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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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nicht vorstellen, dass jemand dumm genug ist, es zu versuchen. Ich jedenfalls würde es nicht tun, auch wenn ich hundert Kübel von diesem verfluchten Wasser hätte.«
    »Vom Wasser des Lebens.« Tanaros erinnerte sich an den Geschmack dieses Wassers in seinem Mund: Wasser, die Essenz des Wassers, die ihn mit Lebenskraft erfüllt hatte. Wenn nun der Brunnen der Welt vor ihm läge, würde er den Finger hineinstecken und das brennende Gewebe seines Mals besänftigen. »Hast du schon einmal davon gekostet?«
    »Seid Ihr verrückt?« Speros riss die Augen weit auf. »Dieses verfluchte Zeug hätte mich beinahe umgebracht. Nicht für Geld oder für Liebe würde ich es in den Mund nehmen!« Er lachte auf. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was dieses arme kleine Yarru-Volk damit anstellen möchte. Haomanes Prophezeiung sagt nicht genau, wie sie es benutzen sollen, oder?«
    »Nein«, murmelte Tanaros.
    Speros zuckte die Achseln. »Wenn Ihr mich fragt, Heerführer, dann macht Ihr Euch meiner Meinung nach zu viele Sorgen. Das ist ein Problem, aber seht Ihr das da?« Er deutete auf die Decke. »Nach meiner Schätzung befinden sich etwa zwanzig Klafter massiver Felsen über uns. Sie sollten halten, bis Aracus Altorus alt und grau ist. Und dann können Haomanes Verbündete die Belagerung aufheben – und Finsterflucht kann bis dahin durchhalten, so stark befestigt, wie es nun einmal ist. Denn jetzt, da ich die Hohe Frau Cerelinde mit eigenen Augen gesehen habe, glaube ich nicht, dass sie ein altes sterbliches Wrack mit ins Bett nehmen wird, egal wie die Prophezeiung lautet. Vielleicht werden sie es in zwei oder drei Generationen noch einmal versuchen, und in der Zwischenzeit kann Fürst Satoris den Gottestöter aus dem Feuermark holen und hier unten alles in Ordnung bringen. Versteht Ihr?«
    Tanaros lachte. »Deine Worte sind so klar wie der helle Tag. Vielen Dank, mein Junge.«

    »Was also soll ich noch hier unten tun, Heerführer?« Speros grinste ihn an.
    »Versiegele die Spalte«, sagte Tanaros. »Wenn das alles ist, was wir tun können, dann werden wir wenigstens das tun.«
     
    Am zweiten Tag hatte Dani den Eindruck, sein ganzes Leben bestehe nur noch daraus, erschöpft durch eine kahle Landschaft zu taumeln. Es war schwierig für ihn, sich daran zu erinnern, dass es einmal anders gewesen war. Die Sonne, die im Osten aufging und nach Westen wanderte, bedeutete ihm nichts. Die Zeit wurde nur durch das Rasseln der Luft in seinem trockenen Hals und durch seine Schritte gemessen.
    Ohne Onkel Thulu hätte er es niemals geschafft. Sein Onkel war fest entschlossen, die Kraft, die ihm das Wasser des Lebens geschenkt hatte, nicht zu verschwenden. Er war ein Yarru-yami und wusste, wie man mit Wasser umging. Sein Wüstenfleisch, das an Mangel gewöhnt war, speicherte das Wasser des Lebens. Als Dani müde wurde, beschwatzte und ermunterte Onkel Thulu ihn. Als seine Kraft nachließ, sammelte Thulu Moos, während sich Dani ausruhte, mahlte es zu einer Paste und gab ihm davon zu essen, bis er wieder den Willen fasste weiterzugehen.
    Und sie gingen weiter, weiter, immer weiter.
    Das Gelände war unerbittlich. Jeder Schritt verursachte in Danis Knochen und Gelenken einen neuen Schmerz. In seinem halb verheilten Schlüsselbein klopfte es unablässig, und jeder Schritt versetzte ihm einen Stich in den linken Arm. Auch in den Abschnitten, wo das Moos die Schritte dämpfte, ragten scharfe, verborgene Felsspitzen hervor, welche ihm in die harten Fußsohlen stachen.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, schliefen sie ein paar Stunden, bis Onkel Thulu ihn wieder wachrüttelte.
    »Komm weiter, Junge.« Mitleid lag in seiner Stimme, verbunden mit einer Kraft, angesichts der Dani sich am liebsten zusammengerollt und vor Neid geheult hätte. »Du kannst schlafen, wenn du tot bist! Und wenn wir zu lange warten, werden dir die Fjeltrolle diesen Gefallen bald erweisen.«

    Also stand er auf, taumelte durch die Dunkelheit, hielt sich an einem Hemdzipfel seines Onkels fest und folgte ihm blind. Er vertraute sich ganz der Führung Thulus an und betete, dass kein Fjel sie entdeckte. Erst als der Himmel im Osten heller wurde, wusste Dani, dass sie in der richtigen Richtung unterwegs waren.
    Am dritten Tag regnete es.
    Der Regen kam von Westen und fiel in treibenden grauen Schleiern. So konnten Dani und sein Onkel zwar nach Herzenslust trinken und ihre Bäuche füllen, aber die Kälte kroch ihnen bis in die Knochen. Es war ein kalter Regen, ein Herbstregen.

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