Elenium-Triologie
einer Morgenmesse in den Klingelbeutel. Geben wir Annias einen ganzen Tag, seinen Triumph auszukosten, ehe er nach Chyrellos aufbricht. Tragt gewöhnliche Kleidung, wenn Ihr den Dom aufsucht, und betet ein bißchen – damit es überzeugend wirkt. Und laßt Euch nicht in der Nähe des Ordenshauses oder der Herberge an der Rosenstraße sehen.« Er blickte den Jüngling an, und erneut befiel ihn Trauer über den Verlust von Ritter Parasim. »Ich kann Euch nicht garantieren, daß keine Gefahr für Euer Leben besteht, Berit«, sagte er ernst, »darum kann ich Euch nicht befehlen, diesen Auftrag zu übernehmen.«
»Ein Befehl ist unnötig, Ritter Sperber«, versicherte ihm Berit.
»Gut. Holt jetzt Euer Pferd. Ihr habt einen weiten Ritt vor Euch.«
Es war fast Mittag, als Sperber und Graf Radun die Burg verließen.
»Wann, glaubt Ihr, könnte Primas Annias frühestens in Chyrellos sein?« fragte der Graf.
»In zwei Wochen. Berit muß erst in Cimmura eintreffen, ehe Annias aufbrechen kann.«
Kurik ritt auf sie zu. »Alles bereit!« meldete er Sperber.
Sperber nickte. »Dann hol jetzt Sephrenia.«
»Ist das wirklich eine so gute Idee, Sperber? Es könnte in Chyrellos gefährlich werden.«
»Möchtest du ihr sagen, daß sie hierbleiben muß?«
Kurik wand sich. »Ich verstehe, was du meinst.«
»Wo ist Kalten?«
»Drüben am Waldrand. Aus irgendeinem Grund schürt er ein Freudenfeuer.«
»Vielleicht ist ihm kalt.«
Die Wintersonne schien strahlend am eisblauen Himmel, als Sperber und sein Trupp aufbrachen. »Gewiß wäre das Kind in den Mauern meiner Burg besser aufgehoben, Erhabene«, wandte Graf Radun sich an Sephrenia.
»Sie würde nicht bleiben, Herr Graf«, entgegnete Sephrenia leise. Sie drückte die Wange an Flötes Haar. »Außerdem«, fügte sie hinzu, »ist es mir ein großer Trost, sie bei mir zu haben.« Sie sah sehr bleich und müde aus, und ihre Stimme klang schwach. In einer Hand trug sie Ritter Parasims Schwert.
Sperber trieb Faran neben ihren Schimmelzelter. »Fühlt Ihr Euch nicht gut?« fragte er.
»Nicht sonderlich«, gestand sie.
»Woran liegt es?« fragte er besorgt.
»Parasim war einer der zwölf Ritter im Thronsaal von Cimmura.« Sie seufzte. »Ich muß nun seine Bürde zusammen mit meiner eigenen tragen.« Sie schwenkte leicht das Schwert.
»Ihr seid doch nicht krank, oder?«
»Nicht auf die Weise, die Ihr meint, nein. Ich werde nur eine Weile brauchen, mich an die zusätzliche Last zu gewöhnen.«
»Besteht die Möglichkeit, daß ich sie Euch abnehme?«
»Nein, Lieber.«
Er holte tief Atem. »Sephrenia, hängt Parasims Geschick mit dem zusammen, was mit den zwölf Rittern geschehen wird?«
»Das ist sehr schwer zu beantworten, Sperber. Der Pakt, den wir mit den Jüngeren Göttern schlossen, bestimmt das nicht so genau.« Sie lächelte schwach. »Doch wenn in diesem Mond ein zweiter Ritter fallen sollte, wissen wir, daß es lediglich ein trauriger Zufall war und nichts mit dem Pakt zu tun hatte.«
»Heißt das, daß wir jeden Monat einen der zwölf verlieren werden?«
»Mond!« verbesserte sie. »Alle achtundzwanzig Tage. Höchstwahrscheinlich. Die Jüngeren Götter neigen dazu, in diesen Dingen methodisch vorzugehen. Macht Euch um mich keine Sorgen, Sperber. Ich werde mich bald daran gewöhnt haben und mich wieder besser fühlen.«
Von der Burg Graf Raduns nach Darra waren es hundertachtzig Meilen. Am Morgen des vierten Tages ihrer Reise sahen sie von einer Hügelkuppe aus die roten Ziegeldächer der Stadt unter sich und den blassen Rauch Hunderter von Schornsteinen steil in der windstillen Luft aufsteigen. Ein schwarzgerüsteter Pandioner erwartete sie auf dem Hügel.
»Ritter Sperber«, grüßte er und hob das Visier.
»Ritter Olven!« Sperber kannte das narbige Gesicht des Kämpen.
»Ich habe eine Nachricht von Hochmeister Vanion. Er ersucht Euch, in größter Eile nach Cimmura zurückzukehren.«
»Nach Cimmura? Warum diese Änderung des Planes?«
»König Dregos ist dort eingetroffen und hat Wargun von Thalesien und Obler von Deira eingeladen. Er möchte die Krankheit Königin Ehlanas untersuchen – und ob die Ernennung des Bastards Lycheas als Prinzregent gerechtfertigt ist. Vanion glaubt, daß Annias seine Anklage gegen unseren Orden bei dieser Sitzung erheben wird, um von einer Untersuchung abzulenken, die sich als peinlich für ihn erweisen könnte.«
Sperber fluchte. »Berit hat inzwischen einen beachtlichen Vorsprung. Sind bereits alle Könige in Cimmura
Weitere Kostenlose Bücher