Elenium-Triologie
gewirkt hatte – ein Zauber, der jedoch nach einem Jahr seine Kraft verlieren würde.
Die Hochmeister der vier Kriegerorden der Kirchenritter beschlossen nach eingehender Beratung zusammenzuarbeiten, um ein Mittel gegen die Krankheit der Königin zu finden und ihre Gesundheit und Macht zurückzubringen, ehe der korrupte Primas Annias sein Ziel – den Erzprälatenthron in der Basilika von Chyrellos – erreichen konnte. Zu diesem Zweck stellten die Hochmeister der Cyriniker, der Alzioner und der Genidianer ihre eigenen Streiter ab, auf daß sie gemeinsam mit den Pandionern Sperber und Kalten – seit frühester Kindheit dessen Freund – ein Mittel suchten, das nicht nur Königin Ehlana heilen würde, sondern auch deren Reich, das unter einer anderen Art von Krankheit schwer leidet, während Ehlana es nicht regieren kann.
So steht es gegenwärtig. Die Genesung der Regentin ist nicht nur lebenswichtig für das Königreich Elenien, sondern auch für die anderen Elenischen Königreiche, denn sollte es dem verruchten Primas Annias gelingen, den Erzprälatenthron zu gewinnen, können wir sicher sein, daß die Elenischen Königreiche von Unruhen geschüttelt untergehen werden, während unser uralter Erzfeind, Otha von Zemoch, bereits an der östlichen Grenze unseres Reiches darauf lauert, Spaltungen oder Kriege zu nützen. Und das Mittel, das unserer Königin helfen kann, die dem Tod schon so nahe ist, könnte selbst ihren Streiter und seine wackeren Gefährten das Fürchten lehren! Betet um ihren Erfolg, meine Brüder, denn sollten sie versagen, wird der gesamte Eosische Kontinent unvermeidlich von Krieg überzogen werden, und die Welt, wie wir sie kennen, wird nicht mehr lange existieren.
ERSTER TEIL RANDERASEE
1
Mitternacht war längst vorüber, und der dichte, graue Nebel von Cimmura hatte sich mit dem allgegenwärtigen Holzrauch aus Hunderten von Kaminen vermischt und verhüllte die nahezu verlassenen Straßen der Stadt. Dennoch hielt sich Ritter Sperber vom Orden der Pandioner, wann immer möglich, im Schatten der Hausmauern. Die Straßen glitzerten feucht, und blasse, regenbogenfarbene Strahlenkränze umgaben die Fakkeln, die mit ihrem flackernden, schwachen Schein versuchten, die Straßen und Gassen zu beleuchten, obwohl zu dieser Stunde kein vernünftiger Mensch sie betrat. Die Häuser entlang der Straße, durch die Sperber kam, waren kaum mehr als hohe schwarze Schatten. Er verließ sich stärker auf seine Ohren denn seine Augen, da in diesem dichten Nebel drohende Gefahr früher zu hören als zu sehen war.
Es war die unheimlichste Zeit in den Straßen. Bei Tag war Cimmura nicht gefährlicher als irgendeine andere Stadt, doch des Nachts wurde sie zum Urwald, in dem die menschlichen Bestien über Schwache und Unachtsame herfielen. Unter seinem einfachen Reiseumhang trug Sperber Kettenrüstung. Ein großes Schwert hing an seiner Seite, und einen kurzen Kampfspeer mit breiter Klinge hielt er locker in der Hand. Zudem war er in Kampfarten ausgebildet, in denen sich kein Straßenräuber mit ihm messen konnte, und momentan erfüllte ihn brennende Wut. Während er mit den Fingern über die gebrochene Nase strich, hoffte er grimmig, irgendein Dummkopf würde auf den Gedanken kommen, ihn zu überfallen. Mit Sperber war nicht gut Kirschen essen, wenn man ihn gereizt hatte – und das hatte man vor kurzem.
Er war sich jedoch der Dringlichkeit seiner Aufgabe nur allzu bewußt. So sehr ihn auch ein schneller Hieb- und Stichwechsel mit irgendeinem unbekannten und unwichtigen Angreifer befriedigt hätte, sein Verantwortungsbewußtsein war stärker. Seine bleiche junge Königin schwebte in Todesgefahr und verlangte in ihrer Hilflosigkeit vollkommene Treue von ihrem Streiter. Nein, er würde sie nicht im Stich lassen. Wenn er bei einem sinnlosen Straßenkampf in einer schmutzigen Gosse starb, würde das seiner Königin, die zu beschützen er geschworen hatte, wenig nützen. Das war der Grund, weshalb er vorsichtig und auf noch leiseren Sohlen dahinschlich als ein gedungener Meuchler.
Nicht weit voraus sah er das Flackern verschwommen erkennbarer Fackeln und hörte den Gleichschritt eines kleineren Trupps. Lautlos fluchend tauchte er in eine schmale, übelriechende Gasse.
Ein halbes Dutzend Männer marschierten vorüber. Ihre roten Röcke waren feucht vom Nebel, ebenso die langen Piken, die sie schräg über der Schulter trugen. »Es ist die Spelunke in der Rosenstraße«, sagte der Offizier soeben arrogant,
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