Elenium-Triologie
eine uralte Hymne, beinahe aus der Geburtsstunde des elenischen Glaubens, doch ein styrischer Mollton schwang darin mit. Gefangen in den Klängen ihres Spieles, gingen Sperber ein paar unglaubliche Gedanken durch den Kopf, was dieses seltsame kleine Mädchen betraf.
Nach der Beerdigung ritten sie weiter. Den Rest des Tages waren alle sehr schweigsam, und des Abends schlugen sie ihr Lager wieder neben dem kleinen See auf, wo der fahrende Spielmann zu ihnen gestoßen war. Er war fort.
»Das hatte ich befürchtet«, sagte Sperber. »Aber es war auch nicht damit zu rechnen, daß er noch hier sein könnte.«
»Vielleicht holen wir ihn weiter im Süden ein«, meinte Kalten. »Sein Pferd war nicht gerade in bester Verfassung.«
»Und was können wir tun, wenn wir ihn tatsächlich einholen?« fragte Tynian. »Ihr habt doch nicht vor, ihn zu töten, oder?«
»Nur als letzten Ausweg«, antwortete Kalten. »Aber nun, da Sephrenia weiß, wie Bellina ihn beeinflußt hat, kann sie ihn wahrscheinlich heilen.«
»Euer Vertrauen ehrt mich, Kalten«, sagte sie, »aber ich würde mich nicht so sehr darauf verlassen.«
»Wird dieser Zauber, mit dem Bellina diesen Spielmann in ihren Bann geschlagen hat, je nachlassen?« fragte Bevier.
»Auf gewisse Weise, ja. Seine Wirkung wird mit der Zeit ein wenig schwächer, doch ganz vergeht sie nie. Vielleicht hilft es dem Mann sogar, gute Minnegesänge zu schreiben. Doch entscheidend ist, daß die Ansteckungsgefahr, die von ihm ausgeht, zusehends geringer wird. Wenn er in den nächsten Tagen nicht vielen Menschen begegnet, ist er keine große Gefahr für den Grafen. Das gilt auch für die Diener.«
»Wollen wir es hoffen«, sagte der junge Cyriniker. Dann runzelte er die Stirn. »Ich war doch bereits infiziert. Wieso ist diese Kreatur dann in der Nacht trotzdem zu mir gekommen?« Bevier war offenbar immer noch tief erschüttert von der Beerdigung des kleinen Mädchens.
»Um die Wirkung des Zaubers zu verstärken, Bevier«, erklärte Sephrenia ihm. »Ihr seid zwar erregt gewesen, aber wärt nicht so weit gegangen, Euren Gefährten an Leib und Leben zu schaden. Bellina mußte dafür sorgen, daß Ihr alles tun würdet, sie aus diesem Turm zu befreien.«
Als sie ihr Lager für die Nacht aufschlugen, fiel Sperber etwas ein. Er trat zu Sephrenia, die mit der Teetasse in den Händen am Feuer saß.
»Sephrenia«, sagte er, »was führt Azash eigentlich im Schilde? Wieso benutzt er jetzt plötzlich Elenier für seine Zwecke? Das hat er doch noch nie getan, oder?«
»Erinnert Ihr Euch, was König Aldreas' Geist zu Euch gesagt hat? Daß die Zeit gekommen ist, da der Bhelliom wiedererscheinen wird?«
»Ja.«
»Azash weiß das ebenfalls, und seine Verzweiflung wächst. Ich nehme an, er hat festgestellt, daß seine Zemocher nicht verläßlich sind. Sie führen zwar Befehle aus, aber sie sind nicht sehr klug. Seit Jahrhunderten wühlen sie bereits auf diesem Schlachtfeld und tun doch nichts weiter, als immer wieder den gleichen Boden umzugraben. Wir haben in den letzten Wochen mehr über das Versteck des Bhelliom erfahren als sie in den vergangenen fünfhundert Jahren.«
»Wir hatten Glück.«
»Nicht nur, Sperber. Ich scherze manchmal über eure elenische Logik, aber wir verdanken ihr, daß wir dem Bhelliom so nahe gekommen sind. Ein Zemocher ist keiner Logik fähig. Das ist Azashs Schwäche. Ein Zemocher denkt nicht, weil er es nicht nötig hat, denn Azash denkt für ihn. Deshalb braucht Azash unbedingt elenische Abtrünnige. Nicht ihre Anbetung will er, sondern ihren Verstand. Zemocher sammeln überall in den westlichen Königreichen alte Geschichten für ihn – so wie wir es getan haben. Azash glaubt gewiß, daß eine seiner Kreaturen auf die richtige Geschichte stoßen wird, und daß sich seine elenischen Vasallen dann die Bedeutung zusammenreimen können.«
»Das kann dauern!«
»Azash hat Zeit, im Gegensatz zu uns.«
In dieser Nacht hielt Sperber ein Stück vom Feuer entfernt Wache und blickte über den kleinen See, der im Mondschein glitzerte. Wieder erklang das Heulen der Wölfe in den düsteren Wäldern, doch jetzt erschien es ihm nicht mehr so unheilvoll. Der furchtbare Geist, der hier gespukt hatte, war für immer in festem Gewahrsam, und die Wölfe waren nun nur Wölfe und keine Unglücksboten. Der Sucher dagegen war etwas ganz anderes. Grimmig gelobte Sperber sich, daß er ihn bei ihrer nächsten Begegnung mit Aldreas' Speer durchbohren würde.
»Sperber, wo seid Ihr?« Es war
Weitere Kostenlose Bücher