Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Gesicht erkennen konnte, während er in ihrem, wie in einem offenen Buch las.
Hoch über ihr auf Arok sitzend blieb er ganz nah neben ihr stehen, sodass sein Stiefel sie fast berührte. Schweigend starrte er sie an und lauschte ihrem langsam zur Ruhe kommenden Atem. Er konnte von ihren Augen unschwer ablesen, dass sie sich ebenso wie er wieder beruhigt hatte. Wortlos streckte er ihr die Hand entgegen, die sie ohne zu zögern ergriff. Auf dem Sattel umschlang sie ihn sofort mit ihren Armen und drückte ihre Wange an seinen Rücken, als ob nichts zwischen ihnen gewesen wäre. Sie wollte einfach nur seine Nähe genießen. Zum Streiten hatte sie die Lust verloren.
Es dauerte nicht lange, da blieb Maél vor einem großen zwei-stöckigen Haus stehen. Es machte einen soliden Eindruck, da es aus Stein und nicht aus Holz und Lehm gebaut war, so wie Albins oder Duncans Haus. Über dem Eingang hing ein Schild aus Metall, auf dem mit goldglänzender Schrift
Herberge zum goldenen Hoffnungsschimmer
geschrieben stand. Elea konnte nicht glauben, was sie da las. War der Name Zufall oder ein Wink des Schicksals? Elea konnte ihren Blick nicht von dem Schild abwenden. Vor lauter Verblüffung hatte sie gar nicht bemerkt, dass Maél bereits abgestiegen war und auf sie wartete. Als sie sich endlich hinuntergleiten ließ, brach er das Schweigen. „Mir ging es genauso, als ich das Schild las. – Komm mit! Ich bringe dich zum Zimmer“, sagte er in freundlichem Ton. Elea stutzte und blieb stehen, als Maél bereits einen Fuß in die Herberge gesetzt hatte. „Was willst du damit sagen, du bringst mich...? Bleibst du etwa nicht?“, fragte sie bestürzt. Er hielt inne und wandte sich zu ihr um. „Elea, ich glaube nicht, dass es momentan ratsam wäre, wenn ich mich mit dir allein in einer engen Kammer befinden und das Bett mit dir teilen würde, meinst du nicht auch? Außerdem schickt es sich nicht, wenn ein Mann und eine Frau, die nicht miteinander verheiratet sind, die Nacht im selben Zimmer verbringen.“
Als ob er sich darum schert, was sich schickt und was nicht
! Elea setzte schon wieder zu einer streitlustigen Erwiderung an, als sie es sich dann doch anders überlegte und sich mit einem langen Seufzer begnügte. Sie folgte ihm niedergeschlagen in die Herberge. Glücklicherweise mussten sie nicht durch die Gaststube aus der lautes fröhliches Stimmengewirr zu hören war - unüberhörbar auch Jadoras Stimme und die der anderen Krieger. Eine Treppe führte in das erste Stockwerk. An einem langen Flur entlang reihten sich die Türen der Gästezimmer. Der Flur war in dämmriges Licht von dicken großen Kerzen getaucht, die in Wandhalterungen gegenüber der Gästezimmer brannten. Elea zählte sieben Türen. „Die hinteren vier Zimmer sind unsere. Im ersten schläft Jadora mit Morgad. Hier in dem nächsten schläfst du. Wenn du drinnen bist, legst du den Riegel vor! Hast du verstanden? Wenn etwas sein sollte, dann klopfe bei Jadora. - Gute Nacht.“
„ Und wo schläfst du? Etwa im Stall bei Arok?“ Maél nickte und wollte schon davon marschieren, als Elea ihn am Arm festhielt. „Maél, wir müssen unbedingt reden. Bitte bleib heute Nacht bei mir! Du hast mir die letzten Tage so gefehlt,“ sagte sie mit Tränen unterdrückender Stimme. „Ich kann nicht bleiben. Wir können reden, wenn wir wieder unterwegs sind“, sagte er mit bemüht ausdrucksloser Miene. Seine belegte Stimme verriet jedoch, wie es tatsächlich in ihm aussah. Er ließ Elea einsam vor der Tür stehen und schritt etwas verhalten den Flur zur Treppe zurück. Sie sah ihm noch traurig nach, öffnete die Tür und wollte gerade ins Zimmer schlüpfen, als er ihr noch zurief. „Ich habe dich übrigens auch vermisst – sehr sogar.“ Elea drehte sich blitzartig um, konnte aber nur noch einen Blick auf seinen breiten Rücken erhaschen, wie er die Treppe nach unten verschwand. Sie trat zögernd in das Zimmer und zündete als erstes eine Öllampe an, die auf einem kleinen Tisch stand. Sie traf fast der Schlag, als sie die überall im Zimmer verteilten Sachen von ihm entdeckte. Sämtliche Waffen – ihr Bogen eingeschlossen - lagen neben dem kleinen Nachtschränkchen auf dem Boden. Verschiedene Kleidungsstücke waren auf dem Bett verstreut. Über dem Stuhl am Tisch hing sein Kettenhemd. Auf dem Tisch lag eine Satteltasche, daneben auf dem Boden eine andere zusammen mit seinem Schlaffell und ihrem Umhang. Und sein Brustpanzer befand sich unter dem Fenster. All dies brachte Elea
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