Elegie - Herr der Dunkelheit
die dürre Ebene von Rukhar überschattete. Hinter dieser Grenze lauerte eine Dunkelheit, die selbst die Sonnenstrahlen nicht durchdringen konnten, wo Oronins Kinder nur einen Steinwurf von den schmalen Pfaden entfernt in den Schatten lauern mochten.
In diesem Grenzgebiet befand sich nun Uschahin, der im Schneidersitz vor seinem Zelt saß. Er war Satoris’ Botschafter und einer der Drei; er hätte die edelste Unterkunft in ganz Jakar bekommen können, wenn er gewollt hätte. Aber er hatte sich anders entschieden. Es war eine grausame Aufgabe, die sein Herr ihm übertragen hatte; die grausamste, vor der er je gestanden hatte. Dennoch, ihm war bewusst, was auf dem Spiel stand. Daher hatte er sich von Makneen, dem Befehlshaber der Rukhari, ein Pony geliehen, war zum Wald geritten und dort in die Schatten getaucht. Nach seiner Ankunft hatte er den Ruf ausgesandt.
Die Raben würden ihn übermitteln, und die Wehre würden ihm gehorchen. Die Graufrau selbst würde kommen. Daran hatte er keinen Zweifel. Es war eine seltene Gabe, ein seltenes Vertrauen, das Sorasch ihrem Adoptivsohn vor ihrem Tode geschenkt hatte. Ihre Nachfolgerin Vaschuka hatte keine Wahl, sie musste dieses Vertrauen achten.
Oh Mutter!
Seine Augen brannten, wenn er an sie dachte. Niemandes Sohn hatte ihn der Drache genannt, aber er hatte sie wie ein Sohn geliebt – genug geliebt, um zu wissen, dass er nicht länger unter den Wehren bleiben konnte. Er war es gewesen, der Sorasch um jenes große Opfer gebeten hatte, das Fürst Satoris verlangte; er hatte sie gefragt und dabei inständig gehofft, dass sie sich weigern würde. Doch das hatte sie nicht getan; sie hatte sich entschlossen, in der Erfüllung dieser Bitte den ehrenvollen Tod zu suchen, und sein Herz schmerzte noch immer, wenn er daran dachte.
Doch in diesem neuen Auftrag lag keine Ehre.
Die Sonne versank hinter dem Bergrücken, und Schatten krochen über den Boden. In der Nähe der Oase wurden Küchenfeuer angezündet, und der Geruch von gerösteten Lammspießen erreichte seine Nase. Die Luft war warm und trocken und ließ seine Knochen weniger schmerzen als gewöhnlich. Während Uschahin das Lager beobachtete, flammten Lampen auf, zumeist Talgkerzen, die in lackierten Tierblasen steckten und in den Zeltöffnungen hingen. Bei den lauten Rufen und wilden Liedern, die immer wieder angestimmt wurden, hätte man meinen können, dass die Rukhari sich auf einem Vergnügungsausflug befanden, während sie auf die Ankunft des Heeres von Finsterflucht warteten. Uschahin, der durch ihre Träume gewandert war, wusste, wie hart und schwer das Leben hier draußen am Rande der Unbekannten Wüste war; er wusste um die angstvolle Verachtung, die ihnen die Pelmaraner entgegenbrachten, und welche Möglichkeiten das Versprechen eines Bündnisses mit Stakkia den Rukhari bot.
Hufschlag erscholl zwischen den Zelten, und das Lampenlicht fiel auf glänzend gestriegeltes Fell, als ein Pony in vollem Lauf um die Ecke des Zeltes bog. Man sah, wie seine Muskeln spielten, als sein Reiter es so scharf zum Stehen brachte, dass die Kiesel nach allen Seiten spritzten. Ein dunkelhäutiges Gesicht: Zaki, Makneens Stellvertreter, sah auf seine Füße und bemühte sich, jeglichen Augenkontakt zu vermeiden.
»Fleisch fertig, Traumjäger«, erklärte der Rukhar in gebrochener Gemeinsamer Sprache. »Du essen?«
»Nein.« Uschahin saß kerzengerade da und erhob sich nicht. »Danke, Zaki.«
Nach kurzer Pause zuckte der Rukhar die Achseln. »Makneen versprechen. Ist gut, ja? Du zufrieden? Du nicht in Träumen umgehen?«
»Es ist alles gut abgelaufen, Zaki. Wir sind Verbündete. Ich werde eure Träume nicht stören.« Uschahin sah dem Rukhar zu, der wieder die Achseln zuckte und dann dem Pony mit den langen Zügeln auf die Seite klatschte, woraufhin es sofort davongaloppierte. Die Rukhari fürchteten ihn. Nun gut – das sollten sie auch. Er hielt
weiterhin Wache und beobachtete den immer dunkler werdenden Waldrand.
Die Zeit verging.
Der halb volle Mond stieg am Himmel empor, und die Sterne erwachten. Der hellste unter ihnen war rot und stand hoch über dem Horizont.
»Bruder.«
Eine graue Stimme kam aus der Dunkelheit. Sie redete ihn in der Sprache von Oronins Kindern an, die er seit seiner Kindheit kaum je verwendet hatte. Uschahin erhob sich, reckte seine steifen Glieder und neigte den Kopf. »Bruder«, antwortete er in derselben Sprache. »Gut, dich hier im Mondschein zu treffen.«
Ein Schimmer war zu sehen, wie von
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