Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
auswendig kannte. Bei ihm dauerte es allerdings, bis er in den Schlaf fand, da ihn die jüngsten Erkenntnisse noch eine ganze Weile beschäftigten.
Die Nacht verlief für Elea alles andere als erholsam. Sie wachte mehrmals auf, weil Maél sich immer wieder unruhig im Schlaf hin und her warf. Offenbar schien er zu träumen, wurde aber nicht wach. Wecken wollte sie ihn aber auf gar keinen Fall, weil sie Angst hatte, dass er dann nicht mehr einschlafen würde. Er war am nächsten Tag für die Wanderung durch den Sumpf der wichtigste Mann und musste unbedingt ausgeruht sein. Also ertrug sie lieber seine unruhigen Bewegungen und Anrempelungen. Irgendwann – mehr als die Hälfte der Nacht war bereits verstrichen - hatte Mael seinen bewegungsreichen Traum endlich zu Ende geträumt, sodass Elea einschlafen konnte. Es dauerte jedoch nicht lange, da rüttelte jemand an ihrer Schulter. Nach mehreren Versuchen gelang es ihr endlich, ihre Augen offen zu halten. Der Morgen dämmerte bereits. Sie fühlte sich wie gerädert. „Was ist los mit dir? Bist du etwa krank?“ Maél beugte sich über sie und sah ihr in die müden Augen.
„ Das müsste ich eigentlich dich fragen. Was war nur los mit dir die letzte Nacht? Du hast dich die ganze Zeit hin und her gewälzt und mich angerempelt. Außerdem musste ich ständig, um meinen Teil des Fells kämpfen. Du musst einen Albtraum gehabt haben, der dich die halbe Nacht geplagt hat!“, erwiderte Elea vorwurfsvoll. „Ich kann mich an keinen Traum erinnern. Ich habe geschlafen wie ein Baby.“
„ Schön für dich! Ich fühle mich aber gräßlich. Was machen wir jetzt?“, fragte Elea hilflos. „Du machst erst einmal gar nichts. Ich setze dich auf Arok, da kannst du noch ein wenig herumdösen. Aber schlaf bloß nicht ein! Nachher fällst du noch in den Morast.“ Elea stöhnte laut und ließ sich von Maél hochziehen. Dann rollte er ihren Umhang und sein Fell zusammen, legte sie der jungen Frau in die Arme, schulterte ihren Rucksack und nahm sie kurzerhand auf seine Arme. Die anderen warteten bereits. „Ist es nicht noch viel zu dunkel? Man kann doch den Boden noch gar nicht richtig erkennen!“, fragte Elea ängstlich.
„ Für mich ist es, wie du weißt, nie zu dunkel“, antwortete Maél und hob Elea in den Sattel. Elea war außer Stande zu protestieren. Der Tag begann für sie ganz und gar nicht, wie sie geplant hatte. Sie war zu müde, um die Augen nach möglichen Sumpflöchern aufzuhalten und um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Jetzt musste sie sogar allein auf diesem riesigen Hengst sitzen und sich an seiner Mähne festkrallen. Jadoras Kommentar, dass sie aussähe, als hätte sie nachts heimlich von seinem Branntwein getrunken, was wieder allgemeines Gelächter unter seinen Kriegern hervorrief, trug nicht gerade zur Hebung ihrer Stimmung bei.
Die Krieger gingen alle zu Fuß und führten ihre Pferde an den Zügeln. Das achte, herrenlose Pferd hatte Jadora mit einem Strick an den Sattel seines Pferdes gebunden. Er bildete das Schlusslicht der Truppe. Außerdem hatten sich die Männer – mit Ausnahme von Maél - untereinander jeweils in einem Abstand von etwa zehn Schritten mit Seilen gesichert. Maél hatte sich mit einer Fangleine an Arok festgebunden und hielt ein Seilende, von einem anderen Seil, das er Elea sicherheitshalber um den Bauch gebunden hatte. Bevor sich die Gruppe an die Überquerung des Sumpfes machte, ging sie noch eine Weile an seinem Rand in nördliche Richtung entlang, bis das hügelige Gelände begann. Maél war der Meinung, dass dort der Sumpf leichter gangbar war und hoffte auf kleinere Vegetation, wie Gräser, Sträucher und Wurzeln, die dem Boden Stabilität geben würde. Darüber hinaus war er bei seinem kleinen Erkundungsgang am Tag zuvor auf einige halb ausgetrocknete Stellen gestoßen, die darauf schließen ließen, dass es hier noch keine heftigen Regenfälle gegeben hatte, wie sie für den Herbst typisch waren. Dies war für ihre Überquerung von großem Vorteil. Alles in allem standen ihre Chancen, den Sumpf, ohne größere Schwierigkeiten zu passieren, nicht schlecht.
Nach einer Weile erkannte Elea durch die Schlitze ihrer halb geöffneten, bleischweren Lidern zum Teil grün bewachsene Felsen. Der Himmel verhieß jedoch nichts Gutes. Ein dicker grauer Wolkenteppich hatte sich über das strahlende Blau des Vortages gelegt und erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen, so weit das Auge reichte. Außerdem verspürte Elea eine unangenehme
Weitere Kostenlose Bücher