Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
aus den Augen. Die Ruhe und Selbstsicherheit, die sie ausstrahlte, war wie durch ein Wunder nun auch auf ihn übergesprungen. Als er das Schlafzimmer betreten hatte, hatte es in ihm noch ganz anders ausgesehen. Er war nervös und äußerst beunruhigt gewesen, da er sich völlig hilflos fühlte und zum ersten Mal einer Situation gegenüber stand, der er überhaupt nicht gewachsen war, und das nur, weil diese halsstarrige Frau ihn dazu überredet hatte.
Die nächste Wehe baute sich schon erbarmungslos auf. Maél reichte Kyra unsicher die Hand, die die Frau ohne zu zögern sofort ergriff und mit zunehmendem Wehenschmerz drückte. Er staunte nicht schlecht über die Kraft, mit der seine Hand schmerzvoll gedrückt wurde, und dies von einer Frau. Jetzt verstand er Elea, warum sie wollte, dass
er
ihre Hand halten sollte und nicht die Kinder. Die Wehe erreichte ihren Höhepunkt. Kyra schrie ihren Schmerz förmlich heraus, während Elea sie noch dreimal aufforderte mit der vergehenden Wehe zu pressen. Anschließend gab Elea den Kindern das Zeichen, ihrer Mutter die Stirn zu kühlen. „Kyra, Ihr macht das sehr gut. Bei der nächsten Wehe ist das Köpfchen ganz draußen und wenn wir Glück haben, ist nach der übernächsten schon alles vorbei.“ Sie lächelte Maél zuversichtlich zu. Ihm standen bereits auch schon die Schweißperlen auf der Stirn. Auch wenn die anfängliche Beunruhigung und Hilflosigkeit verschwunden waren, schienen ihn die Situation und die damit verbundenen Empfindungen deutlich zu überfordern. Elea bat Julen noch, bevor die nächste Presswehe kam, seiner Mutter etwas zu trinken zu geben. Kaum hatte sie den Becher abgesetzt, da ging es auch schon los. Elea atmete Kyra wieder vor. Als es soweit war, forderte sie sie auf zu pressen. Maél blendete den Schmerz an seiner Hand aus, indem er sich nur auf Elea konzentrierte, die hinter den auf das Bett aufgestellten Beinen der gebärenden Frau immer wieder aus seinem Sichtfeld verschwand. Er beobachtete genau ihren Gesichtsausdruck, sobald sie wieder erschien, aus Angst, dass er nicht mehr Zuversicht, sondern Besorgnis verriet. Aber Elea schien, mit dem Fortschreiten der Geburt zufrieden zu sein. Beim letzten Pressen war Kyras Schrei so schrill und durchdringend gewesen, dass Maél am liebsten das Zimmer verlassen hätte, aber er konnte die beiden Frauen jetzt unmöglich im Stich lassen.
„ Es tut so weh, Elea. Ich halte den Schmerz nicht mehr aus. Es spannt so sehr, dass ich dass Gefühl habe, dass ich zerreiße.“ Bei diesen Worten sah Elea zu Maél, der schwer schlucken musste und noch blasser zu werden schien, als er ohnehin von Natur aus schon war. Sie erwiderte in ihrer ruhigen Stimme: „Kyra, Ihr müsst nur noch die nächste Wehe aushalten, dann habt Ihr es geschafft. Gebt mir Eure Hand! Schnell!“ Elea führte ihre Hand zu ihrem Schoß, sodass sie den Kopf des Babys fühlen konnte. Glücklich lächelte sie Elea zu und schien allein aus dieser zarten Berührung ihres Babys neue Energie geschöpft zu haben. Dies konnte man von ihren Gesichtszügen ablesen. „Ihr werdet jetzt gleich so oft hintereinander pressen, wie ich es Euch sage, auch wenn Ihr das Gefühl habt, Ihr könnt nicht mehr. Dann verspreche ich Euch, dass es nur noch einen kleinen Augenblick dauern wird, bis Ihr Euer Baby im Arm halten werdet.“ Während die Wehe schon wieder heranrollte, wandte Elea sich Maél zu. „Maél, wir haben es gleich geschafft, dann kannst du raus an die frische Luft. In Ordnung?“ Er nickte. Zum Reden war er nicht im Stande. Er war so angespannt, wie selten in seinem Leben.
Schließlich war es soweit. Das Schreien von Kyra übertönend, forderte Elea sie immer wieder lautstark auf zu pressen. Kyra mobilisierte ihre letzten Kraftreserven, um ihr Kind aus ihrem Körper in die Welt hinauszulassen. Von jetzt auf nachher herrschte in dem Schlafzimmer eine Stille, die Maél, der sich gerade noch am liebsten die Ohren zugehalten hätte, verwundert aufblicken ließ. Nur ein paar Augenblicke später wurde sie von einem kräftigen Babyschreien durchbrochen. Er hörte Eleas Stimme, wie von ganz weit entfernt. „Es ist ein Mädchen, Kyra.“ Dann wurde ihm bewusst, dass Kyra seine Hand bereits losgelassen hatte und in Freudentränen ausgebrochen war, während Elea bereits ein Bündel Tücher in den Armen hielt, aus dem ein strampelndes Füßchen und zwei Ärmchen herausschauten. Er sah in Eleas Gesicht und entdeckte ebenfalls ein paar Tränen. Sie legte das Baby
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