Elegie - Fluch der Götter
Speros ab und tastete sich an der Wand entlang, bis er eine Spalte fand, an der er Geists Zügel befestigen konnte. Er ging zu Fuß weiter und stolperte über den Tunnelboden. Er war uneben, während die Hauptpassage durch die Jahrhunderte glattgetreten worden war. Schweiß trat auf seine Stirn, und er fragte sich, warum er zur Verfolgung von zwei Angehörigen des Versengten Volkes die volle Rüstung angelegt hatte.
Vor ihm schwärmten die Fackeln aus, teilten sich, entfernten sich. Das Bellen hatte aufgehört. Das Atmen fiel ihm schwer, das Sehen noch mehr. Speros kämpfte einen Anfall von Panik nieder. Wie viele Abzweigungen hatte er genommen? Er hatte nicht aufgepasst. Wenn die Gulnagel ihn allein ließen, würde er seinen Weg zurück vermutlich nicht mehr finden.
»Halt, Jungs!«, rief er.
Zu seiner großen Erleichterung erstarrte ein Fackelpaar. Er kämpfte sich den Tunnel entlang und war gezwungen, unter der abfallenden Decke vornübergebeugt zu gehen. Auch die Gulnagel bewegten sich geduckt; sie stützten ihr Gewicht auf die Knöchel einer Hand, während sie mit der anderen ihre Fackeln unbeholfen hochhielten. Als Speros sie erreicht hatte, kehrten andere Fjel aus ferneren Tunneln zurück; einige krochen beinahe über den Boden. Der enge Gang war voller Fleisch und Fell und roch schwer nach
beißendem Rauch, nach dem Moschusduft der Fjel und nach etwas schwach Süßlichem dahinter.
»Glück gehabt?«, fragte Speros grimmig.
»Tut uns leid, Anführer.« Es war Krolgun, der geantwortet hatte. Er blinzelte Speros an; seine Augen wirkten trübe. »Unser Fehler. Dachten, wir riechen Menschenbeute ganz in der Nähe, aber sie ist weg.«
»Seid ihr sicher?« Speros reckte den Hals und versuchte an den zusammengekauerten Gestalten vorbeizusehen. Hinter ihnen gab es nichts als Tunnel und weitere Tunnel, ein wahres Labyrinth aus Tunneln, von denen sich jeder wie ein Trichter in der Dunkelheit jenseits der Berge verjüngte.
»Ganz sicher.« Krolgun zuckte die Achseln. »Ich kann die Beute nicht mehr riechen, und die Tunnel sind zu eng, um weitergehen zu können.« Er kicherte kehlig. »Vielleicht wart Ihr es, den wir gerochen haben.«
»Was ist das für ein Geruch?« Speros schnüffelte und versuchte den unterschwelligen Duft zu bestimmen. Er erinnerte ihn an seine Kindheit vor langer Zeit – bevor er je eine Münze stibitzt oder ein unbeaufsichtigtes Pferd ausgeborgt hatte, noch bevor sein Vater ihm seinen Namen aberkannt hatte. Es war ein berauschender Geruch wie von reifen, sonnengewärmten Erdbeeren auf den Feldern von Haimhault.
Krolgun zuckte erneut die Schultern. »Schafe?«
»Nein, keine Schafe.« Speros runzelte die Stirn und schüttelte sich. Die Fackeln flackerten aus Mangel an Sauerstoff, und mit seinen Gedanken war es nicht anders. »Egal. Wir sollten von hier verschwinden, bevor wir ersticken, Jungs. Wir machen kehrt und gehen denselben Weg zurück. Vielleicht ist es eine Falle.«
Wenn es eine Falle war, dann war sie gut aufgestellt. Die Fjel suchten jede Biegung und jeden blinden Gang ab und fanden nichts. Speros begab sich durch die rauchgesättigte Luft zurück zu der Stelle, wo Geist mit unnatürlicher Geduld auf ihn wartete. Das Tier bleckte die Zähne, als Speros sich ihm näherte. Es war nicht genug Platz, damit sich das Tier umdrehen konnte, also musste es rückwärts
durch den Tunnel laufen. Mit Unbehagen beobachtete Speros das dunkle Labyrinth.
Sicherlich konnte kein lebendes Wesen an einem solchen Ort überdauern.
Der restliche Teil ihrer Suche war ereignislos. Sie waren nun langsamer unterwegs und erreichten endlich den gewaltigen Geröllhaufen, der die Vesdarlig-Passage blockierte. Die Gulnagel sahen einander an und zuckten die Schultern.
Speros seufzte. »Zurück nach Finsterflucht, Jungs. Aber langsam und vorsichtig, und haltet Augen und Ohren offen. Und auch die Nase.«
Sie fanden nichts. Stunden später kamen sie im Tal von Gorgantum ans trübe Tageslicht. Speros gab den Befehl, die Fjel sollten zu zweit in den Tunneln patrouillieren, und ritt dann auf die Festung zu. Er wollte zuerst Geist im Stall unterbringen, bevor er Heerführer Tanaros Bericht erstattete. Obwohl die Mission zwecklos gewesen war, freute er sich über die frische Luft und den sanften, gleichmäßigen Schritt seiner Stute. Er wünschte, er brächte bessere Nachrichten, aber vermutlich war es von vornherein vergebliche Mühe gewesen, hinter etwas herzujagen, das ein Rabe undeutlich gesehen hatte. Ein
Weitere Kostenlose Bücher