Elenium-Triologie
bestimmt keine Herren. Sie werden auch ihre Karte nicht am Eingang abgeben, wenn sie Euch besuchen kommen. Platime und Durchlaucht Stragen kennen sich aus. Sie wissen, wie man sich unbemerkt in ein Haus stehlen kann, und deshalb werden sie die entsprechenden Gegenmaßnahmen ergreifen können.«
»Wir können Euch versichern, Majestät, daß niemand lebend an uns vorbeikommen wird«, versprach Stragen mit seiner tiefen, wohlklingenden Stimme. »Wir werden uns bemühen, Euch nicht allzu lästig zu fallen, aber ich fürchte, gewisse Einschränkungen Eurer Bewegungsfreiheit werden unvermeidbar sein.«
»Ich darf, beispielsweise, nicht in der Nähe eines offenen Fensters sitzen?«
»Richtig. Wir werden eine Liste mit Vorschlägen erstellen und sie Euch über den Grafen von Lenda übermitteln. Platime und ich sind Geschäftsleute, und Majestät könnten unsere Gegenwart als peinlich empfinden. Wir werden uns so gut es geht im Hintergrund halten.«
»Euer Zartgefühl ist bewundernswert, Durchlaucht«, lobte sie, »aber ich empfinde die Gegenwart von ehrlichen Männern gar nicht als peinlich.«
»Ehrlich?« Platime lachte rauh. »Ich glaube, wir wurden soeben beleidigt, Stragen.«
»Lieber ein ehrlicher Meuchler als ein unehrlicher Höfling«, versicherte Ehlana ihm. »Tut ihr es wirklich? Meucheln, meine ich.«
»Na ja, früher habe ich mich ein paarmal damit beschäftigt. Auf diese Weise kann man in aller Ruhe herausfinden, was jemand in seinem Beutel mit sich herumträgt. So etwas hat mich schon immer interessiert. Übrigens, da wir gerade davon reden, vielleicht könntest du es ihr jetzt sagen, Talen.«
»Worum geht es?« erkundigte Sperber sich.
»Um ein geringes Entgelt, Sperber«, antwortete der Junge.
»Ach?«
»Stragen bot seine Dienste kostenlos an«, erklärte der Junge.
»Um der Erfahrung willen, Sperber«, warf der blonde Nordmann ein. »König Warguns Hof ist ziemlich langweilig. Der Hof von Elenien hingegen soll außerordentlich distinguiert und ungewöhnlich lasterhaft sein, wurde mir gesagt. Ein Lernbeflissener nutzt gern die Gelegenheit, sein Wissen zu erweitern. Platime ist nicht so wißbegierig. Er hätte lieber etwas Handfestes.«
»Nämlich?« fragte Sperber sofort den Fetten.
»Ich denke allmählich an meinen Ruhestand, Sperber – an ein ruhiges Landhaus, wo ich mich in der Gesellschaft einer Schar unmoralischer junger Frauen vergnügen kann – verzeiht, Majestät. Es ist nur so, daß man seinen Lebensabend nicht richtig genießen kann, wenn man wegen einiger früherer Vergehen geahndet wird. Ich bin freudig bereit, die Königin mit meinem Leben zu beschützen, wenn sie so großmütig sein könnte, mir Pardon für meine früheren Unbedachtheiten zu gewähren.«
»Um welche Unbedachtheiten handelt es sich, Meister Platime?« erkundigte Ehlana sich mißtrauisch.
»Oh, um nichts wirklich Erwähnenswertes, Majestät«, erwiderte er ein wenig verlegen. »Ein paar Morde, verschiedene Diebstähle, Erpressungen, Einbrüche, Brandstiftungen, Schmuggel, Wegelagereien, Viehdiebstähle, Plünderung von zwei Klostern, den unerlaubten Betrieb von mehreren Freudenhäusern – und dergleichen mehr.«
»Du warst ja wirklich sehr beschäftigt, Platime«, sagte Stragen bewundernd.
»Purer Zeitvertreib. Tja, Majestät, eine umfassende Amnestie wäre vielleicht das beste, denn es wäre möglich, daß ich das eine oder andere Vergehen vergessen habe.«
»Gibt es denn irgendein Verbrechen, das Ihr nicht begangen habt, Meister Platime?« fragte sie streng.
»Ich glaube, Baratterie, Majestät. Ich weiß allerdings nicht so recht, was das Wort bedeutet, darum bin ich mir nicht sicher.«
»Das ist, wenn ein Kapitän sein Schiff kentert oder versenkt, um die Fracht stehlen zu können«, erklärte Stragen.
»Nein, so was habe ich nie getan! Ebensowenig hatte ich je geschlechtlichen Umgang mit Tieren, ich habe nie Zauberei betrieben und mich nie des Hochverrats schuldig gemacht.«
»Das sind die wirklich schlimmen Verbrechen, nehme ich an«, sagte Ehlana mit völlig unbewegtem Gesicht. »Ich mache mir ja solche Sorgen um die Moral von törichten jungen Schafen.«
Platime lachte schallend. »Genau wie ich, Majestät. Es kostete mich so manche schlaflose Nacht.«
»Wie kam es, daß Ihr Euch nie mit Hochverrat beschmutzt habt, Meister Platime?« fragte der Graf von Lenda neugierig.
»Wahrscheinlich aus Mangel an Gelegenheit, Euer Gnaden«, antwortete Platime ehrlich. »Allerdings bezweifle ich, daß ich
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