Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
wieder zu ihrem Ursprung, dem Schlangenring, zurück, sodass sich seine zu Fäusten verkrampften Hände entspannten und sein Atem wieder tiefer in ihn hineindringen konnte. Er nickte Roghan kühl zu, unterließ jedoch wie gewöhnlich den Gruß mit der Faust auf dem Panzer, da er sich nicht dem königlichen Heer zugehörig fühlte. Mit betont langsamen Schritten stieg er die Stufen hinunter, ohne Finlay eines Blickes zu würdigen.
Darrach machte einen etwas abwesenden Eindruck, als er sich dem König zuwandte. „Herr, wir müssen unbedingt noch mehr über dieses Mädchen herausfinden. Nicht, dass sie uns irgendwelche Fähigkeiten verheimlicht. Wir dürfen sie auf keinen Fall unterschätzen. Ich werde mir jetzt gleich nochmal die Schriftrollen bezüglich der Auserwählten vornehmen. Vielleicht ist mir ja doch etwas entgangen oder ich habe die Aufzeichnungen falsch entschlüsselt. Bei der morgigen Unterredung werde ich noch einen Blick auf den Stein und den Stab werfen, von denen Maél sprach.“ Er machte noch eine angedeutete, aber respektvolle Verbeugung vor dem König. Dann verließ auch er die Thronhalle – allerdings hatte er es wesentlich eiliger als Maél.
Finlay war gerade im Begriff, sich ebenfalls zum Weggehen umzudrehen, als Roghan ihn zurückhielt. Er hatte sich inzwischen erhoben und sich seinem Sohn genähert. Die Männer standen sich gegenüber, das jüngere Abbild dem älteren. „Vater, warum bist du nicht mit dem zufrieden, was du in den letzten zwanzig Jahren erreicht hast? Du hast das Werk deines Urgroßvaters, Großvaters und Vaters zu Ende geführt und das Schloss, Moray und die Hafenstädte wieder aufgebaut. Dem Königreich geht es wieder gut. Die Menschen sind glücklich“, redete Finlay beschwörend auf seinen Vater ein. „Finlay, ich bin noch ein verhältnismäßig junger Herrscher. Jetzt, da der Wiederaufbau von Moraya abgeschlossen ist, brauche ich neue Herausforderungen und muss mich neuen Aufgaben stellen. Die Schriftrollen enthalten unschätzbares Wissen und der Drache könnte uns ebenfalls weitere Kenntnisse in Bezug auf die magische Welt, die mit Feringhor von heute auf morgen verschwand, liefern. Verstehst du nicht was uns der Drache für Möglichkeiten eröffnet?“, versuchte der König Finlay zu überzeugen. „Ich bin der Meinung, dass wir die magische Welt dort lassen sollten, wo sie ist. Vielleicht weckst du mit deinen Nachforschungen nur das Böse in irgendwelchen verborgenen Löchern und rufst damit wieder einen Krieg vielleicht noch größeren Ausmaßes hervor als der, der vor hundertfünfzig Jahren das Land in Schutt und Asche hinterließ. Willst du die Verantwortung hierfür tragen, zumal du zwanzig Jahre lang dein Herzblut für den Wiederaufbau hingegeben hast? Hast du immer noch nicht dein Vorhaben, Boraya zu erobern und dir einzuverleiben aufgegeben? Du musst endlich akzeptieren, dass Locán damals nach dem Krieg den westlichen Teil des alten Königreiches einem Vorfahren Eloghans überließ – warum auch immer. Moraya ist fast doppelt so groß wie Boraya. Du brauchst es nicht.“
„ Oh doch! Ich brauche es und ich will aus den beiden Reichen wieder ein großes, starkes Drachonya machen. Eloghan ist mir schon lange ein Dorn im Auge. Er verschließt sich vor jeglichem Fortschritt und lässt ungeahnte Reichtümer in Boraya ungenutzt. - Finlay, deine Bemühungen, mich von meinen Vorhaben abzubringen, sind vergebens. Ich werde dieses Mädchen den Drachen suchen schicken, was auch immer es kosten mag.“ Finlay gab immer noch nicht auf. „Und was ist mit dem Volk? Wie willst du ihm deine größenwahnsinnigen und selbstsüchtigen Pläne schmackhaft machen? Die bevorstehende Eroberung Borayas können sie unschwer erahnen, Eloghan im Übrigen auch. Mir ist bereits zu Ohren gekommen, dass er damit begonnen hat, sein Heer aufzurüsten.“
„ Das weiß ich längst. Das wird ihm aber nichts nützen. Sein Heer wird meinem zahlenmäßig weit unterlegen sein. Ganz zu schweigen von dem Drachen, der mir den größten Vorteil bringen wird. Und das Volk wird hinter mir stehen. Ich muss dem Volk nur vor Augen führen, welche Möglichkeiten uns ein gezähmter Drache eröffnen kann. – Übrigens: Ich werde um Eleas Identität nicht lange ein Geheimnis machen. Anlässlich des alljährlichen Drachenfestes werde ich das Geheimnis um ihre Person lüften und meine Pläne dem Volk verkünden“, sagte der König mit unüberhörbarem Stolz in seiner Stimme. Finlay schüttelte
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