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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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aufgestanden war. Er zog sein schwarzes Schwert und lief los.
     
    Schon nach zehn Schritten geschah es.
    Es gab keine Vorwarnung, kein Geräusch, nur eine plötzliche Kühle, als die Adern des Feuermarks, das die Gänge erhellte, an Helle abnahmen und die Temperatur in den Korridoren stark sank. In den Gängen hörte er fern seine Irrlinge, wie sie Laute des Entsetzens und der Angst ausstießen. Irgendwo erschallten die Hörner der Riverlorn in wildem Triumph. Hoch über Finsterflucht kreisten die Raben in plötzlichem Schrecken.
    Uschahin zitterte und lief weiter.
    Er hatte den halben Weg zur Brunnenkammer hinter sich gebracht, als er den Schrei hörte. Er war wie ein Schlag und drang ihm bis ins Herz. Es war ein Laut, wie er ihn noch nie zuvor auf dem Antlitz Urulats gehört hatte, und er wusste mit furchtbarer Gewissheit, was er bedeutete. Uschahin blieb stehen und hielt den Kopf geneigt, als plötzlich kleine Steine auf ihn herabregneten. Das gebrandmarkte Herz in seinem verkrüppelten Oberkörper zuckte vor Schmerz. Er schlang die Arme um das nutzlos gewordene Futteral und wartete ab, wie man einen Sturm abwartete.
    Zu spät, immer zu spät. Der Feind stand vor den Toren. Die
kleinen Weber hatten ihr Muster geflickt. Haomanes Prophezeiung stand kurz vor der Erfüllung.
    Alles, was er gefürchtet hatte, würde nun eintreten.
    Fast alles …
    In der darauf folgenden Stille regte Uschahin Traumspinner seine verdrehten, schmerzenden Glieder. Er machte einen schmerzenden Schritt nach dem anderen, wurde immer schneller und folgte den schwachen Echos von Satoris’ Schrei bis zu ihrem Ursprung.

VIERUNDZWANZIG
    T anaros rannte zur Brunnenkammer und hielt inne, sobald er sie betreten hatte. Der Anblick ließ ihn erstarren. »Nein«, entfuhr es ihm unwillkürlich. Er wollte es nicht wahrhaben, wollte, dass sein Wort das Geschehene ungeschehen machte. » O nein !«
    Doch es blieb alles so, wie es war. Wo das Feuermark Jahrhundert um Jahrhundert gebrannt hatte, war nun nur noch eine steinerne, versengte Einfassung, die eine Öffnung im Boden der Kammer umgab. Ohne das Licht der Feuersäule war es in der Kammer recht dunkel; die verblassenden Adern des Feuermarks in den Wänden erfüllten sie mit einem unterirdischen Licht.
    Fürst Satoris lag rücklings auf den Steinfliesen der Kammer; Schatten ballten sich um seine Ehrfurcht einflößende Gestalt zusammen. Es schien unmöglich, und doch war es so. Sogar in dieser Lage füllte er den Raum so sehr aus, dass neben ihm nichts existieren zu können schien. Der Geruch von Blut, das kein Blut war, von süßem, kupferigem Ichor hing dick in der Luft.
    Der grobe Griff des Gottestöters pulsierte matt, ein roter Stern, der aus der massigen Brust des Schöpfers ragte.
    Er bewegte sich ganz schwach.
    Sie stand in der hintersten Ecke der Kammer, hinter der Aschengrube des Brunnens, und hielt sich so fern wie möglich von dem Schöpfer und ihrer Tat. Sie hatte die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen und die Hände vor den Mund gelegt, als wollte sie einen Aufschrei ersticken.
    »Cerelinde«, sagte Tanaros. Das schwarze Schwert lag locker in seinem Griff. » Warum? «
    Sie konnte keine Antwort geben, schüttelte nur den Kopf.

    Tanaros beachtete sie nicht weiter und ging hinüber zu seinem Herrn. Im ersterbenden Licht des Feuermarks kniete er neben Satoris nieder. Die Steinfliesen hatten sich durch die Erschütterungen an manchen Stellen gehoben. Der Ichor bildete kleine Tümpel und durchnässte seine Hose.
    »Mein Fürst«, sagte er zärtlich. »Was muss ich jetzt tun?«
    Zuerst kam keine Antwort, und er fürchtete schon, es sei zu spät und der Fürst sei bereits gestorben. Doch dann bewegte der Schöpfer den Kopf; es war, als suche sein Blick den westlichen Horizont hinter den Steinmauern der Kammer. »Arahila«, flüsterte er beinahe unhörbar. »O meine Schwester. Was geschieht mit uns , wenn wir sterben?«
    »Mein Fürst, nein!« Tanaros streckte die Hand aus, berührte die gewaltige Brust des Schöpfers und drückte das unsterbliche Fleisch dort zusammen, wo es von dem glitzernden Dolch durchbohrt wurde. Er spürte, wie der Ichor zwischen seinen Fingern hindurchfloss. »Bitte, mein Fürst, was muss ich tun, um Euch zu retten?«
    Langsam hob Satoris eine schlaffe Hand, legte sie auf die von Tanaros und verstärkte dessen Druck auf den brennenden Griff des Dolches. »Zieh ihn heraus«, sagte er unter Schwierigkeiten. »Bring es zu Ende.«
    Tanaros weinte. »Mein Fürst,

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