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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Truppe«, er deutete in die entsprechende Richtung, »aus zweihundert Rukharikriegern dort auf der Ebene, und ihre Schwerter sind gewetzt. Wohin werdet ihr euch wenden, wenn sich Fürst Satoris gegen euch stellt? An die pelmaranischen Regenten, die versucht haben, euer Geschlecht auszurotten? An Aracus Altorus?« Er schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Meine einstige Mutter gab ihr letztes Blut, um nach der Kehle des Altorus zu schnappen. Das wird er nicht so leicht vergessen.«
    Wieder hob sie die Lefzen, und das Mondlicht schimmerte auf ihren Zähnen. »Er erbittet! Du erbittest nichts und forderst alles!«
    Voller Trauer nickte er. »Ja, alte Mutter. Die Kindheit muss zu Ende gehen, selbst für Unsterbliche. Wirst du darauf eingehen oder dich weigern?«
    Die Graufrau hob die Schnauze und sah in den Nachthimmel. »Wenn ich mich weigere«, dachte sie laut nach, »wer wird gehorchen? Der Gesandte Malthus schwingt den Soumanië. Wer unter euch kann dem Anblick standhalten? Nur Oronins Kinder können
das, wir, die der Frohe Jäger erschuf, wir, die wir unsere Augen schließen und allein nach Geruchssinn jagen können.«
    »Ja«, sagte er. »Es ist so. Aber Oronins Kinder sind wenige, und Fürst Satoris’ Heere sind viele.« Uschahin erschauerte, als er an den tobenden Sturm des Zornes dachte, der von Finsterflucht drohte. »Begehe keinen Fehler, alte Mutter. Er wird triumphieren, auf die eine oder andere Art. Und wenn ihr euch weigert, droht euch seine Rache.«
    »Aaaaaarhhh!« Ein rauer Laut, halb Schrei, halb Aufheulen. Sie hob ihre pelzigen Hände vor ihr Gesicht, und die Wehrbrüder, die um sie herum waren, wimmerten. »Ihr Selbst meines Selbst«, flüsterte sie den Erinnerungen ihrer Vorgängerinnen zu, »wieso nahmt ihr jenen, der die Welt spaltete, zum Verbündeten?« Dann senkte sie ihre zusammengeballten Fäuste und sprach mit härterer Stimme. »So sei es.« Die Graufrau fuhr herum und deutete auf einzelne Wehre. »Du«, sagte sie rau. »Du. Du und du, du, du und du. Sieben Brüder für sieben Tode.« Ihre Bernsteinaugen leuchteten hart und kalt, und ihre Stimme hauchte Hass in ihre Worte. »Wird das genügen, Sohn meines Selbst?«
    »Ja, Geehrte.« Uschahin verbeugte sich tief. »Das wird es.«
    Sie wandte ihm den Rücken zu und sprach über ihre Schulter. »Zeig es ihnen.«
    Das tat er. Er öffnete seine Gedanken nach der alten Tradition der Wehre und zeigte ihnen Bilder der Truppe, wie er sie in den Sümpfen von Vedasia gesehen hatte: den Gesandten, den Ellyl, den Grenzwächter, die Bogenschützin, den Vedasianer, den kleinen Yarru und seinen Onkel. Er zeigte ihnen den Tod, der kommen musste – das Lebensblut rann in den Waldboden, das rote Juwel war Fürst Satoris vorbehalten, und das Tonfläschchen mit dem Wasser des Lebens musste zerbrochen und verschüttet werden. Und er zeigte ihnen die Bilder, die er aus den geborstenen Scherben des Rabenspiegels geborgen hatte, das Gerücht der Möwen und ein Schiff, das an der pelmaranischen Küste anlegte.
    »Da«, flüsterte er. »Findet sie und tötet sie.«
    In ihren Köpfen öffnete sich ein trockener Abgrund aus Durst, der
nur mit rotem Blut gestillt werden konnte. Im Gleichklang verbeugten sich die sieben Brüder, dem Willen der Graufrau gehorchend, und ihr einziger Gedanke war der Tod. Im Gleichklang duckten sie sich auf alle viere und schnellten davon, sieben Schatten, die schnell und grau durch die pelmaranischen Wälder eilten. Oronins Kinder, die schrecklichsten Jäger.
    »Geh.« Es war der Wehr, der ihn hergeführt hatte, der nun sprach. Er trat aus den Schatten und erhob sich, und seine Stimme klang hart und erstickt. »Geh jetzt, Niemandes Sohn!«
    »Alte Mutter …« Hilflos streckte Uschahin eine Hand nach der reglos dastehenden Graufrau aus, erinnerte sich an Sorasch-die-einstgewesen, erinnerte sich an die Berührung ihres rauen Fells, wie sie seine gebrochenen Glieder in ihren schützenden Armen hielt. Sein kindliches Selbst, und die einzige Mutter, die er je gekannt hatte. Die Graufrau ist tot. Die Graufrau lebt. Das straffe Band aus Schmerz, der sein Ich bestimmte, zog sich fester, der Irrsinn stürmte auf ihn ein, und ein Laut erhob sich in seinem Kopf, wurde lauter und lauter, ein Aufheulen, das seine gebrandmarkte Brust nicht hervorzubringen vermochte. »Oh Mutter! Es tut mir leid …«
    »Geh!«

ZWANZIG
    H ohe Frau.« Tanaros hielt bei ihrem Anblick den Atem an. Eingekerkert in ihren Gemächern und in die

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