Elenium-Triologie
»Mich beschäftigen andere Dinge.«
Sie seufzte. »Schade. Du gefällst mir, Freund. Wir hätten uns sehr gut amüsieren können.«
»Vielleicht ein andermal. Kannst du es einrichten, daß ich Krager und seinen Freund unbemerkt belauschen kann?«
Wieder seufzte sie. »Ich denke schon. Sie sind oben. Wir können Feders Kammer benutzen. Sie besucht ihre Mutter.«
»Ihre Mutter?«
»Auch Dirnen haben eine Mutter, weißt du? Feders Kammer ist gleich neben der, die Shanda ihrem Freund überlassen hat. Wenn du das Ohr an die Wand drückst, müßtest du hören können, was sie reden.«
»Gut. Gehen wir. Ich möchte nichts versäumen.«
Die Kammer am hinteren Ende des oberen Korridors war nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Eine Kerze brannte auf dem Tisch. Naween schloß die Tür, schlüpfte aus ihrem Gewand und streckte sich auf dem Bett aus. »Nur um den Schein zu wahren«, flüsterte sie, »falls jemand hereinschaut. Oder falls du dir es später doch noch anders überlegst.« Sie blinzelte ihm bedeutungsvoll zu.
»Welche Wand?« fragte er leise.
Sie streckte den Finger aus. »Die dort!«
Er ging zur anderen Seite und drückte das Ohr an die rußige Wand.
»… für meinen Herrn Martel«, sagte gerade eine bekannte Stimme. »Ich brauche einen Beweis, daß Euch wirklich Annias geschickt hat, und daß Eure Nachricht tatsächlich von ihm kommt!«
Es war Krager. Sperber grinste triumphierend und lauschte.
7
»Der Primas sagte schon, daß Ihr ein wenig mißtrauisch sein würdet«, erklang die hohe Stimme Harparins.
»Auf meinen Kopf ist hier in Cimmura ein Preis ausgesetzt«, erklärte Krager. »Unter diesen Umständen dürfte Vorsicht wohl angebracht sein.«
»Würdet Ihr die Signatur – und sein Siegel – erkennen, wenn Ihr es seht?«
»Ja«, antwortete Krager.
»Gut. Hier ist ein Pergament von ihm, das mich ausweist.
Vernichtet es, nachdem Ihr es gelesen habt.«
»Nein, das werde ich nicht. Martel möchte den Beweis gewiß mit eigenen Augen sehen. Warum hat Annias seine Anweisungen nicht einfach aufgeschrieben?«
»Überlegt doch, Krager«, sagte Harparin. »Eine Botschaft könnte in falsche Hände fallen.«
»Ein Bote ebenfalls. Habt Ihr je gesehen, was die Pandioner mit Leuten machen, die für sie interessante Nachrichten haben?«
»Wir nehmen doch an, Ihr sorgt dafür, daß man Euch nichts entlocken kann.«
Krager lachte spöttisch. »Täuscht Euch nicht, Harparin«, sagte er mit schleppender Stimme. »Mein Leben mag zwar nicht viel wert sein, aber es ist das einzige, das ich habe.«
»Ihr seid ein Feigling!«
»Und Ihr seid – was immer Ihr seid. Zeigt mir das Pergament.«
Sperber hörte Knistern. »Also gut«, erklang Kragers schwerfällige Stimme. »Das ist des Primas' Siegel.«
»Habt Ihr getrunken?«
»Natürlich. Was kann man in Cimmura denn sonst schon tun? Außer man hat andere Vergnügungen – wie Ihr, vielleicht.«
»Ich mag Euch nicht sehr, Krager.«
»Ich bin auch nicht gerade begeistert von Euch, Harparin. Aber wir können damit leben, nicht wahr? Also sagt mir schon, was Ihr ausrichten sollt, und dann geht. Euer Parfüm dreht mir so langsam den Magen um.«
Ein eisiges Schweigen folgte, dann erklang wieder des Barons Stimme, sehr deutlich, sehr betont, als spreche er zu einem Kind oder einem Dummkopf: »Hört gut zu, was Annias Martel ausrichten läßt: Er soll so viele Männer um sich scharen, wie er braucht, und sie alle in schwarze Rüstungen kleiden. Sie sollen die Banner der pandionischen Ritter tragen – jede Näherin kann sie anfertigen, wenn Martel sie aufzeichnet, er kennt sie. Dann sollen sie möglichst auffällig zur Burg von Graf Radun reiten, dem Oheim König Dregos' von Arzium. Wißt Ihr, wo sie liegt?«
»Auf der Straße von Darra nach Sarrinium, nicht wahr?«
»Stimmt. Graf Radun ist ein frommer Mann, er wird die Ordensritter ohne Zögern einlassen. Sobald Martel in der Burg ist, soll er alle Krieger töten, die sich dort aufhalten. Es dürfte keinen großen Widerstand geben, denn Radun unterhält nur eine kleine Wächterschar. Er hat eine Gemahlin und mehrere unverheiratete Töchter. Annias wünscht, daß ihnen allen mehrmals Gewalt angetan wird.«
Krager lachte. »Das würde Adus auch ohne Anweisung machen.«
»Gut. Aber sagt ihm, er braucht es nicht hinter verschlossenen Türen zu tun. Radun hat mehrere Kirchenleute in seiner Burg. Wir wollen, daß sie alle dabei zusehen. Wenn Adus und seine Männer mit dem Weibsvolk fertig sind, sollen
Weitere Kostenlose Bücher