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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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machen. Die Miene der Frau verfinsterte sich, eine steile Falte bildete sich auf ihrer Nasenwurzel. In den groben Gesichtszügen lag die Erinnerung einer vergänglichen Schönheit. Mit einer hastigen Geste forderte sie Sue auf, ihr zu folgen, während sie im Licht verschwand. Zögernd folgte Sue dem klirrenden Geräusch der zahlreichen, goldenen Armreifen an Hand- und Fußgelenken der Zigeunerin.
    Sue versuchte, eine Erklärung zu finden, warum es ihr eine Heidenangst einjagte, in ein helles Zimmer zu treten, wenn es doch die Dunkelheit war, die es zu fürchten galt. Weil bei Nacht nun mal nicht die Sonne schien. Im Moment stand sie jedenfalls allein im halbdunklen Flur. In der Ferne vernahm sie die sich langsam entfernenden, schlurfenden Schritte ihres Begleiters. Ein Schauder zog über ihren Rücken, die feinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Entweder sie blieb hier stehen und wartete, bis ihr vor Angst das Herz stehen blieb oder sie riss sich zusammen und wagte den Schritt in das unheimliche Licht. Sie verließ sich auf ihr Bauchgefühl, ihr Körper folgte instinktiv und schon stand sie inmitten gleißender Helle. Sofort tränten ihre Augen, als hätte sie versehentlich in die Sonne geblickt. Geblendet legte sie die Hände vor ihr Gesicht. Plötzlich wurde ihr schwindelig. Halb blind wartete sie darauf, dass ihre Sinne schwanden.
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

Kapitel 3
    „L
icht. Es ist das Licht, das mein Interesse weckt“, gab Cayden dem Erfinder zu verstehen, denn außer Blut gab es zurzeit nichts, das ihn mehr interessierte. Nur damit konnte er der Dunkelheit, zu der er als Vampir verdammt war, ein Schnippchen schlagen.
    John Brown nickte in seinen Weinkelch hinein. „Ich verstehe. Die Nacht zum Tag zu machen würde eine enorme gesellschaftliche Umstrukturierung mit sich bringen. Stellt Euch vor, welchen Leistungszuwachs wir erreichen würden, wenn man bei Dunkelheit derselben Arbeit nachgehen könnte wie bei Tage. Ohne Einschränkung.“
    Cayden streckte seine Beine unter dem Tisch aus, weil er es leid war, ständig mit den Knien an die Tischkante zu stoßen. Er verabscheute die Häuser des gemeinen Volkes. Das Wirtshaus bildete keine Ausnahme. Schiefe Türrahmen aus unbearbeitetem Holz, unter denen er sich bücken musste, um einen ebenso spärlich eingerichteten Raum zu betreten. Diese Leute verstanden nichts von Ästhetik. In Duart Castle hielt er sich ausschließlich in den nach seinen Ansprüchen hergerichteten Räumen auf. Er überließ es stets seinen Klienten, den Treffpunkt zu wählen. Im gewohnten Umfeld neigten Menschen dazu, redselig zu werden. Es fiel ihm nicht schwer, die Fassade eines interessierten Gesichtsausdrucks zu vermitteln, auch wenn seine Gedanken mehrfach abschweiften.
    So ging es seit Stunden. Ständig wich ihm der Erfinder aus. Entweder tat er das mit Absicht oder er begriff schlicht nicht, was Cayden von ihm wollte. Gereizt trommelte er mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte. Nur mühsam unterdrückte er den Drang, den Kerl einfach über den Tisch zu ziehen und damit seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Schließlich war seine Geduld nicht endlos. Bereits den ganzen Abend hatte er in diesem schäbigen Gasthaus verschwendet, sich als Gentleman ausgegeben, um bei dem findigen Forscher den Eindruck zu erwecken, ein potenzieller Geldgeber zu sein. Diese Erfinder verfügten selten über die nötigen finanziellen Mittel, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen, geschweige denn, ihren normalen Tagesbedarf abzudecken. Mit einer Mahlzeit und gutem Wein ließ sich so manche Zunge lockern. John Brown war ein besonderes Exemplar, weil er einer hoch entwickelten Lichtquelle auf der Spur war, deren Helligkeit den Schein von hundert Gaslichtern in den Schatten stellen würde. In seinem Kopf reiften die Pläne zur Konstruktion eines elektrischen Generators. Das las Cayden in den Gedanken des Mannes.
    Johns leicht gerötete Gesichtsfarbe verriet bereits die Wirkung des guten Ports. Er saß zurückgelehnt in seinem Stuhl, strich mit der Hand über seinen vorgewölbten Bauch, in genussvoller Erinnerung an die gediegene Mahlzeit, die ihm sein Gönner hatte zuteilwerden lassen. Cayden hatte nichts gegessen. Seine Mahlzeit hockte ihm gegenüber, wenn der Kerl nicht langsam zum Thema kam.
    „Wissen Sie, Sir, ich habe eine Zeit lang im Tower von London gearbeitet.“ Brown geriet erneut ins Schwätzen.
    „Tatsächlich?“, entgegnete Cayden

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