Elenium-Triologie
Sie sterben nicht an Altersschwäche wie andere Kreaturen. Man muß sie töten. Und falls jemand Ghwerig getötet hätte, würde er bestimmt damit geprahlt haben, und davon hätte ich gehört. In Thalesien gibt es im Winter nicht viel anderes zu tun, als sich die Zeit mit Gerüchten und Geschichten zu vertreiben. Der Schnee liegt meterhoch, und wir bleiben meistens in den warmen Stuben. Jetzt sollten wir uns aber die Karte vornehmen.«
Als sie zu den Zelten zurückstapften, wurde Sperber bewußt, daß er den hünenhaften Genidianer mochte. Ulath war für gewöhnlich recht schweigsam, aber wenn man einmal seine Freundschaft gewonnen hatte, redete er mit ungewöhnlicher Untertreibung, die manchmal noch amüsanter war als Kaltens übertriebener Humor. Sperbers Gefährten waren allesamt gute Männer – die besten, genaugenommen. Natürlich war ein jeder anders, verständlicherweise. Wie ihre Suche auch ausgehen mochte, er war froh, daß sie ihm die Gelegenheit geboten hatte, diese Männer kennenzulernen.
Sephrenia stand am Feuer und trank Tee. »Ihr seid früh auf«, bemerkte sie, als die beiden Ritter in den Lichtkreis traten.
Sperber küßte zum Gruß ihre Handfläche.
»Bitte, gebt acht auf meinen Tee«, mahnte sie, »daß Ihr nicht verschüttet. Haben unsere Pläne sich geändert?« fuhr sie fort. »Müssen wir rasch aufbrechen?«
»Nein, kleine Mutter. Wir werden heute kaum mehr als fünfzehn Meilen schaffen, also wollen wir die anderen noch eine Zeitlang schlafen lassen. Der Wagen wird nicht sehr schnell fahren, und nach allem, was wir erlebt haben, halte ich es für keine gute Idee, im Dunkeln umherzuirren. Ist Berit schon wach?«
»Ich glaube, er hat sich bereits gerührt.«
»Ich werde ihn in Kaltens Rüstung stecken und Kurik in die Beviers. Vielleicht können wir dadurch alle, die unfreundliche Absichten haben, von vornherein einschüchtern.«
»Ist das alles, woran ihr Elenier je denkt?«
»Eine gute List ist manchmal besser als ein guter Kampf«, brummte Ulath. »Mir macht es Spaß, Leute zu täuschen.«
»Ihr seid ja fast so schlimm wie Talen.«
»Nein, das läßt sich nicht vergleichen. Meine Finger sind nicht behende genug, sie in anderer Leute Taschen zu stecken. Wenn ich es auf jemandes Säckel abgesehen hätte, würde ich ihm wohl einen sanften Schlag auf den Schädel versetzen und ihm den Beutel wegnehmen.«
Sephrenia lachte. »Ich bin von Gaunern umgeben!«
Der Tag brach klar und sonnig an. Der Himmel war strahlend blau und das nasse Gras auf den Hügeln von glänzendem Grün.
»Wer ist heute an der Reihe, Frühstück zu bereiten?« fragte Sperber Ulath.
»Ihr.«
»Seid Ihr sicher?«
»Ja.«
Sie weckten die anderen, und Sperber holte die Kochgerätschaften aus einem der Tragtierbeutel.
Nach dem Essen schnitten Kurik und Berit Lanzenschäfte aus einem nahen Dickicht, während Sperber und Ulath ihren verwundeten Freunden auf Talens klapprigen Wagen halfen.
»Was ist an den Lanzen auszusetzen, die wir haben?« fragte Ulath, als Kurik mit den neuen Schäften zurückkehrte.
»Sie brechen leicht.« Kurik band die Schäfte an die Wagenseite. »Vor allem so, wie ihr Ritter sie benutzt. Es kann nie schaden, Ersatz mitzuführen.«
»Sperber«, sagte Talen leise, »da sind wieder Männer in weißen Kitteln. Sie haben sich in dem Gebüsch am Wiesenrand versteckt.«
»Hast du eine Ahnung, was sie sind?«
»Sie haben jedenfalls Schwerter«, antwortete der Junge.
»Dann also Zemocher. Wie viele sind es?«
»Ich habe vier gesehen.«
Sperber ging zu Sephrenia hinüber. »Am Rand der Wiese hat sich eine kleine Schar Zemocher versteckt. Würden Leute des Suchers sich verbergen?«
»Nein. Sie würden sogleich angreifen.«
»Das dachte ich auch.«
»Was hast du vor?« erkundigte sich Kalten.
»Sie vertreiben. Ich möchte nicht, daß welche von Othas Männern hinter uns herschleichen. Ulath, kommt, sitzt auf. Wir verjagen die Burschen.«
Ulath grinste und stemmte sich in den Sattel.
»Wollt ihr eure Lanzen?« fragte Kurik.
»Nicht für so eine Kleinigkeit«, brummte Ulath und griff nach seiner Streitaxt.
Sperber kletterte auf Farans Rücken, schnallte seinen Schild an und zückte sein Schwert. Er und Ulath ritten drohend auf das Gebüsch zu. Nach ein paar Augenblicken flohen die Zemocher schreiend aus ihrer Deckung. »Jagen wir sie ein wenig«, schlug Sperber vor. »Ich möchte, daß sie nicht mehr genug Luft haben, um wieder zurückzukommen.«
»Einverstanden.« Ulath trieb sein Pferd
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