Elementarteilchen kuessen besser
überbringen?“, meinte Linda liebenswürdig.
„Ich? Nein, nein, das geht nicht. Ich muss mich gerade am Rücken kratzen. Aber vielleicht Anna?“
„Mmh, ich könnte es vielleicht dazwischenschieben …, aber eigentlich habe ich keine Lust dazu.“
„Was?! Du hast keine Lust dazu? Wie kannst du das dieser armen Frau nur antun?!“, rief Betty entsetzt.
„Weißt du, diese Sessel sind so bequem, dass ich keine Lust habe aufzustehen. Nicht einmal, um Desirée aus einer Misere zu helfen.“
In dem Moment hörten sie einen Kollegen vom Tisch nebenan rufen: „Desirée, schön, dass wir deinen knackigen Hintern bewundern dürfen, ohne Eintritt zahlen zu müssen!“
Die so Angesprochene blickte sich mit hochgezogener Augenbraue zu ihrem Kollegen um und prüfte dann ihren Rock. Als sie sah, was passiert war, richtete sie in aller Seelenruhe ihre Rückenansicht und blickte nur hochmütig zu ihrem Kollegen: „Dann hast du heute aber wirklich deinen Glückstag, Sven. So billig kommst du mir nie wieder davon.“
Als Desirée zufällig in Richtung der drei Freundinnen blickte, merkte Linda, dass Philipps Kollegin unter der kühlen Oberfläche ziemlich sauer war. Und als Desirée an Lindas Tisch nur in schadenfrohe Gesichter blickte, blitzte ihre volle Wut kurz in ihren Augen auf, bevor sie sich wieder ihren zwei Kollegen zuwandte und weitersprach.
„Mann, die hat sich aber unter Kontrolle“, meinte Betty bewundernd. „Aber sympathisch ist sie mir immer noch nicht.“
„Aber immerhin hat sie mich von meinem Lampenfieber abgelenkt“, grinste Linda, „Ich weiß, Schadenfreude ist kein schöner Charakterzug. Aber im Moment fühle ich mich sauwohl damit.“
„Darauf stoßen wir an!“ Betty hob ihr Glas und prostete den beiden zu.
In dem Moment, als Philipp sich wieder mit einer Coke auf seinem Platz niederließ, gingen die Lichter im Saal aus und ein Spot auf der Bühne an. Die Show begann und ein Paar nach dem ande ren bestieg die Bühne. Die Darbietungen reichten von soliden, stimmlichen Darbietungen bis zu spontanen Showeinlagen, die vom grottenschlechten Gesang ablenken sollten. Alle sorgten aber im Publikum für gute Stimmung und ernteten viel Applaus. Erstaunlicherweise ließ sich Linda dadurch vom bevorstehenden Auftritt und ihrer Angst ablenken. Sie konnte sogar fast entspannt mitlachen, als ein jüngeres Pärchen bei einer Tanzeinlage zu Don't Go Breaking My Heart von Elton John ausrutschte und fast von der Bühne fiel. Sie beglückwünschte sich für ihre weise Voraussicht, mit Philipp keine Tanzeinlage einstudiert zu haben. Das wäre sonst garantiert schief gegangen. Und gerade, als sich Linda fast schon entspannt hatte, wurden plötzlich ihre Namen aufgerufen.
Philipp ergriff ihre Hand und zog sie lächelnd vom Stuhl hoch, auf dem sie am liebsten mit laut klopfendem Herzen alleine mit ihrer Hitzewallung sitzen geblieben wäre. Auf der Bühne angekommen, bemerkte sie, dass sich Philipp einen dunklen Hut aufgezogen hatte, der fantastisch zum Lied passte. Woher er den wohl hatte?
Ihr wurde vom Entertainer ein Mikrofon in die Hand gedrückt, während die Zuschauermenge sie klatschend begrüßte. Ricardo überreichte Philipp mit einem verschwörerischen Zwinkern das zweite Mikro, was dieser nur mit einem freundlichen Lächeln quittierte.
„ Ladies and gentlemen, our last performance: Linda and Philipp with Something Stupid ! “, kündigte der Entertainer die beiden begeistert an. Linda hatte den Verdacht, dass Ricardo seine ganz persönliche Stimme Philipp geben würde, wenn es darum ging, den Sieger zu ermitteln.
Die Musik begann und Linda schloss die Augen, um sich zu beruhigen. Sie fühlte, wie Philipps Stimme sie einhüllte, während sie ihn gesanglich begleitete. Dabei ließ sein Timbre ein warmes, entspanntes Gefühl in ihrer Herzgegend zurück. Linda liebte dieses Lied. Es erfüllte sie mit seiner Romantik bis in jede Zelle ihres Körpers, sogar bis zu den Haarspitzen. Und Philipp sang es wunderbar gefühlvoll – aber doch mit herber Raffinesse –, sodass sie wieder dieses Kribbeln spürte, das sie schon bei seiner Elvis-Interpretation so intensiv erlebt hatte.
Als sie bei der Zeile And then I go and spoil it all / by saying something stupid like: 'I love you' angekommen waren, spürte Linda, wie Philipp vorsichtig ihre freie Hand ergriff. Überrascht öffnete sie die Augen und blickte zu ihm. Irgendwie hatte er mittlerweile sein Jackett abgelegt und den Hut etwas in die Stirn gezogen.
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