Elementarteilchen
entdeckte ihre Badetücher und breitete sein Handtuch wenige Meter daneben aus; sie beachteten ihn überhaupt nicht. Er zog sich schnell das T-Shirt aus, bedeckte sich damit die Schenkel, drehte sich auf die Seite und holte seinen Penis heraus. In schöner Übereinstimmung rollten die Miezen ihre Badeanzüge nach unten, um ihre Brüste bräunen zu lassen. Noch ehe Bruno Zeit hatte, die Hand zu Hilfe zu nehmen, spritzte er heftig in sein T-Shirt ab. Er gab ein leises Stöhnen von sich und ließ sich in den Sand sacken. Geschafft!
Primitive Riten beim Aperitif
Der Aperitif, das gesellige Ereignis des Tages im ORT DER WANDLUNG, fand im allgemeinen unter Musikbegleitung statt. An jenem Abend spielten drei Typen auf Bongotrommeln für etwa fünfzig Wandlungsfreaks, die auf der Stelle hüpften und wild mit den Armen schlenkerten. Es handelte sich in Wirklichkeit um Erntetänze, die in einigen Kursen für afrikanischen Tanz eingeübt wurden; normalerweise verfielen einige der Teilnehmer nach mehreren Stunden in Trance - oder taten wenigstens so. Im wörtlichen oder veralteten Sinne bezeichnete Trance, zumindest im Französischen, eine tiefe Besorgnis, Todesangst. »Ich ziehe es vor, das Weite zu suchen, als weiterhin solche T odesängste auszustehen« (Emile Zola benutzt an dieser Stelle das Wort transes ). Bruno lud die Katholikin zu einem Glas Pineau des Charentes ein. »Wie heißt du?« fragte er. »Sophie«, erwiderte sie. »Tanzt du nicht? «fragte er. »Nein«, entgegnete sie, »Ich habe nicht viel für afrikanischen Tanz übrig, das ist mir zu ...« Zu was? Er verstand ihr Zögern. Zu primitiv? Natürlich nicht. Zu rhythmisch? Das war schon fast rassistisch. Man konnte einfach nichts über diese beknackten afrikanischen Tänze sagen. Arme Sophie, dabei versuchte sie nur ihr Bestes! Sie hatte ein hübsches Gesicht, schwarzes Haar, blaue Augen und sehr weiße Haut. Sie hatte vermutlich kleine, aber sehr empfindsame Brüste. Sie war bestimmt Bretonin. »Bist du Bretonin?« fragte er. »Ja, aus Saint-Brieuc!« entgegnete sie freudestrahlend. »Aber ich liebe brasilianische Tänze ...«, fügte sie hinzu, vermutlich als Entschuldigung dafür, daß sie afrikanische Tänze nicht schätzte. Das genügte, um Bruno in Wut zu bringen. Er hatte allmählich die Nase voll von dieser blöden Brasilien-Manie. Warum denn ausgerechnet Brasilien? Nach allem, was er wußte, war Brasilien ein Scheißland voller stumpfsinniger Fanatiker, die sich nur für Fußball und Autorennen interessierten. Gewalt, Korruption und Elend erreichten dort ihren Höhepunkt. Wenn es ein Land gab, das wirklich abscheulich war, dann war es eindeutig Brasilien. »Sophie!« rief Bruno begeistert, »Ich könnte im Urlaub nach Brasilien reisen. Ich würde durch die Favellas fahren. Mit einem gepanzerten Minibus. Ich würde mir die kleinen achtjährigen Killer ansehen, die davon träumen, Gangsterbosse zu werden; und die kleinen Nutten, die mit dreizehn an Aids sterben. Ich würde keine Angst haben, weil mich das gepanzerte Fahrzeug schützt. Das wäre das Vormittagsprogramm, und den Nachmittag würde ich mit schwerreichen Drogenhändlern und Zuhältern am Strand verbringen. Und umgeben von diesem ausschweifenden Leben und dieser Hektik würde ich die Melancholie des westlichen Daseins vergessen. Sophie, du hast recht: Ich werde mich in einem Reisebüro der Nouvelles Frontières erkundigen, sobald ich wieder zu Hause bin.«
Sophie blickte ihn eine Weile nachdenklich an, auf ihrer Stirn zeichnete sich eine tiefe Sorgenfalte ab. »Du mußt ganz schön gelitten haben ...«, sagte sie schließlich traurig. »Sophie«, rief Bruno erneut, »weißt du, was Nietzsche über Shakespeare geschrieben hat? >Was muß ein Mensch gelitten haben, um dergestalt es nötig zu haben, Hanswurst zu sein! ... < ich war schon immer der Ansicht, daß Shakespeare ein Autor ist, der völlig überschätzt wird; wenngleich er allerdings ein beachtlicher Hanswurst ist.« Er hielt inne, stellte überrascht fest, daß er tatsächlich zu leiden begann. Die Frauen waren manchmal so ausgesprochen liebenswürdig; sie reagierten auf Aggressivität mit Verständnis, auf Zynismus mit Sanftheit. Welcher Mann würde sich so verhalten? »Sophie, ich habe Lust, deine Möse zu lecken ...«, sagte er gerührt; aber diesmal hörte sie nicht, was er sagte. Sie hatte sich zu dem Skilehrer umgewandt, der drei Tage zuvor ihren Hintern befummelt hatte, und ein Gespräch mit ihm begonnen. Bruno war ein paar
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