Elementarteilchen kuessen besser
Dämmerlicht der Bar so aufwühlend und intensiv auf ihr wie starker, heißer Espresso, der einem das Blut durch die Adern jagte und ein verführerisches Prickeln hinterließ. „Und welche Prinzessin wolltest du als kleines Mädchen sein?“
Sie zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Meine Eltern haben mir damals als Gutenacht-Geschichten immer Sagen aus der griechischen Mythologie erzählt.“ Aber eine Kassette mit Grimms Märchen hatte sie auch gehabt. Nun fiel es ihr wieder ein. Die hatte sie in einer Endlosschleife immer rauf- und runtergehört. Und ihre Lieblingsfigur war damals Aschenputtel gewesen. Ein Mädchen, das sich von einer unscheinbaren Dienstmagd in eine wunderschöne Prinzessin verwandelt und den Prinzen in ihren Bann schlägt.
Ganz besonders geliebt hatte sie die tschechische Filmversion Drei Nüsse für Aschenbrödel , da Aschenbrödel darin kein kleines Dummchen war, sondern sich gewitzt gegen den Prinzen behauptete: Sie konnte ihm nicht nur verbal das Wasser reichen, sondern war mit der Armbrust sogar noch talentierter als er und ritt sein wildes Pferd wie ein Husar. Der Prinz war Lindas erste große Schwärmerei gewesen.
„Sollen wir auch?“, fragte Philipp. Linda wurde aus ihren Tagträumen herausgerissen und bemerkte, dass sich die meisten zur Tanzfläche aufmachten.
„Ich weiß nicht ...“ Linda war unsicher, ob sie wirklich wollte, dass Philipp ihr beim Tanzen zusah.
„Na, komm schon, sei kein Frosch“, flüsterte ihr Philipp leise ins Ohr und zog sie vom Sessel hoch.
Mit klopfendem Herzen folgte sie Philipp, der sie an der Hand durch die Tanzenden zu einem freien Platz führte. Dann ließ er sie los und begann zu tanzen.
Sie war erleichtert, dass er sie dazu nicht in den Arm nahm, und begann sich im Rhythmus der Musik zu bewegen. Sie tanzte gerne, blieb aber auch ebenso gerne im Hintergrund und überließ anderen den großen Auftritt.
Philipp war ein guter Tänzer. Er hatte das richtige Körpergefühl und wirkte doch sehr männlich dabei. Seine langen Beine sahen in den engen Jeans noch länger aus – und seine Rückseite war zum Anbeißen. Da er die Ärmel seines dunkelblauen Hemdes lässig bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte, konnte Linda mehr als einen Blick auf seine starken und doch schlanken Unterarme werfen. Ein paar nichtjugendfreie Gedanken schossen unkontrolliert durch ihr Gehirn ...
Lachend zeigte er auf die andere Seite der Tanzfläche, wo ein paar Kollegen von Desirée angeführt dieselben Tanzschritte zur Musik vollführten. Selbst Simon schien sein Hinken nicht davon abzuhalten, mit kraftvollen Schritten mitzumachen. Irgendwie kamen sie Linda bekannt vor, bis ihr einfiel, dass sie sie im Tanzkurs mit vierzehn Jahren auch gelernt hatte. Wie hieß die Kombination noch mal? Irgendein Name einer Filmfigur ... Ach ja, Snoopy .
Schon begann Philipp, es Desirée nachzutun und Linda zu animieren mitzumachen. Bereits nach kurzer Zeit brodelte die Tanzfläche im selben Rhythmus der Körper. Die Stimmung war gut und man sah nur lachende Gesichter.
Linda fand es verwirrend, dass Philipp ihr immer wieder vergnügt zulächelte. Doch sie fühlte sich so leicht und frei, dass es ihr egal war und sie sich – für ihre Verhältnisse – fast schon ausgelassen verhielt: Automatisch warf sie den Kopf in den Nacken und lachte, als Betty über Simons Fuß stolperte und er sie behände auffing. Außerdem erwiderte sie Jens' Augenzwinkern mit einem kleinen Lächeln, als dieser sich über Philipps verschwitzte Frisur lustig machte.
Sie fühlte sich herrlich ...
Als das Lied in ein anderes überging, fielen sich viele lachend um den Hals oder klatschten sich ab. Philipp fasste Linda an der Hand, drehte sie einmal unter seinem Arm durch und zog sie kurz an sich. „Gut gemacht“ war sein einziger Kommentar, bevor er aus einem Impuls heraus seine Nase in ihrem Haar versenkte und mit rauer Stimme flüsterte: „Du hast wunderschönes Haar.“
Dann hielt er inne und zog den Kopf etwas zurück, um erstaunt in ihre vor Überraschung geweiteten Augen zu blicken. „Uups, das hätte ich wohl nicht sagen sollen. Aber es stimmt einfach.“
Philipp ließ sie los und tanzte mit einem schelmischen und gleichzeitig entwaffnend sympathischen Lächeln weiter. Er schien nicht weiter peinlich berührt zu sein. Doch Linda hatte das Gefühl, ihre Wangen würden glühen wie zwei heiße Herdplatten. Und das lag definitiv nicht am Tanzen.
Als Philipp das Kompliment herausgerutscht war,
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