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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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verteilte nicht ihre Pollen, und die zitternden Glöckchen der Clamitus Atroxis warteten schweigend. Sogar der durchdringende Geruch der Vulnusblüten war durch die Kälte verdeckt.
    Tanaros fragte sich, ob Cerelinde kommen würde. Er hätte zu ihr gehen oder sie zu sich befehlen können. Doch am Ende hatte er sich entschlossen, sie herzubitten. Warum, wusste er nicht.
    Die Sterne über ihm drehten sich langsam. Er schaute hoch zu ihnen und fragte sich, ob Arahila jetzt auf Finsterflucht herabsah und über die Narrheiten ihres Bruders Satoris und das kommende Blutvergießen weinte. Er fragte sich, ob der arme Speros, das nichts ahnende Opfer von Vorax’ Abkommen, nun dieselben Sterne betrachtete. Er war wütend auf Vorax wegen dessen Wahl, auch wenn es keinen Sinn hatte, über Geschehenes zu rechten. Anderes war dringender. Sogar jetzt, da er in diesem Garten weilte, verschwendete er kostbare Zeit. Doch sein Geist war unruhig, und in seinem Herzen bohrte ein Schmerz, den er nicht benennen konnte.
    Nach einer Weile war er sicher, dass sie nicht kommen würde, doch dann öffnete sich die hölzerne Tür mit den angerosteten Angeln, und da war sie, flankiert von den massigen Gestalten der Wächter. Sie blieben hinter ihr zurück und warteten.
    Ihr Kleid war blass, seine Farbe im Sternenlicht unbestimmbar. Ein dunkler Umhang umgab sie, wie grüne Blätter die bleichen Blüten umgaben. Der breite Saum hinterließ eine Spur im vereisten Gras, als Cerelinde sich ihm näherte.
    »Tanaros«, sagte sie ernst.
    »Cerelinde.« Er trank ihren Anblick. »Ich wusste nicht, ob Ihr kommen würdet.«
    »Ihr habt Euer Ehrenwort gehalten, und ich bin dankbar für den Schutz, den Ihr mir gewährt habt.« Sie betrachtete sein Gesicht. »Es wird also Krieg geben?«

    »Ja. Morgen. Ich wollte Euch Lebewohl sagen.«
    Sie legte die Hand auf seinen Arm. »Ich wünschte, Ihr würdet das nicht tun.«
    Er sah hinunter auf ihre Hand, auf ihre schmalen, weißen Finger. »Ich muss, Cerelinde.«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ihr habt die Wahl, Tanaros. Sogar Ihr, und sogar jetzt noch. Vielleicht ist es zu spät, um die Schlacht abzuwenden, aber für Euch muss sie nicht stattfinden. Es liegt Gutes in Euch; das habe ich gesehen. Es liegt an Euch, es fruchtbar zu machen.«
    »Und was soll ich tun?«, fragte Tanaros sanft. »Soll ich auf Eurer Hochzeit tanzen, Cerelinde?«
    Diese Sache stand zwischen ihnen, unübersehbar und doch unausgesprochen. Sie wandte den Blick ab. In diesem Augenblick wusste er, dass sie ihn verstand. Und er wusste auch, dass die Hohe Frau der Ellylon im Gegensatz zu seiner Gemahlin niemals den Mann betrügen würde, mit dem sie verlobt war. Die Schmerzen in seinem Herz wurden stärker. Er legte seine Hand auf die ihre, spürte für einige Sekunden ihre glatte, sanfte Haut, dann nahm er ihre Hand von seinem Arm.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich kann es nicht.«
    »Es gibt doch noch andere Dinge!« Sie sah ihn an, und das Sternenlicht glitzerte in ihren Tränen. »Die Welt ist riesig, Tanaros. Ihr könntet … Ihr könntet Stakkia dabei helfen, die Beziehungen zum Rest von Urulat wieder aufzunehmen, oder Ihr steht den Beschtanagi in Pelmar bei, oder Ihr jagt Wehre oder Drachen oder Fjeltrolle …«
    »Cerelinde!«, unterbrach er sie. »Wollt Ihr, dass ich das wenige an Ehre verrate, das ich noch besitze?«
    » Warum? « Sie flüsterte das Wort und betrachtete eingehend sein Gesicht. »Ach, Tanaros! Was hat Satoris Fluchbringer getan, damit er so über Eure Treue gebieten kann?«
    »Er hat mich gefunden.« Er lächelte über die Schlichtheit dieser Worte. »Was hat er nicht getan, um meiner Treue wert zu sein, Cerelinde? Als Liebe und Treue mich verraten haben, als die Welt mich
verstoßen hat, hat Fürst Satoris mich gefunden und zu sich gerufen. Er hat meinen Zorn verstanden. Er hat die Fessel des Seins so sehr gedehnt, dass sie auch mich umfasst, und er hat meinem Leben Sinn und Zweck gegeben.«
    »Es waren seine Zwecke«, sagte sie mit leiser Stimme. »Nicht die Euren.«
    »Es geht ums Überleben.« Er breitete die Arme in einer Geste der Hilflosigkeit aus. »Er versucht zu überleben. Versuchen wir das nicht alle? Weil er einer der Schöpfer ist, ist der Einsatz bei ihm höher. Ich sage Euch, Cerelinde: Der Schöpfer ist hier . Er ist verwundet und blutet, aber er ist hier . Und er hat uns allen Schutz gewährt — uns allen, welche die Welt geschunden und gebrochen hat. Uns allen, die wir uns nach der Liebe eines

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