Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
Vom Netzwerk:
einer Frau, wie Lilias glaubte. Sie war zu hoch und zu rein, um die eines Mannes zu sein. Sie klang wie Kristall, durchscheinend und zerbrechlich. Keine sterbliche Stimme hatte je einen solchen Laut hervorgebracht, und keine würde je so klingen. Sie schwankte, als sie sich aufschwang, zugeschnürt von Schmerz, und die lauschende Lilias wurde von der Angst ergriffen, sie könnte
brechen. Es musste die Stimme einer Frau sein, denn welcher Mann hätte je eine solche Trauer verspürt? Sie durchdrang das Herz so mühelos wie jeder Speer. Wer war die Sängerin? Lilias konnte sie nicht erkennen. Die Stimme drückte den quälenden Verlust einer Mutter oder einer Gattin aus.
    Sicherlich würde sie unter dem Gewicht ihres Schmerzes zerschmettert werden.
    Aber sie hielt stand, wurde fester, und der einzelne Ton schwoll an.
    Er erhob sich weit über seinen eigenen Kummer und fand unmögliche Hoffnung. Die Hoffnung der dahinschwindenden Riverlorn, die sich nach Haomanes Gegenwart und dem Licht der Souma sehnten. Die Hoffnung auf Aracus Altorus, der davon träumte, in einer abermals zusammengefügten Welt für die Taten der Menschen zu büßen. Es war eine Hoffnung, die wie der Speer des Lichts zum Himmel stieg, der strahlte wie ein Leuchtfeuer, das der Hohen Frau Cerelinde Mut verleihen und sie anflehen sollte, nicht zu verzweifeln.
    Weitere Stimmen erhoben sich, eine nach der anderen. Die Ellylon sangen mit ihren klaren Stimmen und schöpften Hoffnung aus der Verzweiflung, schöpften Schönheit aus Trauer. Drei Barken glitten den Aven hinunter, wurden klein in der Ferne. Am Bug der vierten Barke stützte sich Malthus der Gesandte auf den Speer, neigte das Haupt und schwieg. Ingolin, der die Spaltung der Welt beobachtet hatte, stand aufrecht da. Aracus Altorus legte die Hand auf den Griff des Schwertes seiner Ahnen; der Soumanië schlief matt im Knauf.
    Um sie herum und über ihnen setzten sich die Gesänge fort; sie stiegen weiter und weiter hinauf und erklommen unmögliche Höhen der Schönheit. In der Stadt lauschten ihnen die Abgesandten der Menschenreiche und weinten und lachten zugleich. Sie wandten sich einander zu, nickten mit leuchtenden Augen und verstanden sich ohne ein Wort. Auf den Wiesen vor Meronils Toren hörten die Grenzwächter von Curonan zu und weinten, ohne den Grund dafür zu kennen; die Tränen glitzerten auf ihren Wangen, die von Wind
und Sonne gegerbt waren. Die trauernden Riverlorn von Meronil machten sich zum Kriege bereit.
    In ihrem einsamen Zimmer weinte auch Lilias von Beschtanag.
    Nur sie selbst wusste, warum.

ACHT
    S age es mir noch einmal.«
    Die Stimme des Schöpfers war tief und volltönend; keine Spur von Wut oder Wahnsinn lag in ihr. Sie löste etwas in Uschahins Brust, das verzerrt und verknotet gewesen war, so wie die Wärme der Brunnenkammer den Schmerz in seinen Gliedern gemildert hatte. Der blau-weiße Glanz des Brunnens verursachte ihm Kopfweh, doch das Pulsieren des Gottestöters beruhigte ihn. Die Kammer war mit ihrer Hitze und ihrem süßen, kupferigen Duft nach Blut fast genauso angenehm wie das Delta. Uschahin saß auf einem hochlehnigen Stuhl, hatte seine verkrümmten Hände um das hochgezogene Knie geschlungen und berichtete alles, was er gesehen hatte und wusste.
    Armeen rückten über das Antlitz Urulats vor.
    Seine Raben hatten sich zu den vier Ecken der Welt begeben und es gesehen. Es wäre besser, sie zurückzurufen und den Rabenspiegel zu benutzen, aber sie waren noch zu fern. Doch Uschahin nahm bereits ihre flackernden Gedanken wahr. Er vermochte nicht die Vielzahl ihrer Eindrücke zu einem Ganzen zusammenzufügen, doch das kurz Erschaute teilte er seinem Fürsten mit: Pelmaraner, die wie Ameisen in Doppelreihen marschierten. Vedasianische Ritter, die wie Käfer in ihren Stahlrüstungen steckten. Arduanische Bogenschützen mit Lederkappen, die wachsam weiten Abstand hielten. Mittländer, die ihre Pflugscharen beiseitelegten und rostige Schwerter ergriffen.
    Eine Gemeinschaft von Riverlorn, hell und glänzend, die aus dem Tal von Meronil hervorkam. Hinter ihnen befand sich die Grenzwacht von Curonan, grimmgesichtig und unheilvoll. Über ihnen
flatterten zwei Standarten: die Krone und die Souma sowie das goldäugige Schwert von Altorus dem Weitsichtigen. Und in vorderster Reihe ritt Malthus der Gesandte, der keinen Stab trug, sondern einen Speer, dessen Spitze ein Lichtkreis umgab.
    Fürst Satoris stieß einen mächtigen Seufzer aus. »Also hat er ihn hervorgeholt. Ah,

Weitere Kostenlose Bücher