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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Tanaros lachen. Er hatte im Dienste von Fürst Satoris seine Erfüllung und seinen Lebenszweck gefunden, indem er sein verkorkstes Schicksal in die Hände genommen und sich gegen einen übermächtigen Feind gestellt hatte. Wenn er dadurch die Möglichkeit bekam, an der Neugestaltung jener Welt mitzuwirken, die ihn betrogen hatte, umso besser.
    Hatte dieser Junge weniger verdient?
    »Vorax«, sagte Tanaros entschlossen. »Löse seine Fesseln.«
     
    Die Lampen in ihren Gemächern brannten mit niedriger Flamme.
    Die Zimmer, in die sie geführt worden war, vermittelten einen Hauch zarter Erlesenheit. Die schwarzen Steinmauern waren von rosafarbenen, blassgrünen und taubengrauen Wandteppichen bedeckt, Lampen hingen von den Strebebalken, und ihr Licht überzog den Raum mit einem schimmernden Muster. Man hatte diese Dinge hierher gebracht und das solide Bollwerk der Festung damit verbrämt, um die überwältigende Düsternis von Finsterflucht ein wenig zu verstecken.
    Aber Cerelinde ließ sich nicht in die Irre führen.
    Dieses Gefängnis war für sie entworfen worden.
    Sie ging darin auf und ab, durchschritt einen Raum nach dem anderen, und ihre Füße sanken tief in die wolkenweichen Teppiche, die den polierten Fußboden bedeckten. Welche Säle mochten sie früher geschmückt haben? Die von Cuilos Tuillenrad? Ein sanfter Duft stieg auf, als sie darüberging. Herzgras, von ihren Füßen zerdrückt und geknickt. Das war zweifelsohne ellylische Handwerkskunst! Ihre Sippe hatte sie vor vielen Zeitaltern gewoben, mit so geschickten Fingern, wie sie die Söhne oder Töchter der Menschen niemals besitzen würden. Die Wolle stammte dann sicherlich von der ersten Schur einjähriger Lämmer und war mit einer Lösung aus den
zarten Blüten jenes Herzgrases gewaschen worden, das nur drei Tage im Frühling blühte. Handwerksgesellen hatten es gekämmt, während sie unter freiem Himmel sangen, aber das eigentliche Spinnen, ah! Das übernahmen die Edelfrauen der Ellylon, denn nur sie hatten die zarte Hand, die man brauchte, um Wolle zu spinnen, die so fein wie Seide war.
    Vielleicht hatte ihre eigene Mutter es berührt…
    Eure Mutter war mir einst bekannt.
    Cerelinde schloss ihre Augen. Wie unfair, oh, wie unfair!
    Es war nicht wahr. Es konnte nicht wahr sein. Wieder und wieder hatte Malthus es gesagt: Satoris Fluchbringer ist durchtrieben, er verdreht die Wahrheit so, wie sie ihm am besten dient. An ihren Vater … an ihren Vater Celendril erinnerte sie sich gut, denn ihn hatte der Tod im Vierten Zeitalter der Gespaltenen Welt ereilt, als er auf der Ebene von Curonan inmitten der Schar von Numireth erschlagen worden war.
    Und sie allein zurückgelassen hatte.
    Nein. Auch das war eine Lüge; dieser Ort brachte Lügen hervor wie Fliegen. Fürst Ingolin hatte die Tore von Meronil für alle Riverlorn geöffnet, die vor dem Zorn des Weltenspalters flohen. Dort hatte sie stets einen Ehrenplatz innegehabt, selbst während der langen Jahrhunderte, in denen sie sich geweigert hatte, sich ihren Überredungskünsten zu ergeben. Malthus hatte es als Erster geäußert, damals, als noch die Trauer um seine Kameraden in seinen weisen alten Augen stand. Es ist Eure Pflicht und Eure Bestimmung, Cerelinde.
    Wenn eine Tochter des Elterrion einen Sohn des Altorus ehelicht …
    Welch bitterer Aberwitz war das!
    Zuerst hatte sie sich aus Zorn geweigert. Es war ein Sohn des Altorus gewesen, der ihnen auf der Ebene von Curonan so schwere Verluste zugefügt hatte: Trachan Altorus, der die Nachricht von der Niederlage des Dergail erhielt und Ardrath den Gesandten fallen sah. Zu schnell hatte er den Rückzug angetreten, und in diesem Augenblick war es Satoris Fluchbringer gelungen, den Dolch Gottestöter an sich zu reißen und zu fliehen.

    Es hatte ihr Volk lange Jahre gekostet, die Bitterkeit dieses Schlages und die Feindschaft, die zwischen beiden Geschlechtern seitdem herrschte, zu überwinden. Und tatsächlich gab es immer noch viele unter den Riverlorn, die die Menschen für alles Böse verantwortlich machten, das ihrem Volk widerfahren war – die eifersüchtigen, kurzlebigen Menschen, die vor langer Zeit schon einmal Krieg gegen die Ellylon geführt hatten, die das Geheimnis der Unsterblichkeit begehrten. Keiner aus dem Haus Altorus, nein, aber andere. Und diese Feindschaft zog noch weitere Kreise, denn die Abkömmlinge jener Menschen, die den Ellylon treu verbunden geblieben waren, beschuldigten sie nun, sie in den entsetzlichen Krieg mit dem

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