Elenium-Triologie
Sperber an. »Was jetzt?«
»Wir können unmöglich ganz Nordpelosien und Norddeira absuchen«, brummte Kalten.
»Das steht fest«, entgegnete Sperber. »Wir hätten gar nicht die Zeit dazu. Irgendwie müssen wir Genaueres erfahren. Bevier, fällt Euch irgend etwas ein, das uns einen Hinweis geben könnte?«
»Die Berichte über diesen Teil der Schlacht sind zu ungenau, Sperber«, antwortete der Ritter im ehemals weißen Umhang schulterzuckend. Er lächelte Ulath an. »Unsere genidianischen Brüder sind hin und wieder nachlässig, wenn es um Aufzeichnungen geht.«
»Runenschrift ist mühsam«, sagte Ulath ein wenig verlegen. »Vor allem, wenn sie in Stein gehauen werden muß. Manchmal wurde so was eine Generation lang aufgeschoben.«
»Wir sollten nach einer größeren Ortschaft Ausschau halten, Sperber«, warf Kurik ein.
»So?«
»Wir haben eine Menge Fragen, und wenn wir sie nicht jemandem stellen, werden wir keine Antworten bekommen.«
»Kurik, die Schlacht fand vor fünfhundert Jahren statt!« erinnerte Sperber ihn. »Wir finden bestimmt keinen Lebenden, der gesehen hat, was damals geschehen ist.«
»Natürlich nicht! Aber die Leute interessieren sich gewöhnlich für alles, was ihre nähere Heimat betrifft – vor allem die einfachen Bürger halten die Tradition aufrecht. Wer weiß, ob uns nicht der Name eines Berges oder Baches einen Hinweis geben kann.«
»Einen Versuch ist es wert, Sperber«, sagte Sephrenia ernst. »Hier kommen wir nicht weiter.«
»Die Chance ist gering, kleine Mutter.«
»Welche Möglichkeiten haben wir sonst noch?«
»Ich finde, wir sollten weiter nach Norden reiten.«
»Ja, und vorbei an allen Ausgrabungsstätten. Wo immer der Boden durchgewühlt ist, können wir ziemlich sicher sein, daß der Bhelliom sich dort nicht befindet.«
»Stimmt, so ist es wohl. Also gut, reiten wir gen Norden, und wenn wir auf etwas stoßen, das uns weiterbringen könnte, kann Tynian ja wieder einen Geist beschwören.«
Ulath blickte besorgt auf. »Ich glaube, wir müssen ihm gegenüber rücksichtsvoller sein. Die Anstrengung, zwei Tote zu wecken, hat ihn beinahe völlig entkräftet.«
»Das wird schon wieder«, versicherte Tynian schwach.
»Natürlich wird es wieder – oder würde es zumindest, wenn Ihr Euch ein paar Tage im Bett ausruhen könntet.«
Sie halfen Tynian in den Sattel, wickelten seinen blauen Umhang um ihn und ritten durch den nicht enden wollenden Nieselregen nordwärts.
Randera erhob sich am Ostufer des Sees. Hohe Mauern umgaben die Stadt, und an jeder Ecke ragte ein bedrohlicher Wachtturm auf.
»Was meint ihr?« Kalten blickte fragend auf die finstere lamorkische Stadt.
»Wäre nur Zeitvergeudung«, brummte Kurik. Er deutete auf einen aufgeschütteten Erdhaufen, der unter dem Regen langsam aufweichte. »Auch hier wird noch geschaufelt. Wir müssen weiter nordwärts.«
Sperber musterte Tynian unauffällig. Ein bißchen Farbe war ins Gesicht des Alzioners zurückgekehrt, und offenbar kam er allmählich wieder zu Kräften. Sperber trieb Faran an und ritt voraus durch die trostlose Landschaft.
Am Nachmittag kamen sie an den letzten Spuren von Ausgrabungen vorbei. »Da unten am See liegt eine Ortschaft, Ritter Sperber«, rief Berit und wies mit der Hand.
»Dann fangen wir doch gleich mal dort an«, entgegnete Sperber. »Vielleicht gibt es sogar ein Gasthaus. Es ist an der Zeit, daß wir wieder mal eine warme Mahlzeit kriegen und wenigstens eine Weile aus dem Regen kommen.«
»Eine Schenke wäre nicht schlecht«, fügte Kalten hinzu. »Da kommt rasch eine Unterhaltung zustande, und es gibt immer ein paar ältere Leute, die sich gern damit brüsten, wie gut sie die Geschichte des Landstrichs kennen.«
Sie ritten zum See hinunter und in die Ortschaft. Die Häuser waren allesamt heruntergekommen, und die Kopfsteinstraßen gehörten dringend ausgebessert. Am unteren Ende des Ortes erstreckten sich ein paar Anlegestege in den See, und am Ufer hingen Netze von Stangen herab. Durchdringender Fischgeruch hing in den schmalen Straßen und haftete an allem und jedem. Ein mißtrauischer Bürger wies ihnen den Weg zum einzigen Gasthof des Ortes – einem sehr alten Steingebäude mit Schieferdach.
Sperber saß auf dem Innenhof des Gasthauses ab und betrat das Gebäude. Ein fetter Mann mit rotem Gesicht und ungleichmäßig geschnittenem Haar rollte ein Bierfaß zu einer breiten Hintertür. »Habt Ihr Zimmer frei, Nachbar?« fragte Sperber ihn.
»Ich habe nur Dachzimmer, Herr Ritter,
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