Elenium-Triologie
bekommt, das er möchte.«
»Da habt Ihr recht«, pflichtete Ulath ihm bei. »Ich habe noch nie zuvor von einem Ohrengeld gehört. Gewöhnlich wird eine Kopfprämie ausgesetzt.«
»Ohren sind leichter«, gab Tynian zu bedenken, »sie starren einen auch nicht jedesmal an, wenn man den Sattelbeutel öffnet.«
»Meine Herren, dürfte ich bitten?« sagte Sephrenia scharf. »Wir haben Kinder bei uns!«
»Verzeiht, kleine Mutter«, entschuldigte Ulath sich. »Wir haben nur gefachsimpelt.«
Vor sich hinmurmelnd kehrte Sephrenia zum Wagen zurück. Sperber war ziemlich sicher, daß sie einige der styrischen Worte, derer sie sich bediente, nie in besserer Gesellschaft benutzt hätte.
»Wer war das?« erkundigte sich Bevier. Er blickte den Kriegern nach, die südwärts dahingaloppierten.
»Peloi«, antwortete Tynian. »Nomadische Pferdehirten. Sie waren die ersten Elenier in dieser Region. Das Königreich Pelosien wurde nach ihnen benannt.«
»Sind sie so wild, wie sie aussehen?«
»Noch wilder. Wahrscheinlich ist Otha ihretwegen – sie treiben sich an der Grenze herum – in Lamorkand statt in Pelosien eingefallen. Niemand, der bei klarem Verstand ist, würde sich mit den Peloi anlegen.«
Sie erreichten den Vennesee spät am nächsten Tag. Es war eine große, seichte Wasserfläche, in die ständig Schlamm aus den nahen Sümpfen sickerte, wodurch der See trübbraun war. Flöte wirkte erstaunlich erregt, als sie ihr Lager ein gutes Stück von dem schlammigen Seeufer entfernt aufschlugen, und kaum war Sephrenias Zelt aufgebaut, schoß sie hinein und weigerte sich, wieder herauszukommen.
»Was hat sie denn?« fragte Sperber Sephrenia und rieb abwesend den Ringfinger seiner Linken. Aus unerklärlichem Grund pochte er.
»Ich habe keine Ahnung.« Sephrenia runzelte die Stirn. »Es hat fast den Anschein, als würde sie sich vor etwas fürchten.«
Nachdem sie sich gestärkt hatten und Sephrenia Flöte das Abendessen ins Zelt gebracht hatte, befragte Sperber jeden seiner verwundeten Kameraden eingehend. Sie behaupteten alle, daß sie wieder völlig hergestellt seien, was Sperber jedoch für übertrieben hielt. Aber schließlich gab er nach. »Dann machen wir es wieder wie früher. Ihr könnt eure Panzer zurückhaben, und morgen versuchen wir es mit Kantern. Kein Galoppieren, und falls wir irgendwelche in Schwierigkeiten geraten sollten, dann haltet euch zurück, bis es wirklich ernst wird.«
»Er ist wie eine alte Glucke, nicht wahr?« sagte Kalten zu Tynian.
»Wenn er einen Wurm aufscharrt, schnabuliert Ihr ihn«, entgegnete Tynian.
»Wie großzügig, Tynian, aber ich muß ablehnen, ich habe bereits zu Abend gegessen.«
Sperber legte sich nieder.
Gegen Mitternacht, durch den Mond war es fast taghell, riß ein fürchterliches Brüllen Sperber aus dem Schlaf, daß er sich erschrocken aufsetzte.
»Sperber!« rief Ulath vor dem Zelt. »Weckt die anderen!
Rasch!«
Sperber rüttelte Kalten wach; dann schlüpfte er eilig in sein Kettenhemd, griff nach seinem Schwert und tauchte aus dem Zelt. Er sah sich rasch um und stellte fest, daß die anderen ebenfalls schon auf den Beinen waren. Sie plagten sich bereits in ihre Kettenrüstungen. Ulath stand am Rand ihres Lagers; er hatte seinen Rundschild am Arm und in der anderen Hand seine Streitaxt.
Sperber trat neben ihn. »Was war das?« fragte er ihn leise.
»Was brüllt da so eigenartig?«
»Ein Troll«, antwortete Ulath knapp.
»Hier? In Pelosien? Ulath, das ist unmöglich. Es gibt keine Trolle in Pelosien.«
»Geht doch hinaus und erklärt ihm das!«
»Seid Ihr völlig sicher, daß es ein Troll ist?«
»Ich habe diese Art von Gebrüll schon zu oft gehört, als daß ich mich täuschen könnte. Es ist ein Troll und ein sehr wütender noch dazu.«
»Vielleicht sollten wir das Feuer schüren?« meinte Sperber, als die anderen ebenfalls herbeikamen.
»Das würde nichts nützen. Trolle fürchten sich nicht vor Feuer«, erklärte Ulath.
»Ihr kennt ihre Sprache, nicht wahr?«
Ulath brummte bestätigend.
»Ruft ihn doch und versichert ihm, daß wir nicht vorhaben, ihm etwas anzutun.«
»Sperber«, sagte Ulath mit gequälter Miene, »in diesem Fall ist es umgekehrt. Versucht seine Beine zu treffen, wenn er angreift. Sonst wird er Euch die Waffe aus der Hand reißen und sie gegen Euch einsetzen. Also gut, ich werde mit ihm reden.«
Er hob den Kopf und brüllte etwas in einer gräßlichen, kehligen Sprache.
Draußen in der Dunkelheit antwortete knurrend und spukkend der
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