Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
über dem Berg,
als suchten sie etwas.«
»Widerlich.« Maya schüttelte sich. »Meinst du,
sie suchten nach uns?«
»Ich bin sicher, das taten sie. Als sie unsere
Lichter erkannten, drehten sie ab und flogen nach Süden. Ich vermute, der
Schattenfürst wollte es nicht mit einer Übermacht an Elfen aufnehmen, nicht,
nachdem er gerade erst mit dem Drachen hatte kämpfen müssen. Er hat die
Zauberbanne aufgehoben, die die Vampire an dieses Gebiet fesselten, und ist
inzwischen vermutlich unterwegs zur Festung Hel al Sharak. Durch euch wissen
wir nun, was ihn schützte. Selbst wenn es ihm rechtzeitig gelingt, den Schutz
zu erneuern …« Luna straffte sich. Ihre Augen funkelten. »Ich weiß, wie
man einen Drachen tötet. Deswegen weiß ich jetzt auch endlich, wie wir IHN
töten können.«
Maya kam der Rückweg vor, als liefe sie durch
einen Traum. Ihr Verstand sagte ihr, dass ihre Aufgabe erfüllt war, aber dieses
Wissen war noch nicht ganz in ihrem Herzen angekommen. Nicht einmal richtig
freuen konnte sie sich darüber. Vor Übermüdung nahm sie ihre Umgebung lediglich
recht verschwommen wahr, ihre Füße schienen sich ganz von selbst vorwärts zu
bewegen. Nur dass Larin an ihrer Seite ging, blieb in ihrem Gedächtnis haften.
Als sie aus dem Wald auf die Wiese traten, auf
der sie die Pferde zurückgelassen hatten, ging soeben die Sonne auf. Zu
erschöpft, um sich für irgendetwas anderes als ihr Bett zu interessieren,
verkroch sich Maya zusammen mit Fiona und den Jungs in der Höhle, in dem
Bewusstsein, dass die Elfen sie beschützen würden.
Maya wurde von einem Knurren geweckt. Es dauerte
eine Weile, bis sie begriff, dass das ihr Magen war, der sich gebärdete wie ein
gefährliches Raubtier.
Stelláris war der Einzige, der bereits
aufgestanden war. Das ständige Halbdunkel des hinteren Teils der Höhle war
schuld, dass sie vermutlich den halben Tag verschlafen hatten. Maya robbte
unter ihrer Decke hervor. Zwischen den Sachen, die sie vor ihrem Aufbruch
zurückgelassen hatte, fischte sie etwas Frisches zum Anziehen heraus. »Au!«
Maya zuckte zusammen und tastete mit schmerzverzerrtem Gesicht nach ihrer
Schulter. An dieser Stelle war ihre Kleidung völlig zerfetzt. Die Wunde pochte,
und es fühlte sich an, als hätte Fiona einen ziemlich langen Schnitt nähen
müssen – Maya hatte noch gar keine Zeit gehabt, dieses Werk zu
begutachten. Vermutlich würde eine dicke Narbe zurückbleiben.
›Was soll’s‹, dachte sie und bemühte sich, keine
falsche Bewegung zu machen, um die Wundränder nicht zu dehnen.
Der Höhleneingang wurde von zwei Elfen bewacht,
die Maya freundlich grüßten, als sie an ihnen vorbeilief. Einer davon kam Maya
bekannt vor, sie vermutete in ihm den Vater von Ondil. Draußen auf der
sonnenbeschienenen Wiese traf sie auf Luna. Die Elfe war mit ihrem Sohn in ein
Gespräch vertieft, unterbrach aber sofort und wandte sich Maya zu. Sie trat
dicht an sie heran und legte ihre Hände sanft um Mayas Gesicht.
»Wir haben dir so viel zu verdanken.« Dann
beugte sie sich zu ihr und küsste sie auf die Stirn.
Ein bisschen verlegen sah Maya zu Luna auf.
»Ich bin glücklich, euch alle lebend
wiederzusehen …« Lunas Augen blieben an Mayas Verletzung hängen. »Ich
werde mit dir zur Quelle gehen, die Schulter muss gründlich gesäubert und
versorgt werden.«
Maya war froh, sich endlich wieder richtig
waschen zu können. Ein kleines Zelt aus luftigen seidenen Tüchern war um die
Quelle herum errichtet worden, was ihnen die Möglichkeit bot, dabei ungestört
zu sein. Das kalte Quellwasser vertrieb den letzten Rest Müdigkeit. Luna legte
Maya die Hände auf die wunde Stelle und murmelte etwas in der alten
Elfensprache. Fasziniert hörte Maya zu. Die Wunde begann zu kribbeln. Es begann
in der Tiefe und setzte sich bis zu den oberen Hautschichten fort. Ein Gefühl
von Wärme breitete sich aus. Als es nachließ, strich Luna behutsam mit einem
Finger über die Schnittverletzungen.
»Es wird nun kaum mehr schmerzen. Einer der
Schnitte war sehr tief, aber auch er wird schnell und ohne Probleme heilen. Ich
habe die Fäden entfernt, sie sind nicht mehr notwendig.«
Maya staunte. Sie hatte nicht gewusst, dass
Elfen die Fähigkeit besaßen, den Heilungsprozess zu beschleunigen. Luna
lächelte über Mayas ungläubiges Gesicht. »Es erfordert Jahre des Lernens, diese
Dinge zu beherrschen. Misslingt es, kann man ziemlichen Schaden anrichten.
Stelláris handelte weise, Fiona nähen zu lassen. –
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