Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
Blüte zu nächsten, und durch ihre glänzenden Flügel sah man
das Blau des Himmels schimmern. Wenn Larin den Kopf gehoben hätte, wäre ihm
vielleicht der große schwarze Vogel verdächtig erschienen, der unweit von ihnen
an einem geheimen Ort losgeschickt worden war. Er kreiste mit einem kurzen
heiseren Schrei über Eldorin, um dann eilig seinem Ziel nach Osten
entgegenzufliegen. So aber sah ihn nur Maya, und die konnte seine Bedeutung
nicht wissen.
Sie kamen an eine Stelle, an der die Wiese
kreisförmig in den Wald hineingewachsen war, so dass sie an dieser Stelle auf
drei Seiten von ihm umschlossen wurde. In diesem geschützten Bereich waren die
Ställe und die Pferdekoppel untergebracht. Angrenzend duckte sich eine
schlichte Holzhütte in den Schatten der Bäume.
»Die Hütte gehört Ignatz, das ist der
Pferdehüter. Kann sein, dass er Neuigkeiten von den Elfen hat, die sich gestern
in der Nähe des Wasserfalles von Stelláris’ Gruppe getrennt haben. Ignatz
erfährt solche Nachrichten oft zuerst, denn er nimmt ja die gerittenen Pferde
in Empfang.«
»Ach, ja.« Maya hatte den Suchtrupp ganz
vergessen. Es war inzwischen einfach zu viel passiert.
Larin wollte gerade an die Tür der Behausung
klopfen, als ganz nah ein Ast knackte und sich ein riesenhafter Schatten aus
dem Wald löste. Fiona schrie auf.
»Keine Panik, das ist Ignatz«, beruhigte sie
Larin.
Tatsächlich war Ignatz ein hoch aufgeschossener
Mann; er musste sich bestimmt bücken, um durch seine eigene Haustür zu kommen.
Doch war er unzweifelhaft ein Mensch. Fiona war ihr Verhalten überaus peinlich.
»Entschuldigt bitte, aber erst vorhin hast du von dem Troll …«
»Ist schon gut«, unterbrach Larin hastig, der
Ignatz nicht hören lassen wollte, dass ihn jemand mit einem Troll verwechselt
hatte. »Hallo, Ignatz.«
Ignatz begrüßte sie freundlich und zeigte dabei
seine auffallend langen, vorstehenden Zähne. Er war sehr dünn, und sein
schmales Gesicht mit der langen Nase und den engstehenden grauen Augen
erinnerte eindeutig an ein Pferd. Larin stellte ihm Max und die Mädchen vor.
›Vielleicht stimmt es doch, dass manche Menschen
ihren Haustieren ähnlich sehen‹, dachte Maya, ›sogar die Frisur passt‹, und
betrachtete Ignatz’ struppiges Blondhaar, das er zu einem Pferdeschwanz
gebändigt hatte.
»Dein Antares hat schon die ganze Zeit nach dir
gefragt«, ließ Ignatz Larin wissen und meinte es offensichtlich genau so, wie
er es gesagt hatte. Er redete langsam und hatte die Eigenart, beim Sprechen
kaum die Lippen zu bewegen, weswegen man genau hinhören musste, um ihn zu
verstehen. Er nickte ihnen zu, drehte sich wortlos um und stapfte mit riesigen
Schritten auf den Stall zu. Zwar lief er ohne Eile, doch war Larin der Einzige,
der mühelos mit ihm Schritt halten konnte, denn er hatte lange Beine. An der
Koppel ganz nah am Wald befand sich ein großer Stall. Auf einer Seite sah man
ein geöffnetes riesiges Holztor, und aus dem Inneren drang das Schnauben der
Pferde.
»Sie fressen gerade. ‘s is Mittagszeit«,
nuschelte Ignatz eine Spur vorwurfsvoll und öffnete das Koppeltor.
»Wir stören sie jetzt nicht«, beteuerte Larin,
»wir reiten später. Die drei hier haben noch nie auf einem Pferd gesessen, ich
will ihnen die Pferde erst einmal zeigen. Was meinst du, wen sie kriegen
sollten?«
»Ich überleg mir was«, brummelte Ignatz.
Sie gingen über die eingezäunte Weide und
blieben vor dem offenen Stalltor stehen.
»Oh, … so viele … und sie sind so schön!« Maya
war hingerissen. Auch Max und Fiona waren beeindruckt. Der geräumige Stall
bestand aus mehreren Abteilen ohne Türen, so dass die Tiere selbst hinein- und
herauslaufen konnten, sechs Sattelkammern und einem Heuboden direkt unter dem
Dach. »Es sind etwa 350 Pferde. Sie kommen herein, wenn sie eine Extraration
Futter in die Raufe bekommen oder das Wetter schlecht ist. Sonst dürfen sie auf
der Weide grasen.« Larin hätte vielleicht noch etwas hinzugefügt, kam aber
nicht mehr dazu, denn ein Grauschimmel hatte seine Stimme gehört und trabte
wiehernd und mit gespitzten Ohren auf ihn zu.
Maya stand mit offenem Mund da. Was für ein
Pferd! Antares bewegte sich elegant und kraftvoll. Nun baute er sich vor Larin
auf und stupste ihn mit der Nase an.
»Hallo, mein Freund!« Larin streichelte ihm die
Stirn. »Wir haben uns lange nicht gesehen.« Antares schnaubte zufrieden,
versenkte seine Nüstern in Larins schwarzem Haar und knabberte zärtlich mit
seinen weichen
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