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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Malthus! Ich wusste, dass du ihn versteckt hattest. Ich wünschte, ich würde es wagen, den Gottestöter aus dem Feuermark zu heben. Dann hätte ich nichts dagegen, dir noch einmal auf dem Schlachtfeld gegenüberzustehen.«
    Von seinem Stuhl aus beobachtete Uschahin, wie der Schöpfer auf und ab lief – ein rasch sich bewegender Schatten im flackernden Schein der Kammer. Es gab eine Frage, die noch niemand zu stellen gewagt hatte, aus Angst vor der Antwort. Sie hatte ihm schon mehrfach auf der Zunge gelegen. Doch die Ängste von Uschahin Traumspinner, der dem Wahnsinn ein guter Freund war, waren nicht wie die der anderen Menschen. Diesmal aber stellte er sie. »Wird es dazu kommen, mein Fürst?«
    »Nein, das wird es nicht.« Der Schöpfer hielt inne und schwieg. Schatten brodelten in den Ecken des Gemachs und verdichteten sich. Die Finsternis ließ sich gleich einem Mantel auf Satoris nieder, und seine Augen glühten wie zwei Kohlen. »Denn wenn es dazu käme – wenn es notwendig werden sollte, dass ich mich persönlich auf das Schlachtfeld wagen muss –, dann würde das bedeuten, dass wir schon verloren haben. Das ist nicht die Art von Verteidigung, die in meiner Absicht liegt und für die ich diese vielen Jahre des Bauens aufgewendet habe. Verstehst du das?«
    »Vielleicht, mein Fürst«, meinte Uschahin. »Ihr habt viel von Euch selbst hingegeben.«
    »Hingegeben!« Fürst Satoris stieß ein harsches Lachen aus. »Hingegeben, ja. Ich habe Finsterflucht errichtet, ich habe es unter einem Tuch aus Wolken versteckt. Ich habe meine Drei hergerufen und die Fessel des Seins gebogen, damit sie von ihr umgeben werden. Ich habe die Waffe meines Bruders nach meinem eigenen Willen eingesetzt und den Schattenhelm dem Maß meiner Verzweiflung angepasst. Ich habe den Marasoumië zerstört! Ich bin ein Schöpfer,
und all das liegt in meiner Macht. Ich habe sie nicht freiwillig hingegeben, um meine Ängste zu besänftigen, Traumspinner.«
    Das blau-weiße Glimmen des Brunnens fiel auf die glitzernde Spur, die an der schwarzen Säule von Satoris’ Oberschenkel herablief. Zu seinen Füßen bildete sich allmählich eine dunkle Pfütze und verbreitete sich wie Tinte auf dem Steinboden. Wie viel seiner Kraft mochte diese niemals heilende Wunde den Schöpfer all die Jahre hindurch gekostet haben?
    »Mein Meister.« Uschahin schluckte. Der Geruch von Blut lag dick in seiner Kehle. »Ich habe Euch von meiner Zeit im Delta berichtet. Dort, am Ort Eurer Geburt, liegt Macht. Könntet Ihr dort nicht Heilung finden?«
    »Früher einmal, vielleicht.« Satoris’ Stimme war unerwartet sanft. »Ach, Traumspinner! Wenn ich dorthin geflohen wäre, als Haomanes Zorn mich versengt hat, anstatt meine Schmerzen im kalten Schnee des Nordens zu ersticken … vielleicht. Aber das habe ich nicht getan. Und nun ist es nicht mehr mein Ort, sondern der von Calanthrag. Die Drachen haben einen schrecklich hohen Preis dafür bezahlt, dass sie an dieser Schlacht zwischen meinen Geschwistern und mir teilgenommen haben. Ich glaube nicht, dass die Älteste meine Rückkehr willkommen heißen würde.«
    »Sie …« Uschahin erinnerte sich an die endlose Leere im Blick der Drachin und verstummte. Dafür gab es keine Worte.
    »Du hast es gesehen.«
    Er vertraute seiner Stimme nicht mehr und nickte daher nur.
    »Alle Dinge müssen so sein, wie sie sind«, sagte der Schöpfer nachdenklich. »Das ist die Wahrheit, die mein Bruder nicht einsehen und an die der Gedankenfürst nicht denken will. Vielleicht ist es einfacher so. Vielleicht hätte ich weniger mit den Drachen reden sollen, als die Welt noch jung war, und mehr mit meinesgleichen.«
    »Herr?« Uschahin hatte seine Stimme wiedergefunden. »Alle Sieben … jeder Eurer Brüder und Schwestern hat Kinder nach seinen eigenen Wünschen geschaffen, Ihr aber nicht. Warum ist das so?«
    Fürst Satoris, Satoris der Drittgeborene, der einst der Säende genannt worden war, lächelte und breitete die Arme aus. In seinem
verwüsteten Gesicht, unter dem rot glühenden Blick seiner Augen und über seiner ganzen zornversengten Gestalt, lag der helle Schatten dessen, was er zur Jugendzeit der Erde einst gewesen war. Was er gewesen war, als er noch auf ihr dahingeschritten war und sich an die verborgenen Orte gewagt hatte, vor denen sich seine Brüder fürchteten, als er mit den Drachen gesprochen und seine Gabe an so viele verteilt hatte. »Habe ich das etwa nicht?«, fragte er sanft. »Hör mich an, Traumspinner, und vergiss

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