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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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In diesem Land regnete es selten, doch wenn es geschah, dann fiel der Regen schwer und heftig. Wasser rann über das steinige Gelände, machte das Moos unter den Füßen glitschig und konnte in dem kargen Land nicht abfließen. Nichts, kein Elch, kein Fasan war in dieser Nässe unterwegs.
    »Hier, Junge.« Onkel Thulu gab ihm eine Handvoll schwammiges Moos. Sie hatten so etwas wie einen Unterschlupf gefunden; es war nicht mehr als ein kleiner Felsvorsprung. Sie standen mit dem Rücken gegen den Stein gepresst. Stetig tropfte der Regen von dem Vorsprung, kaum einen Zoll von ihren Nasenspitzen entfernt. »Iss weiter.«
    Dani stopfte sich einen Klumpen Moos in den Mund und kaute. Je mehr er den Kiefer bewegte, desto mehr dehnte sich das Moos aus. Seltsamerweise schien das viele Regenwasser, das er getrunken hatte, das Moos nur noch trockener zu machen, bis es zu einer dicken, zähen Masse geworden war. Er schluckte mühevoll und zwang den Klumpen die Kehle hinunter. Dabei schwankte das Tonfläschchen an der geflochtenen Kordel hin und her und schlug gegen seine Halsbeuge.
    Onkel Thulu beobachtete das Gefäß. »Weißt du, Dani …«
    »Nein.« Aus reiner Müdigkeit schloss er die Augen. Mit der rechten Hand tastete er nach der Flasche. » Dafür ist es nicht, Onkel. Außerdem ist sowieso zu wenig übrig.« Obwohl sich seine Lider so schwer wie Stein anfühlten, öffnete Dani die Augen wieder. »Wirst du mich weiterhin führen?«
    »Ja, Junge«, sagte Thulu barsch. »Bis zum bitteren Ende.«

    »Dann sollten wir aufbrechen.« Dani hielt die Flasche noch immer umfasst und stolperte hinaus in den Regen. Onkel Thulu folgte ihm und übernahm erneut die Führung.
    Nun hieß es wieder, einen Fuß vor den anderen zu setzen, unablässig. Dani hatte den Kopf gesenkt und hielt das Hemd seines Onkels gepackt. Der Regen hatte nicht nachgelassen; er fiel weiterhin mit großer Heftigkeit. Danis Haare klebten an seinem Kopf, und Wasser tropfte ihm aus den Augen. Die Wolken türmten sich noch immer übereinander und ballten sich zu etwas Fürchterlichem zusammen. Der mattgraue Himmel wurde drohend finster.
    Da es nirgendwo Schutz gab, gingen sie weiter.
    Sie schleppten sich bergan, das bemerkte Dani. Seine Waden teilten es ihm mit; bei jedem Schritt durchfuhr sie ein stechender Schmerz. Dennoch mühte er sich weiter. Über ihnen rumpelte der Donner. Blitze flackerten und erhellten die dunklen Bäuche der Wolken. Was bisher ein stetiger Regen gewesen war, entwickelte sich nun zu einem ausgewachsenen Gewitter.
    Der Boden unter seinen Füßen stieg inzwischen nicht mehr so stark an. Obwohl Dani in der Dunkelheit nichts sehen konnte, verrieten ihm seine schmerzenden Beine, dass sie die Kuppe des Hügels erreicht hatten. Nun atmete er ein wenig leichter.
    »Bist du noch da, Junge?«, rief Onkel Thulu.
    »Ja!« Dani strich sich die nassen Haare aus den Augen. »Bin noch bei dir, Onkel!«
    Donner hallte, und ein gegabelter Blitz erhellte den Himmel. Einen Moment lang wurde das Land in all seiner strengen Pracht sichtbar. Und dort, im trommelnden Regen, stand einer der Fjeltrolle.
    Sein schmaler Kiefer zeigte ein raubtierhaftes Grinsen. Im Schein des Blitzes leuchteten seine Augen gelb; sie wurden durch die senkrechten Pupillen geteilt. Der Regen rann ihm von der undurchdringlichen Haut. Das Wesen sagte etwas in seiner eigenen Sprache und griff mit einer Krallenhand nach Dani.
    Mit einem Schrei sprang Dani nach hinten und hielt dabei die Flasche vor seiner Brust umklammert. Unter seinen nackten Füßen
spürte er, wie der steinige Boden bröckelte und nachgab. Dann war das Wesen nicht mehr zu sehen; es gab nichts mehr außer einer groben Furche, die von den Wasserfluten ausgewaschen war und die er nun hinunterfiel. Das Bild des schrecklichen, grinsenden Fjel hatte sich ihm ins Hirn gebrannt.
    » Dani! «
    Das durch die Furche strömende Wasser trieb ihn den Hügel hinunter. Er hatte den Ruf seines Onkels im Ohr und nahm undeutlich war, dass Thulu ihm hinterherstürzte. Das war schlimmer, als in den Stromschnellen des Gischtflusses gefangen zu sein. Spitze Felsen schnitten ihm ins Fleisch und rissen die behelfsmäßige Schlinge ab, die seinen linken Arm gehalten hatte. Er ächzte unter dem Schmerz auf, war sich nur noch seines Rutschens bewusst, bis er am Fuß des Hügels hart auf den Boden prallte. Dort blieb er im niederstürzenden Regen liegen.
    »Dani.« Onkel Thulus Gestalt zeichnete sich im Licht eines flackernden Blitzes ab; er humpelte

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