Elenium-Triologie
bereitwillig zu Hilfe eilen, wenn sie darum gebeten werden. Das Problem ist allerdings, daß sie keine Führer haben. Menschenmassen, die sich nur auf den Straßen zusammendrängen, ohne recht zu wissen, was sie tun sollen, weil niemand da ist, der es ihnen sagt, wären als Verteidiger der Stadt von keinem großen Nutzen.«
»Es gibt aber Männer, die zu führen verstehen, Euer Gnaden.«
»Wer?« fragte Vanion den Jungen.
»Platime, beispielsweise«, erklärte Talen, »und Stragen, falls er noch hier ist.«
»Dieser Platime ist doch eine Art Schurke, wenn ich es recht verstanden habe«, sagte Bevier zweifelnd.
»Ritter Bevier«, erwiderte Lenda, »ich habe viele Jahre im Königlichen Rat von Elenien gesessen und kann Euch versichern, daß sich nicht nur die Hauptstadt, sondern das gesamte Königreich seit Jahrzehnten in der Hand von Schurken befunden hat.«
»Aber…«, wollte Bevier protestieren.
»Ist es der Umstand, daß Platime und Stragen gesetzlich gesehen Schurken sind, der Euch zu schaffen macht, Ritter Bevier?« fragte Talen.
»Was denkt Ihr, Sperber?« wollte Lenda wissen. »Meint Ihr, daß dieser Platime wirklich imstande wäre, eine Art militärische Operation zu leiten?«
Sperber überlegte. »Ich glaube schon. Bestimmt sogar, wenn Stragen noch hier ist und ihm dabei helfen kann.«
»Stragen?«
»Unter den Dieben in Emsat nimmt er eine ähnliche Stellung ein wie Platime hier bei uns. Stragen ist etwas eigenwillig, aber höchst intelligent. Er hat eine hervorragende Erziehung genossen.«
»Die beiden können auch viele, die in ihrer Schuld stehen, zur Unterstützung herbeirufen«, sagte Talen. »Platime kann zweifellos Männer von Vardenais, Demos und den Kreisstädten Lenda und Cardos bekommen – ganz zu schweigen von den Räuberbanden auf dem Land.«
»Es ist ja nicht so, daß sie die Stadt längere Zeit halten müßten«, sagte Tynian nachdenklich. »Nur bis die elenische Armee hier ist. Was vor allem zählt, ist die abschreckende Wirkung. Es ist unwahrscheinlich, daß Annias mehr als tausend Kirchensoldaten von Chyrellos abziehen und hierherschicken kann. Und wenn die Wehrgänge der Stadtmauer mit einer größeren Zahl von Kriegern bemannt sind, werden die Soldaten sich einen Angriff zweimal überlegen. Wißt Ihr was, Sperber? Ich glaube, der Junge hat da einen großartigen Einfall!«
»Euer Vertrauen rührt mich zutiefst, Ritter Tynian«, bedankte Talen sich mit höfischem Kratzfuß.
»Es gibt auch Veteranen in Cimmura«, fiel Kurik ein. »Ehemalige Soldaten, die etwas von Strategie und Taktik verstehen. Sie können die Arbeiter und Bauern bei der Verteidigung der Stadt führen.«
»Das alles ist ganz und gar widernatürlich«, sagte der Graf von Lenda sarkastisch. »Der eigentliche Zweck des Regierens war von jeher, das gemeine Volk unter der Fuchtel und nur ja von der Politik fernzuhalten. Die einzige Lebensberechtigung des kleinen Bürgers ist, zu arbeiten und Steuern zu bezahlen. Wenn wir unseren Plan in die Tat umsetzen, werden wir es eines Tages vielleicht bereuen.«
»Haben wir denn eine Wahl, Lenda?« fragte Vanion.
»Nein, ich glaube nicht.«
»Nun, dann wollen wir anfangen. Graf Lenda, ich glaube, Ihr habt noch einige Korrespondenz zu erledigen. Und Talen, wie wär's, wenn du mit diesem Platime sprichst?«
»Darf ich Berit mitnehmen, Hochmeister Vanion?« Der Junge blickte auf den jungen Ritteranwärter.
»Meinetwegen, aber warum?«
»Ich bin doch jetzt der offizielle Gesandte einer Regierung zu einer anderen. Da sollte ich eine Eskorte haben, das läßt mich bedeutender aussehen. So etwas beeindruckt Platime.«
»Eine Regierung zu einer anderen?« fragte Kalten. »Betrachtest du Platime tatsächlich als eine Art Staatsoberhaupt?«
»Ist er das etwa nicht?«
Als Sperbers Freunde das Gemach verließen, hielt Sperber Sephrenia mit einem bittenden Blick zurück. »Ich muß Euch etwas sagen.«
Sie nickte.
Er schloß die Tür. »Ich hätte es Euch wahrscheinlich schon eher anvertrauen sollen, aber es erschien mir anfangs so harmlos…« Er zuckte die Schultern.
»Sperber, das müßtet Ihr eigentlich besser wissen. Ihr müßt mir alles sagen. Ich entscheide, was harmlos ist und was nicht.«
»Also gut. Ich glaube, jemand folgt mir.«
Ihre Pupillen verengten sich.
»In der Nacht, nachdem wir Ghwerig den Bhelliom weggenommen hatten, quälte mich ein Alptraum. Azash kam darin vor und der Stein. Aber da war noch etwas. Irgend etwas, das ich nicht deuten
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