Elenium-Triologie
Talen den beiden Männern einen gebratenen Lammschlegel.
»Ausgezeichnet zubereitetes Fleisch«, lobte Kring und nahm einen ledernen Beutel mit Salz von seinem Gürtel. »Die Ordensritter speisen gut.« Er riß den Schlegel mit Fingernägeln und Zähnen in zwei gleich große Teile und reichte Tynian den einen. Dann streckte er ihm den Lederbeutel entgegen. »Salz, Bruder?«
Tynian schob zwei Finger in den Beutel, brachte eine großzügige Prise zum Vorschein und sprenkelte das Salz über den Lammbraten. Dann schüttelte er die Finger in die vier Himmelsrichtungen.
»Ihr kennt Euch wahrhaftig gut mit unseren Gebräuchen aus, Freund Tynian«, sagte der Domi erfreut und vollzog die gleichen Gesten. »Ist dieser prächtige junge Bursche etwa Euer Sohn?«
»Nein, Domi.« Tynian seufzte. »Er ist ein guter Junge, aber er kann das Stehlen nicht lassen.«
»Ho ho!« Kring lachte und klopfte dem Jungen so begeistert auf die Schulter, daß Talen taumelte und über den Boden rollte. »Dieberei kommt an Ehrenhaftigkeit gleich nach dem Kämpfen. Bist du geschickt, Junge?«
Talen lächelte dünn und kniff die Augen zusammen. »Hättet Ihr gern eine Probe meiner Künste, Domi?« fragte er herausfordernd und stand auf. »Schützt, soviel Ihr könnt, das übrige stehle ich.«
Der Krieger warf brüllend vor Lachen den Kopf zurück. Wie Sperber bemerkte, war Talen bereits dicht bei ihm, und seine Hände bewegten sich flink.
»Also gut, mein junger Dieb«, forderte der Domi ihn schmunzelnd auf und streckte die Arme vor, die Hände gespreizt, »stiehl jetzt, soviel du kannst.«
»Vielen Dank, Domi.« Talen verbeugte sich höflich. »Aber das ist nicht mehr nötig. Ich glaube, ich habe bereits alles, was Ihr an Wertsachen an Euch getragen habt.«
Kring blinzelte und betastete sich da und dort, und seine Bestürzung wuchs sichtlich.
Kurik stöhnte. »Mach dir keine Sorgen«, flüsterte Sperber ihm zu.
»Zwei Broschen«, zählte Talen auf und händigte sie ihrem Besitzer aus, »sieben Ringe – der an Eurem linken Daumen ist wirklich sehr eng, wißt ihr. Ein goldenes Armband – laßt es von einem Fachmann ansehen, ich glaube, es ist mit Messing vermischt. Ein Rubinanhänger – hoffentlich habt Ihr nicht zuviel dafür bezahlt, es ist ein minderwertiger Stein, wißt Ihr. Hier habt Ihr noch Euren Dolch mit den Edelsteinen am Griff zurück, und da ist der Smaragdknauf von Eurem Säbel.« Talen rieb sich die nun leeren Hände.
Der Domi überschlug sich schier vor Lachen. »Ich kaufe diesen Jungen, Freund Tynian«, erklärte er. »Ich gebe Euch eine Herde der rassigsten Pferde für ihn und ziehe ihn als meinen eigenen Sohn auf. Ein solcher Dieb ist mir noch nie zuvor begegnet!«
»Ah – tut mir leid, Freund Kring«, entschuldigte sich Tynian, »aber er gehört nicht mir, daß ich ihn verkaufen könnte.«
Kring seufzte. »Könntest du auch Pferde stehlen, Junge?« fragte er.
»Es dürfte etwas schwierig sein, ein Pferd in der Tasche verschwinden zu lassen, Domi«, antwortete Talen. »Aber mit ein bißchen Überlegung würde ich es wohl zustande bringen.«
»Ein wahres Genie«, sagte der Krieger ehrfürchtig. »Sein Vater ist glücklich zu schätzen.«
»Das ist Ansichtssache«, brummte Kurik.
»Ah, junger Dieb«, sagte Kring fast bedauernd. »Mir fehlt da noch ein Geldbeutel – ein ziemlich schwerer.«
»Oh, habe ich den vergessen?« Talen schlug sich auf die Stirn. »Ich war wohl zu sehr mit anderem beschäftigt.« Er holte einen prallen Lederbeutel unter dem Kittel hervor und gab ihn zurück.
»Zählt lieber den Inhalt, Freund Kring«, riet Tynian.
»Da der Junge und ich nun Freunde sind, vertraue ich seiner Anständigkeit.«
Talen seufzte und fischte mehrere große Silbermünzen aus den verschiedensten Verstecken in seiner Kleidung. »Ich wünschte, genau das würden die Leute eben nicht tun«, beklagte er sich, während er das Geld aushändigte. »Das macht die Sache witzlos!«
»Zwei Pferdeherden?« bot der Domi nun an.
»Tut mir leid, mein Freund«, bedauerte Tynian. »Nehmen wir jetzt Salz und unterhalten uns.«
Die beiden aßen ihren salzbestreuten Lammbraten, und Talen schlenderte zum Wagen.
»Tynian hätte die Pferde nehmen sollen«, sagte er zu Sperber. »Ich hätte mich im Dunkeln davonstehlen können.«
»Der Domi hätte dich an einen Baum ketten können«, entgegnete Sperber.
»Ich brauchte nicht mal eine Minute, mich aus einer Kette herauszuwinden. Habt Ihr überhaupt eine Ahnung, wieviel solche
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