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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Thulu mühte sich an einem müden Lächeln ab. »Das ist unser Fluss, mein Junge. Werden wir ihn finden?«
    »Natürlich.« Dani holte tief Luft. »Lass mir nur einen Moment Zeit.« Er drehte sich um und sah dankbar hoch zur Sonne. Obwohl er in seinen durchnässten Kleidern zitterte, vertrieb die erste Wärme der Sonne die Kälte bereits ein wenig. Der Himmel über ihnen bestand
aus blassem Gold; die Bäuche der abziehenden Wolken waren mit Safrangelb durchzogen.
    Und da …
    Dani erstarrte. »Fjeltrolle«, flüsterte er.
    Sie kamen, es war eine lange, geordnete Reihe. Aus der Ferne sahen die Gestalten klein aus, doch sie rückten stetig näher und bewegten sich mit mühelosen Sprüngen, die von keinerlei Ermüdung zeugten. Das Sonnenlicht glitzerte auf ihrer Haut, die noch nass war vom Regen der Nacht, und einige trugen eine Rüstung. Einer von ihnen hob einen Wasserschlauch wie zu einem spöttischen Salut, dann hielt er ihn schräg und trank daraus. Dabei wurde er nicht einmal langsamer.
    Onkel Thulu schluckte hörbar. »Lauf!«
    Sie liefen.
    Nach etwa hundert Schritten erreichten sie den Rand des Tales und kletterten stolpernd die Felsen hinunter. Dani benutzte dabei Hände und Füße und beachtete den schabenden Schmerz in seinen Handflächen und Sohlen nicht. Etwas gab mit einem reißenden Geräusch an seiner rechten Schulter nach, und ein frischer Schmerz durchfuhr ihn. Auch diesem schenkte er keinerlei Aufmerksameit.
    »Hier entlang!« Thulu lief zwischen die Bäume am Fuß des Abhangs. Dani überprüfte rasch seine Tonflasche und rannte ihm dann nach. Hinter sich hörte er bereits das Geräusch der Krallen, die über die Felsen schabten, und die Jagdrufe der Fjel.
    Unter dem Blätterbaldachin war es kühl und grün. Der lehmige Boden war weich und dämpfte das Geräusch ihrer Schritte. Vergoldete Schäfte aus Sonnenlicht durchstachen das Grün. Tropfen gesammelten Regens fielen von den Blättern und leuchteten dabei kurz auf. Neben dem Klang des Wassers und der Vögel sowie dem rasselnden Atem in seiner Lunge hörte Dani die Rufe der Fjel, die nun im Wald ausschwärmten. Er zog neue Kraft aus seinem wiedererwachten Entsetzen.
    Sie rannten weiter.
    »Komm«, keuchte Onkel Thulu grimmig und steuerte nordwärts auf das rauschende Wasser zu. »Vielleicht kann der Fluss …« Er
wurde langsamer und sparte sich die weiteren Worte, als sie den Stamm einer mächtigen Esche umrundet und ihn erreicht hatten: den Weißfluss, der über eine Reihe von Wasserfällen von den Bergen herabkam. Das Wasser sammelte sich in Seen, ergoss sich weiter hinunter, immer weiter. »Vielleicht …«
    Dani unterdrückte einen Schrei und streckte den Finger aus.
    Neben einem der Seen hockte ein Fjel, grau und reglos wie ein Felsblock. Die gelben Augen glommen in dem schmalen Gesicht, die Klugheit in ihnen war beinahe menschlich. Das Wesen schüttelte langsam den schweren Kopf und bleckte die Augenzähne zum Grinsen eines Jägers.
    »Geh!« Thulu schob Dani den Weg zurück, auf dem sie hergekommen waren. »Lauf, Junge, lauf!«
    Sie flohen nach Westen und horchten auf Laute der Verfolgung. Wenn es wirklich welche gab, dann waren sie neben dem Rauschen des Flusses und ihrem eigenen angestrengten Atmen nicht hörbar. Dani rannte schnell und spürte, wie die scharfen Stiche des Schmerzes in seine linke Seite zurückkehrten.
    »Nach Süden«, keuchte Onkel Thulu. »Wir laufen nach Süden und gehen später wieder zum Fluss!«
    Eine Zeit lang schien es so, als ob ihr Plan Erfolg hätte. Sie rannten ungehindert weiter. Der Boden stieg steil an, doch der Pfad vor ihnen war deutlich zu erkennen. Dani lief leicht vornübergebeugt wegen der Schmerzen und drückte sich den linken Ellbogen fest gegen die Rippen. Das machte die Stiche erträglicher, aber nun schoss ihm der Schmerz bei jedem Schritt durch den rechten Arm. Also packte er den rechten Ellbogen mit der linken Hand, umarmte so seinen Brustkorb und stolperte weiter voran. Er musste den Kopf senken, um den Anstieg zu schaffen. Seine bloßen Zehen gruben sich bei jedem erschöpften Schritt in den Lehm.
    Als Onkel Thulu bereits den Hügelkamm erreicht hatte, stieß er einen wortlosen Schrei aus und hielt seinen Arm fest. Müde hob Dani den Kopf.
    Einer der Fjeltrolle erwartete sie; er saß bequem in der Hocke, mit lockeren Gliedern, bereit. Mit der krallenbewehrten Hand deutete
er nach Westen und sagte etwas in seiner kehligen Sprache, dabei schenkte er ihnen ein schreckliches Lächeln. Seine Zunge

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