Elenium-Triologie
aber die sind zur Zeit alle frei«, antwortete der Fette respektvoll. »Wollt Ihr wirklich hier übernachten? Für gewöhnliche Reisende ist die Unterbringung angemessen, aber nicht für Edelleute, wie Ihr es seid.«
»Ich bin überzeugt, daß es sich auf Eurem Dachboden besser schläft als unter einer Hecke im Regen.«
»Das gewiß, Herr Ritter, und ich freue mich immer über Hausgäste. Zu dieser Jahreszeit verirren sich nicht viele Reisende hierher. Nur die Schenke bringt mir ein bißchen was ein.«
»Sind dort jetzt viele Gäste?«
»Ein halbes Dutzend etwa, Herr Ritter. Sobald die Fischer vom See zurückkommen, werden es mehr sein.«
»Wir sind zu zehnt«, erklärte ihm Sperber, »wir brauchen mehrere Zimmer. Habt Ihr auch jemand, der unsere Pferde versorgen kann?«
»Das macht mein Sohn, Herr Ritter.«
»Warnt ihn, bei dem großen Fuchs vorsichtig zu sein. Er ist verspielt, und es macht ihm Spaß zu beißen.«
»Ich werde es meinem Sohn sagen.«
»Dann hole ich jetzt meine Freunde. Wir werden uns Euren Dachboden ansehen. Ach, übrigens, habt Ihr vielleicht eine Badewanne? Wir waren ziemlich lange im Regen unterwegs und riechen ein wenig angerostet.«
»Auf dem Hinterhof ist ein Badehaus, Herr Ritter. Es wird jedoch selten benutzt.«
»Sehr gut. Laßt einstweilen schon Badewasser herbeischaffen, ich komme gleich zurück.« Sperber wandte sich um und trat wieder hinaus in den Regen.
Die Zimmer waren zwar ein bißchen staubig, da lange unbenutzt, aber überraschend gemütlich, die Betten sauber und offenbar frei von Ungeziefer, und am Ende des Dachbodens befand sich sogar ein großer Aufenthaltsraum.
»Sehr schön, wahrhaftig«, sagte Sephrenia, nachdem sie sich umgesehen hatte.
»Und es gibt sogar ein Badehaus«, berichtete Sperber.
»Das ist ja wundervoll!« Sie seufzte glücklich.
»Ihr dürft es als erste benutzen.«
»Lieb von Euch, aber ich lasse mir beim Baden gern viel Zeit. Also badet ihr zuerst, meine Herren.« Sie rümpfte die Nase. »Und spart nicht mit der Seife – wascht auch das Haar!«
»Nach dem Baden schlüpfen wir am besten in einfache Kittel«, riet Sperber den anderen. »Wir möchten diesen Leuten Fragen stellen, und Rüstung wirkt doch etwas einschüchternd.«
Die fünf Ritter halfen einander aus den Rüstungen, griffen nach ihren Kitteln und folgten Kurik, Berit und Talen die Hintertreppe hinunter, angetan nur mit der wattierten Unterkleidung, die ihre schweren Panzer erst tragbar machte und die jetzt bei allen Rostflecken aufwies. Sie badeten in großen, faßähnlichen Wannen, denen sie schließlich erfrischt und sauber entstiegen.
»Das ist das erste Mal seit einer Woche, daß ich mich warm fühle«, sagte Kalten. »Und jetzt bin ich bereit, mich in der Schenke umzusehen.«
Talen erhielt den Auftrag, ihre Unterkleidung zum Dachboden hinaufzubringen, worüber er nicht sehr glücklich war.
»Du brauchst gar kein Gesicht zu machen«, sagte Kurik. »Ich hätte sowieso nicht zugelassen, daß du in der Schenke herumhockst. Das bin ich deiner Mutter schuldig. Richte Sephrenia aus, daß sie und Flöte das Badehaus jetzt für sich haben. Begleite sie hinunter und halte Wache, damit sie nicht gestört werden.«
»Aber ich habe Hunger!«
Kurik legte drohend die Hand an den Gürtel.
»Schon gut, schon gut, reg dich doch nicht gleich auf.« Der Junge rannte die Treppe hinauf.
In der Wirtsstube, deren Boden Sägemehl und silbrige Fischschuppen bedeckten, war es ein wenig rauchig. Die fünf Ritter in einfachen Kitteln sowie Kurik und Berit traten unauffällig ein und setzten sich an einen leeren Ecktisch.
»Bringt uns Bier«, rief Kalten der Schankmaid zu, »viel Bier!«
»Übertreib nicht«, warnte Sperber ihn leise. »Du bist schwer, und wir möchten dich nicht unbedingt die Treppe hinaufschleppen müssen.«
»Keine Angst, alter Freund«, beruhigte ihn Kalten. »Ich habe zehn Jahre in Lamorkand gelebt und mir kein einziges Mal einen Rausch geholt. Das Bier hier ist viel dünner als bei uns, richtig wäßrig.«
Die Schankmaid war eine typische Lamorkerin – blond, mit breiten Hüften und üppigem Busen und etwas dümmlich. Sie trug eine Dirndlbluse mit tiefem Ausschnitt, dazu einen weiten roten Rock. Ihre Holzschuhe klapperten über den Boden, und sie kicherte einfältig. Sie brachte große, mit Kupferbändern verstärkte Holzkrüge, aus denen das Bier überschäumte.
»Bleibt, Mädchen«, bat Kalten. Er hob seinen Krug an die Lippen und leerte ihn mit einem Zug. »Ist
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