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Elementarteilchen

Elementarteilchen

Titel: Elementarteilchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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folgenden Samstag zum Abendessen in die Rue de l'Ecole-polytechnique zu sich ein. Einer seiner Kollegen, ein Biochemiker, der mehrere Arbeiten über die RNA-Transkriptasen veröffentlicht hatte, würde ebenfalls zugegen sein.
        Als Michel Desplechins Wohnung betrat, hatte er den Eindruck, eine Filmkulisse vor sich zu sehen. Möbel aus hellem Holz, Terrakottafliesen, afghanische Kelims, Reproduktionen von Matisse ... Er hatte bisher nur geahnt, daß es solch ein wohlhabendes, kultiviertes Milieu mit äußerst feinem, sicherem Geschmack gab; jetzt konnte er sich den Rest vorstellen, den Familienbesitz in der Bretagne, vielleicht ein kleines Bauernhaus im Luberon. »Fehlt nur noch ein Quintett von Bartok ...«, dachte er flüchtig, als er sich über die Vorspeise hermachte. Zum Essen wurde Champagner gereicht; die Nachspeise, eine Charlotte aus roten Früchten, wurde von einem ausgezeichneten halbtrockenen Rosé begleitet. Zu diesem Zeitpunkt setzte Desplechin ihm sein Vorhaben auseinander. Er könne dafür sorgen, daß in seinem Forschungsinstitut in Gif ein Posten geschaffen werde; Michel müsse ein paar zusätzliche Kenntnisse in Biochemie erwerben, aber das könne ziemlich schnell gehen. Gleichzeitig würde er selbst die Betreuung von Michels Habilitationsschrift übernehmen; und sobald er sich habilitiert habe, habe er Anrecht auf eine Festanstellung.
        Michel warf einen Blick auf die kleine Khmer-Statue, die mitten auf dem Kaminsims stand; sie stellte mit sehr reinen Linien einen Buddha dar, in einer Haltung, die ausdrückte, daß er die Erde zum Zeugen anrief. Er räusperte sich und nahm den Vorschlag an.

    Der außergewöhnliche Fortschritt in der Technik der Kontrollgeräte und der Benutzung von radioaktiven Markern erlaubte es, im Verlauf des folgenden Jahrzehnts eine beträchtliche Anzahl von Ergebnissen zusammenzutragen. Dennoch, dachte Djerzinski heute, war man in Bezug auf die theoretischen Fragen, die Desplechin bei ihrer ersten Begegnung aufgeworfen hatte, nicht einen Schritt weitergekommen.
    Mitten in der Nacht mußte er wieder an die Mars-Bakterien denken; er fand über ein Dutzend Nachrichten im Internet; die meisten kamen von amerikanischen Universitäten. Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin waren in normalen Anteilen gefunden worden. Um die Zeit totzuschlagen, rief er die Website von Ann Arbor auf; er fand dort einen Artikel über den Alterungsprozeß. Alicia Marcia-Coelho hatte den Verlust der kodierenden Sequenzen der DNA bei der wiederholten Teilung von Fibroblasten, die aus glatten Muskeln stammten, eindeutig nachgewiesen; auch das war keine wirkliche Überraschung. Er kannte diese Alicia: Sie hatte ihn sogar zehn Jahre zuvor nach einem reichlich begossenen Abendessen im Rahmen eines Genetikkongresses in Baltimore entjungfert. Sie war so betrunken gewesen, daß sie nicht mehr fähig gewesen war, ihm zu helfen, ihren BH auszuziehen. Das war ein mühseliger, ja unangenehmer Moment gewesen; sie hatte sich kurz zuvor von ihrem Mann getrennt, wie sie ihm anvertraute, während er an den Häkchen herumfummelte. Anschließend war alles ganz normal verlaufen; er hatte sich gewundert, daß er einen Ständer bekommen und sogar in der Scheide der Forscherin ejakulieren konnte, ohne die geringste Lust zu empfinden.

    5

    Viele der Gäste, die im ORT DER WANDLUNG ihre Ferien verbrachten, waren wie Bruno um die Vierzig; viele arbeiteten wie er im Sozial- oder Erziehungssektor und waren durch ihren Beamtenstatus vor der Armut geschützt. Fast alle hätten sich als Linke bezeichnet; fast alle lebten allein, meistens nach einer Scheidung. Im Grunde war er also ein durchaus typischer Besucher des Zentrums, und nach wenigen Tagen stellte er fest, daß er sich dort allmählich nicht mehr ganz so unwohl fühlte wie sonst. Die mystischen Schnepfen, die zur Frühstückszeit unerträglich waren, wurden beim Aperitif zu Frauen, die sich mit anderen jüngeren Frauen in einen aussichtslosen Wettbewerb stürzten. Der Tod ist der große Gleichmacher. Und so lernte er am Mittwochnachmittag Catherine kennen, eine Exfeministin um die Fünfzig, die der Gruppe der Maries pas claires angehört hatte. Sie hatte dunkles, sehr lockiges Haar und einen matten Teint; mitzwanzig mußte sie sehr attraktiv gewesen sein. Ihre Brüste waren noch ganz appetitlich, aber sie hatte wirklich einen dicken Hintern, wie er am Schwimmbad feststellte. Sie hatte inzwischen auf ägyptischen Symbolismus, Sonnen-Tarot usw. umgesattelt. Bruno

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