Elegie - Fluch der Götter
Eidbrechern verfahre, und Haomanes Verbündete sollen erfahren, wie ich mit denen umgehe, die mich vernichten wollen.« Er lächelte. Es war kein angenehmer Anblick. »Geh, Traumspinner, und schicke Heerführer Tanaros zu mir. Und auch Fürst Vorax.«
»Wie Ihr wünscht«, murmelte Uschahin und erhob sich.
»Traumspinner?« Die Stimme des Schöpfers hatte sich verändert; die ungewöhnliche Zartheit war zurückgekehrt.
»Meister?«
»Vergiss dies nie«, sagte Fürst Satoris. »Was auch immer geschieht, ich bitte dich, mir alles mitzuteilen, was du erfahren und gesehen hast.«
Uschahin nickte. »Das werde ich tun.«
Irgendwann in der Mitte der Nacht ließ Onkel Thulus Kraft allmählich nach.
Dani spürte, wie es geschah.
Er hatte seinen Teil beigetragen, er hatte nicht gestritten. Sobald er wieder hatte atmen können, hatten sie eine Übereinkunft getroffen. Thulu nahm ihn von der Schulter, aber Dani musste es erdulden, auf dem Rücken seines Onkels getragen zu werden.
So hatte er die Beine um die Hüfte geschlungen und hielt sich mit
den Händen an Thulus Hals fest. Onkel Thulu nahm wieder seinen gleichmäßigen Gang auf. Dani fühlte sich wie ein Kind, doch es war eher der Albtraum eines Kindes. Was wussten die Wüstengeborenen schon vom Regen? Nachdem der Sturm vorübergezogen war, fiel wieder der Regen, trommelnd, endlos, und durchnässte die beiden bis auf die Haut. Außerdem war es kalt. Er hatte nicht gewusst, dass es überhaupt so kalt sein konnte – und dass er so müde sein konnte. Dani legte die Wange gegen Onkel Thulus Schulter. Die Flasche mit dem Wasser des Lebens war ein unangenehmer Klumpen, der gegen sein Fleisch drückte. Doch durch die grobe Wolle seines Hemdes spürte er die Wärme, die von der Haut seines Onkels aufstieg. Das war eine der Gaben, die das Wasser des Lebens schenkte.
Als die Wärme nachließ, spürte er auch dies. Er spürte das Zittern, das seinen Onkel durchlief, als sich die Kälte in seine Knochen fraß. Dani bemerkte, wie die Schritte unsicherer wurden und er taumelte. So klein Dani auch sein mochte, er war kein Kind mehr. Sein Gewicht machte das überdeutlich.
»Onkel«, flüsterte er in Thulus Ohr. »Du musst mich absetzen.«
Es dauerte noch einige unsichere Schritte, bis sein Onkel endlich gehorchte. Dani glitt von seinem Rücken herunter. Seine Glieder waren steif und verkrampft, und sein rechter Arm ließ sich nicht richtig bewegen. Jeder Zoll seines Körpers schmerzte. Er hatte viele Prellungen und Quetschungen von seinem Rutsch durch die überflutete, felsige Furche davongetragen. Doch er lebte noch und hatte wieder genug Kraft geschöpft, um ohne fremde Hilfe weitergehen zu können.
»Schaffst du es?«, fragte er.
Onkel Thulu hatte sich vornübergebeugt. Er stützte sich mit den Händen auf den Knien ab und rang nach Luft. Bei Danis Frage hob er den Kopf. Ein mattgraues Licht milderte inzwischen die Schwärze des östlichen Himmels hinter ihnen. Es reichte aus, um den Regen stetig von seiner Stirn in die weit offenen, erschöpft dreinblickenden Augen tropfen zu sehen.
»Ja, Junge«, sagte er rau. »Kannst du es denn?«
Dani berührte das Tonfläschchen vor seiner Brust. »Ja.«
Abermals schritten sie langsam dahin.
Einige hundert Ellen hinter ihnen stießen die aufmerksamen Kaldjager ein kehliges Kichern aus und schwärmten um ihre Beute aus.
Im schwachen grauen Licht, das der Morgendämmerung vorausging, stand Tanaros auf und zog seine Rüstung an, Stück für Stück. Ganz zum Schluss legte er seinen Gürtel mit dem schwarzen Schwert in der Scheide um die Hüften. Es würde keine Überlebenden geben. Der Fürst hatte es so befohlen.
Es gefiel ihm nicht, dass er Finsterflucht schutzlos zurücklassen musste. Doch eigentlich stimmte das nicht. Da waren Uschahin Traumspinner und sein Feldmarschall Hyrgolf, mit dem sich Tanaros lange besprochen hatte. Und außerdem war da noch Speros. Obwohl es dem Mittländer gar nicht gefiel, hierbleiben zu müssen, war er dankbar, mit einer besonderen Aufgabe betraut worden zu sein. Er sollte während Tanaros’ Abwesenheit für die Sicherheit der Hohen Frau Cerelinde sorgen.
Es würde eine kurze Reise werden, ein rascher Schlag, dann die sofortige Heimkehr nach Finsterflucht. Die Rückreise würde ihm Gelegenheit geben, die Umgebung des Tales zu überprüfen und sich zu vergewissern, dass alle Tunnel unter ihm wirklich blockiert waren. Es würde ihn beruhigen, das mit eigenen Augen zu sehen.
Doch das war
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