Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
lebhaft Lichtreflexe von sich gaben, dass sie den Eindruck erweckten, die Höhlenwand bewegte sich. Überall waren seltsame Steingebilde, die säulenartig den Boden mit der Höhlendecke verbanden. Dabei wurden sie mal dicker oder mal dünner, je mehr sie sich der Decke näherten. Die Höhle war weder sehr hoch noch sehr breit. Es war viel mehr ein breiter Höhlengang, den sie nun zum Inneren des Berges entlangschritt. Nach einer Weile endete dieser jäh vor einem kleinen runden Eingang. Dieser war im Vergleich zu dem, der sich draußen unter den Schneemassen verborgen hatte, scheinbar für jemand sehr Kleinen gemacht, da Elea sich bücken musste, um hindurchgehen zu können. Als sie sich wieder aufrichtete, stockte ihr der Atem. Über ihr wölbte sich eine gewaltige Decke, die an eine Kuppel erinnerte. Sie befand sich auf einem emporenartigen Vorsprung, von dem aus sie den riesigen Hohlraum überblicken konnte. Vorsichtig näherte sie sich dem unbefestigten Rand ihres Standortes und wagte einen Blick nach unten. Was sie nun sah, versetzte sie zu ihrer großen Verwunderung nicht in Angst und Schrecken, sondern löste in ihr - im Traum - ein Gefühl der Erleichterung und der Vertrautheit aus, - Gefühle, die sie jetzt im wachen Zustand überhaupt nicht nachvollziehen konnte: Unter ihr lag ein Drache, von dem ein intensives orangerotes Licht ausging. Furchtlos rannte sie die in Stein gehauene Treppe hinunter, ging auf den Drachen zu und blieb ein paar Schritte vor ihm stehen, um ihn sich von der Nähe zu betrachten. Seine Augen waren geschlossen. Elea hatte sich Drachen immer gigantisch groß vorgestellt. Dieser jedoch war drei- oder höchstens viermal so groß wie Arok – aber immer noch zu groß, nach ihrem Empfinden. Seine echsenartige Haut und seine Schuppen waren so rot wie ihre drei Haarsträhnen. Aus seinem Kopf, der zwischen seinen Vorderbeinen ruhte, ragten vier helle Hörner, zwei kurze knapp über den Überaugenwülsten und zwei lange ein Stück dahinter. Er hatte spitze, an der Seite des Kopfes nach hinten zulaufende Ohren. Ein langes, aber nicht zu spitz zulaufendes Maul verlieh ihm ein freundliches Aussehen. Auf der Rückseite seines Kopfes ragten zackenartige Panzerhöcker hervor, die sich den langen Hals über den Rücken bis hin zum Schwanz aneinanderreihten. Zwischen den Schulterblättern bis zur Mitte des Rumpfes verloren die Höcker jedoch erheblich an ihrer Zackigkeit. Sie erinnerten eher an große, runde Kieselsteine. Das Einzige, was den Drachen aggressiv oder gefährlich aussehen ließ, waren seine Klauen, die mit messerscharfen Krallen ausgestattet waren. Die Größe seiner Schwingen war nicht zu erkennen, da er sie zusammengefaltet und eng an seinen Körper gelegt hatte.
Als Elea sich das Gesicht des Drachen nochmals im Detail in Erinnerung rief, meinte sie sogar ein zufriedenes Lächeln darin gelesen zu haben. Sie musste über dieses verrückte Bild in ihrem Kopf auflachen. Erschrocken sah sie zu Femi. Doch das Mädchen rührte sich nicht.
Das Ende des Traumes war der Teil, der sie am meisten verwirrte. Dieses kam völlig unerwartet, nämlich mitten in der näheren Betrachtung des schlafenden Drachen, als dieser urplötzlich zu ihr sprach, ohne weder sein Maul noch seine Augen zu öffnen. Er sagte nur die sieben Worte: „Ich habe lange auf dich gewartet, Elea.“ Und er sagte sie mit einer Stimme, die zugleich so nah schien, als ob sie aus ihrem Innersten käme, und doch so fern, weil sie alt und fremdartig klang. Damit endete der Traum.
Von einer nervösen Ruhelosigkeit erfasst reflektierte sie über die Bedeutung des Traumes. Eines stand für sie fest: Es war eine Vision Traum.
Wenn es tatsächlich stimmt, was ich gesehen habe, dann wird mich der Stein zu dem Drachen führen, während der Stab so etwas wie ein Schlüssel ist. Und nach der Landschaft zu urteilen, befindet er sich in einem hohen Gebirge, möglicherweise im Akrachón, den Breanna und Maél erwähnt haben
. Was es allerdings mit ihrer ungewohnten Bekleidung auf sich haben sollte, darauf konnte sie sich keinen Reim machen. Die freundlichen Worte, die der Drache an sie richtete und vor allem die Warmherzigkeit, mit der er ihren Namen aussprach, ließen den Schluss zu, dass sie ihn wohl nicht fürchten musste. Der Gedanke, dass sie auf ihm reiten müsste, verdrängte sie erst einmal.
Dieser äußerst realistische Traum zusammen mit den ganzen Vorzeichen – nicht zuletzt ihre lächerlichen Höcker auf dem Rücken – ließ
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