemzügen. Entspannt lag er auf dem Rücken, und nur die
dunklen Schatten unter den Augen zeugten von dem Kampf seines Körpers gegen das
Gift des Vampirs. Es schien ihn nicht zu stören, dass Max im Schlaf zu ihm
unter die Decke gerobbt war und sie ihm ein Stück weggezogen hatte. Von Max war
ansonsten nicht allzu viel zu sehen, er hatte sich in Stelláris’ Decke eingekuschelt,
so dass nur der verwuschelte blonde Haarschopf heraussah.
›Wir sind noch mal davongekommen‹, dachte Maya
und richtete die verschobenen Decken. Sie betrachtete Larin neben sich.
Seinetwegen war sie aus Eldorin fortgegangen, und sie bereute es nicht.
Allerdings hätte sie sich niemals vorgestellt, dass ihr Weg so schwierig werden
würde.
»Morgen!« Zacharias grinste ihr zu.
Maya brachte nicht mehr als ein Nicken zu Stande
und gähnte.
»Du kannst dich ruhig wieder hinlegen«, sagte
Zacharias freundlich mit seiner rauen Bassstimme.
»Geht nicht.« Maya hatte angefangen zu grübeln
und wusste, dass sie das am Einschlafen hindern würde. Sie rutschte zu
Zacharias hinüber, zog die Beine an und umschlang sie mit den Armen. »Meinst
du, es ist richtig, dass wir ohne Hilfe weitergehen? Wir könnten Hilfe aus
Eldorin erbitten, auch wenn es Zeit kostet.«
»Nein. Wir müssen allein bleiben.«
Maya war doch ein wenig überrascht, wie
überzeugt Zacharias klang. »Wieso bist du so sicher?« Nach den Ereignissen der
letzten Tage nagten gehörige Zweifel an Maya. Sie glaubte zwar fest daran, dass
dies hier der richtige Weg war, aber sie hätte lieber jemanden
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