Elegie - Fluch der Götter
so bereitwillig an uns ausgeliefert. Wenn ich an deiner Stelle wäre, junger Mittländer, dann würde mir das große Sorgen bereiten. Die Untergebenen des Weltenspalters sind nicht gerade für ihre Loyalität bekannt.«
Speros dachte an Freg, der ihn durch die Wüste getragen hatte, und an den Heerführer selbst, der seine ausgedörrten Lippen mit Wasser benetzt hatte. Er lachte laut auf. »Glaub, was du willst, Ellyl. Ich habe keine Angst.«
»Du warst nicht in Beschtanag«, murmelte Peldras. »Ich habe gesehen, welchen Preis die Zauberin des Ostens und ihr Volk für ihre Treue zu Satoris Fluchbringer gezahlt haben. Willst auch du so viel bezahlen?«
»Das war etwas anderes.« Speros schüttelte den Kopf. »Ich war in den Bahnen, als euer Zauberer sie über uns zum Einsturz gebracht hat. Wir wären Lilias zu Hilfe gekommen, wenn wir es gekonnt hätten.«
»Der Weltenspalter hätte die Bahnen des Marasoumië wieder öffnen können, wenn er es gewollt hätte.« Der Ellyl schaute nach Westen zu den verschatteten Gipfeln des Gorgantus-Gebirges. »Dank der Macht des Gottestöters hätte nicht einmal Malthus etwas gegen ihn ausrichten können. Aber er hatte sich dazu entschieden, den Marasoumië zu vernichten.«
»Ja, und Malthus mit ihm!«, sagte Speros verärgert. »Ihr habt uns zu diesem Krieg gezwungen, ihr und alle anderen Verbündeten Haomanes! Wollt ihr dem Fürsten das Recht absprechen, seine eigene Strategie zu wählen?«
»Nein.« Peldras sah ihn wieder an. Im Licht der Sterne und des Lagerfeuers nahm sein Antlitz eine übermenschliche, zeitlose Schönheit an. »Ach, Speros von Haimhault! Wenn dies eine andere Nacht wäre, würde ich dir so vieles sagen. Aber ich fürchte, heute Nacht liegt der Kummer schwer auf meinem Herzen, und ich kann nicht über solche Dinge reden, weil bereits morgen viele, die mir lieb und wichtig sind, tot sein werden.«
»Habe ich dich etwa darum gebeten?«, murmelte Speros.
»Das hast du nicht.« Der Ellyl stand auf und berührte ihn an der Schulter. »Vergib mir, junge Geisel. Ich bete darum, dass die Morgendämmerung einen helleren Tag bringen möge. Doch die Welt verändert sich, und wir verändern uns mit ihr. Ich spüre es in meinem Herzen, dass es Menschen wie du sein werden, die einst die kommende Welt gestalten. Ich kann nur darum beten, dass es mit Klugheit geschieht.«
Speros sah ihn unsicher an und versuchte herauszufinden, ob in seinen Worten irgendeine List verborgen lag. »Menschen wie ich?«
»Menschen wie deinesgleichen.« Peldras schenkte ihm ein sanftes Lächeln. »Erbauer und Tatkräftige, denen es um Ruhm geht und die nicht auf den Preis achten, den sie zu bezahlen haben.« Er hielt den Kopf schräg und schaute hoch zu den Sternen. »Ich für meinen Teil wünsche mir nur, den Fuß auf die Insel Torath zu setzen, in die Gegenwart
von Haomane dem Erstgeborenen, dem Gedankenfürsten, zu gelangen und wieder die Souma zu sehen.«
Da es darauf keine passende Antwort zu geben schien, schwieg Speros. Der Ellyl ließ ihn allein, und die Arduanerin Fianna kehrte zurück. Sie gab ihm einen Schlafsack, setzte sich, ohne ein Wort zu sagen, und kümmerte sich um ihre Bogensehne. Der Duft von Kiefernharz schwebte in der Luft und wetteiferte mit den unzähligen anderen Gerüchen des Lagers.
Speros wickelte sich in den Schlafsack und lag wach da. Der gefrorene Boden war hart und unbequem; die Kälte drang ihm bis in die Knochen. Oronins Bogen glänzte im Feuerschein wie polierter Onyx. Er fragte sich, welchen Laut die Waffe von sich geben mochte, wenn sie abgefeuert wurde, und ob ein Widerhall vom Horn des Frohen Jägers darin erklingen würde.
Wenigstens schwiegen die Hörner der Ellylon in der Nacht, auch wenn man nicht behaupten konnte, dass es still war. Das gewaltige Lager war von murmelnden Geräuschen erfüllt. Soldaten überprüften ihre Ausrüstung, Wächter lösten einander ab, Lagerfeuer knisterten, rastlose Pferde schnauften und stampften dort, wo sie angebunden waren. Speros erkannte Geists blasse Gestalt in der Finsternis; die Stute stand weit abseits von den anderen Kavalleriepferden. Haomanes Verbündete machten einen weiten Bogen um sie, denn sie hatten gelernt, sich vor der klugen Stärke und dem scharfen Biss des Tieres in Acht zu nehmen.
In der Nähe befand sich ein Zelt, in dem sich die Befehlshaber berieten. Es stand so weit entfernt, dass Speros nichts Wichtiges mitbekam, aber wiederum so nahe, dass er sehen konnte, wer dort aus- und einging.
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