Electrica Lord des Lichts
empört.
Hinter ihr ließ Waloja etwas scheppernd auf den Boden fallen.
„Was?“ Sue traute ihren Ohren nicht.
„Mein Volk nennt sie Incubi.“
„Oh, es gibt also mehr von ihnen.“ Sue schnaubte. „Das kannst du doch nicht ernsthaft glauben.“
Anscheinend waren hier alle verrückt geworden, was sie nicht mal verwunderte. Jedenfalls hatte sie keine Lust, sich weiterhin unsinnige Dinge anzuhören. Sie schob sich an Babu vorbei in Richtung Tür.
„Es ist ebenso falsch, nur an das zu glauben, was man sieht“, rief ihr Babu hinterher.
Mit einem Aufstöhnen wirbelte Sue herum. „Er trinkt Blut von Menschen.“ Sie hoffte, mit der direkten Aussage Babu zu verdeutlichen, wie unglaubwürdig sich ihre und Caydens Behauptungen anhörten.
Doch Babu zuckte mit den Achseln. „Der Incubus ist eine andere Lebensform. Viel älter als die Menschheit. Sie entstanden, als sich die Gottheiten in Gut und Böse entzweiten. Sie nähren sich vom Blut der Lebenden, was aber nicht gleichbedeutend ist mit töten. Manchmal verbinden sie sich mit Menschen, zeugen Feenkinder oder auch Wechselbälger genannt.“ Sie deutete mit dem Kopf auf Waloja.
Sue verschränkte die Arme vor der Brust, um zu verdeutlichen, dass sie zwar bereit war, Babu zuzuhören, aber noch lange nicht alles glauben würde. Zumindest wollte sie sich nicht eingestehen, dass einiges dafür sprach. Der plötzliche Gedanke an Sean besänftigte sie. Sean war auch anders, aber dennoch liebenswert. Meine Güte, der Arme musste sie inzwischen sehr vermissen. Noch ein Grund, weswegen sie sich auf den Weg machen sollte. „Ich werde trotzdem gehen.“
„Dann werde ich Euch begleiten.“ Babus schwarze Augen blickten ihr beherzt entgegen.
Anscheinend war Widerspruch zwecklos. Sue zuckte mit den Achseln und folgte der Zigeunerin in die Schlossküche. Wenigstens würde Babu sie mit ihren Geschichten in Frieden lassen. Danach stand ihr im Moment nicht der Kopf, zumal sie sich mit der Wirklichkeit auseinandersetzen musste.
Zielsicher öffnete Babu einen Schrank und entnahm saubere Leinentücher. Zusammen mit einem Tontiegel verstaute sie alles zwischen ihren Rockfalten.
„Manchmal erlaubt mir der Wärter, zu den Gefangenen zu gehen. Dort gibt es immer Wunden zu versorgen“, erklärte Babu.
Sue nickte. Fast hätte sie vergessen, dass es auch Babus Leute waren, die dort einsaßen. Sie warf sich einen warmen Umhang über. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Seitenausgang.
„Er liebt Euch“, sagte Babu plötzlich.
„Das ist Unsinn“, erwiderte Sue spontan. Doch gleichzeitig machte ihr Herz einen Satz bei der Vorstellung, dass die Zigeunerin mehr wusste als sie. „Wie kommst du darauf?“ Sie ließ ihre Stimme betont gleichgültig klingen.
„Er hat Euch wieder hierher zurückgebracht.“
„Daran ist nichts Besonderes. Ich wohne hier … im Dorf, meine ich.“
„Das taten andere vor Euch auch.“
Erschrocken hielt Sue im Laufen inne. „Was ist mit ihnen geschehen? Hat er sie getötet?“
Babu zögerte einen Moment, als sei sie sich der Antwort nicht sicher. „Nein, er hat sie fortgebracht.“ Mit diesen Worten stampfte sie voran.
Babu wählte einen versteckten Feldweg, den Sue nicht kannte. Er führte um das Dorf herum, sodass sie keine unnötige Aufmerksamkeit erweckten. Zur Mittagsstunde erreichten sie das Herrenhaus des Sheriffs. Trotz strahlendem Sonnenschein umgab das Gebäude eine düstere Atmosphäre, was nicht zuletzt mit dem angrenzenden Gefängnis zusammenhing. Man sagte, von dort gäbe es kein Entrinnen, weil es unmittelbar an der Steilklippe lag. Es gab nur einen Eingang, das Hauptportal zum Sheriffbüro.
Ein grobschlächtiger Mann in Uniform öffnete auf ihr Klopfen. Sofort bedachte er Babu mit einem abschätzigen Grinsen, wobei gräulich verfärbte Zahnstummel zum Vorschein kamen. „Da ist ja unser Gypsie. Willst wohl dein Pack im Kerker besuchen, was?“
„Lasst sie durch“, unterbrach Sue den Kerl und hielt ihm ihre Ladung unter die Nase. „Während ich mit dem Sheriff rede, spricht nichts dagegen, Babu zu ihren Leuten zu lassen.“
„Reden. Soso“, erwiderte der Soldat und beäugte Sue frech von oben bis unten. „Mir scheint, ganz freiwillig seid Ihr nicht hergekommen, Mistress Beaton.“
Der Mann beugte sich vor, sodass Sue jedes einzelne Haar seines ungepflegten Stoppelbarts sehen konnte. Sein übler Atem drang zu ihr, winzige Speicheltropfen sprenkelten ihre Nase, während er sprach. Sie unterdrückte ein Würgen,
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