Elenium-Triologie
noch sehr jugendlichen Ritter.
»Ich habe eine schlechte Neuigkeit für dich, Sperber«, sagte Kurik, als sie durchs Lager gingen, um die schlafenden Pandioner wachzurütteln.
»Heraus damit!«
»Der Führer der Kolonne ist nicht Martel.«
Enttäuschung brandete in Sperber auf. »Wer denn?«
»Adus. Sein Kinn war blutverschmiert. Ich glaube, er ißt wieder rohes Fleisch.«
Sperber fluchte.
»Sieh es doch so: Ohne Adus wird die Welt zumindest ein bißchen sauberer sein, und ich könnte mir vorstellen, daß Gott sich ihn sowieso vorknöpfen will.«
»Na, dann werden wir uns darum kümmern, daß Gott nicht mehr länger auf ihn warten muß.«
Sperbers Ritter halfen einander in die Rüstungen, als Kalten ins Lager trabte. »Sie haben hinter dem Berg südlich der Burg angehalten«, meldete er, ohne abzusitzen.
»Wäre es nicht möglich, daß sich Martel irgendwo in ihrer Mitte aufhält?« fragte ihn Sperber hoffnungsvoll.
Kalten schüttelte den Kopf. »Ich fürchte nein.« Er richtete sich in den Steigbügeln auf und rückte das Schwert zurecht. »Greifen wir sie doch gleich jetzt an«, schlug er vor. »Mich friert.«
»Ich glaube, Graf Radun wäre sehr enttäuscht, wenn wir ihm keine Gelegenheit gäben mitzukämpfen.«
»Da magst du allerdings recht haben.«
»Ist dir irgend etwas Ungewöhnliches an den Söldnern aufgefallen?«
»Nein, außer daß sie gewiß nicht zur Elite gehören – und gut die Hälfte sind Rendorer.«
»Rendorer?«
»Sie riechen nicht sehr gut, oder?«
Sephrenia kam mit Parasim und Flöte auf sie zu.
»Guten Morgen, Sephrenia«, grüßte Sperber sie.
»Warum die Geschäftigkeit?« erkundigte sie sich.
»Wir bekommen Besuch und dachten, wir sollten ihm vielleicht entgegenreiten.«
»Martel?«
»Nein, leider nur Adus und ein paar Freunde.« Er klemmte sich den Helm, den er bisher in der Hand gehalten hatte, unter den linken Arm. »Da Martel sie nicht führt und Adus schon Schwierigkeiten mit seiner Muttersprache hat, also wohl kaum ein Wort Styrisch herausbringen würde, glaube ich nicht, daß irgend jemand unter ihnen ist, der genug Zauberkraft besitzt, auch nur eine Fliege von der Wand zu jagen. Ich fürchte, das bedeutet, daß Ihr den anstrengenden Ritt umsonst auf Euch genommen habt. Ich möchte, daß Ihr Euch hier im Wald versteckt haltet, wo Ihr in Sicherheit seid. Ritter Parasim wird bei Euch bleiben.«
Enttäuschung beschattete das Gesicht des jungen Ritters.
»Nein, Sperber«, lehnte Sephrenia ab. »Ich brauche keinen Beschützer, und dies ist Parasims erste Schlacht. Wir sollten sie ihm nicht vorenthalten.«
Parasims Gesicht leuchtete dankbar auf.
Kurik kehrte durch den Wald von seinem Posten zurück, wo er den Gegner beobachtet hatte. »Die Sonne geht auf«, meldete er, »und Adus führt seine Männer über die Kuppe jenes Hügels.«
»Dann reiten wir wohl besser los«, sagte Sperber.
Die Pandioner schwangen sich in die Sättel und ritten vorsichtig durch den Wald zum Rand der weiten Wiese, die Graf Raduns Burg umgab. Dort warteten sie und beobachteten die schwarzgerüsteten Söldner, die im Schein der goldenen Morgensonne den Hang heruntertrabten.
Adus, der nur in Grunz- und Rülpslauten sprach, ritt zum Burgtor und las stockend von einem Blatt Papier, das er in Armlänge vor sich hielt.
»Kann er denn nicht frei reden?« fragte Kalten leise. »Er bittet doch nur, in die Burg eingelassen zu werden.«
»Martel will kein Risiko eingehen«, erwiderte Sperber. »Bei Adus kann es schon vorkommen, daß ihm nicht einmal sein eigener Name mehr einfällt.«
Adus las seine Bitte vor. Er stolperte über das Wort »einzulassen« – es hatte ja auch mehr als eine Silbe.
Da erschien Graf Radun auf der Brustwehr und erklärte bedauernd, daß die Winde gebrochen sei, mit der die Zugbrücke hinuntergelassen wurde. Er bat seine Besucher, ein wenig Geduld zu haben, bis sie gerichtet sein würde.
Adus brauchte eine Weile, bis er das begriff und darüber nachgrübelte. Die Söldner saßen ab und machten es sich im Gras am Fuß der Burgmauer bequem.
»Das verspricht ja, fast zu einfach zu werden«, brummte Kalten.
»Wir müssen jedenfalls dafür sorgen, daß keiner entkommt«, erinnerte ihn Sperber. »Ich möchte nicht, daß jemand zu Annias reitet und ihm berichtet, was wirklich geschehen ist.«
»Ich finde immer noch, daß Vanion es zu schlau anzugehen versucht.«
»Vielleicht ist er deshalb Hochmeister, und wir sind nur Ritter.«
Ein rotes Banner flatterte plötzlich
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