Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
missbilligend den Kopf. Man konnte ihm ansehen, wie sehr er sich beherrschen musste, um gegen seinen Vater nicht handgreiflich zu werden. Seine Stimme wurde immer lauter und seine Hände hatte er zu Fäusten geballt, die er krampfhaft an seinen Körper drückte. „Du bist wahnsinnig, Vater. Mutter hätte dies niemals zugelassen. Bestimmt steckt Darrach dahinter. Ist dir eigentlich schon einmal in den Sinn gekommen, dass dein teurer Freund, dich vielleicht manipuliert? Du hast dich verändert, seitdem er bei uns ist. Früher warst du ein zufriedener und genügsamer Mann, für den es die größte Freude war, Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Darrach hat aus dir einen krankhaft ehrgeizigen, machthungrigen und rücksichtslosen Herrscher gemacht, der um seine Ziele durchzusetzen, sogar über Leichen geht. – Es hat keinen Sinn mit dir weiter darüber zu diskutieren. Eines aber sei dir gesagt! Ich werde hier bleiben und darüber wachen, dass diesem angeblichen Drachenmädchen nicht noch mehr Leid angetan wird, als sie bisher unter Maél schon erdulden musste.“
Wutentbrannt sprang er die wenigen Stufen hinunter und ließ seinen Vater in seiner prunkvollen Thronhalle stehen – umgeben von seinen schweigenden Leibwächtern.
Kapitel 4
Die beiden Frauen verließen das imposante Gebäude auf demselben Weg, über den Elea zuvor hineingelangt war. Als sie in den Innenhof hinaustraten, schlug Elea kühle, feuchte Luft entgegen, die sie gierig einatmete. Sie blieb an Belanas Seite und überquerte mit ihr den Innenhof, um schon das nächste düstere Gemäuer zu betreten. Hier erwartete sie eine schwindelerregende Reise durch ein Labyrinth aus Gängen und Treppen, die nur spärlich beleuchtet waren. Ihr wurde augenblicklich klar, dass sie aus diesem Gebäude niemals alleine wieder hinausfinden würde, so verschlungen waren die Gänge und noch dazu sahen sie überall gleich aus, da sie in zahlreiche Zimmer führten, die wiederum mit sich gleichenden Türen verschlossen waren. Belana sprach immer noch kein Wort, was Elea nur recht war. So hatte sie die Möglichkeit, sich von dem aufwühlenden Zusammentreffen zu erholen. Der Schmerz in ihrem Arm durch Maéls eisernen Griff hielt immer noch an. Außerdem wusste sie nicht, was schauerlicher war: Maels eiskalte Augen, die er mehr als überzeugend zur Schau getragen hatte, oder Darrachs abschätziges Lächeln. Dieser Mann rief in ihr ein unbeschreibbares Gefühl von Unbehagen und Furcht hervor. Sie konnte regelrecht spüren, dass in ihm etwas Dunkles und Mächtiges ruhte. Die Vorstellung mit ihm allein in einem Raum zu sein und zu wissen, was er Maél alles angetan hatte, ließ ihren Magen erneut schrumpfen. Jetzt konnte sie auch Maéls Ungehaltenheit verstehen, als sie vorschlug, den Zauberer für ihn zu töten. Er war gefährlich, sehr gefährlich, vielleicht sogar gefährlicher als Maél, wenn er in dieses blutrünstige Wesen verwandelt war. König Roghan machte auf sie hingegen einen freundlichen, fast schon sympathischen Eindruck. Und seine Unsicherheit gegenüber Belana, als diese ihn bezüglich ihrer desolaten Verfassung zur Rede stellte oder als sie vehement gegen eine Entblößung ihres Rückens protestiert hatte, ließ ihn milder und großherziger erscheinen, als sie ihn sich vorgestellt hatte.
Endlich blieben sie vor einer der unzähligen Türen stehen. Die Erste Hofdame holte nach Luft japsend einen Schlüssel hervor und schloss die Tür auf. Elea strömte sogleich wieder eine wohlige Wärme wie in der Thronhalle entgegen. Im Zimmer nahm Belana sie plötzlich in die Arme und versicherte ihr, dass sie hier erst einmal nichts zu befürchten habe und dass sie alles in ihrer Macht stehende tun werde, damit dies auch außerhalb dieses Zimmers so bleiben würde. Elea bedankte sich höflich und lächelte ihr zu. Daraufhin forderte Belana sie auf, ihre nassen Kleider auszuziehen. Dann verschwand sie für eine Weile, ohne es zu versäumen die Tür abzuschließen. Das ist also mein Gefängnis. Immerhin ist es hier gemütlich. Ihr Blick fiel auf eine Frisierkommode, die mehr als doppelt so groß war, wie Breannas. Es lagen auch mehr als doppelt so viele Haarbürsten und seltsam schimmernde Kämme darauf, was Elea mit einer gewissen Beklemmung zur Kenntnis nahm. Es dauerte nicht lange, da hörte sie, wie jemand den Schlüssel ins Schloss steckte. Belana trat kurz darauf mit einem Stapel warmer Tücher auf dem Arm ein. Bevor sie das nackte Mädchen in drei dieser
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