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Elf Leben

Elf Leben

Titel: Elf Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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ungewöhnlichen Tagesrhythmus geeicht, liegt meist noch eine Weile wach, nachdem Pippa eingeschlafen ist, was sie praktisch immer direkt nach dem Sex tut. Heute Nacht, wie in anderen Nächten zuvor, betrachtet er ihr Gesicht, streichelt sanft ihren Arm und bewundert die Sommersprossen, die der Vollmond in ein sanftes Licht taucht. Sie atmet langsam, jedes Ausatmen dauert ein wenig länger, als Xavier erwartet.
    Er ist erst seit ein paar Minuten eingeschlafen, da kommt von oben ein lautes Krachen, und die beiden sitzen kerzengerade im Bett.
    »Was ist, was ist?«, murmelt Pippa, noch halb im Schlaf.
    Er greift nach ihrer Hand und verflicht seine Finger mit ihren.
    »Alles in Ordnung. Das ist nur … oben.«
    Sie beugt sich über ihn und schaltet die Nachttischlampe an. Sie sitzen da, halten beide den Atem an. Von jenseits der Decke kommen laute Stimmen, die Xavier und Pippa unweigerlich hören, wie die Geräusche von einem Film im Kinosaal nebenan. Tamaras wütendes Gekreische wird von den näselnden Schreien ihres Freundes gekontert. Es folgen ein paar dumpfe Schläge, Schreie, ein weiteres Krachen und dann Stille. Unten heult Jamie, und die beiden hören, wie sich Mel erschöpft aus dem Bett quält, um ihn zu beruhigen. Dann ist es still. Xavier hat das Gefühl, ganz London müsste so atemlos lauschen wie Pippa und er, aber nein, niemand sonst weiß, was hier vor sich geht. Dieses Wissen macht ihm plötzlich Angst. Xavier hält noch immer Pippas Hand. Er denkt daran, wie er einmal als Achtjähriger aus einem Alptraum erwachte und nach seiner Mutter schrie, in einem Urlaub im Outback. »Ist doch wieder gut!«, sagte sie, während er die Laken wie ein Wilder nach imaginären Schlangen durchwühlte. »Sie sind weg! Ich meine, sie waren nie da«, korrigierte sie sich.
    Gerade als es scheint, als würde die Stille die wie auch immer gearteten Ereignisse schlucken, auf die sie folgte, hören sie, wie Tamaras Wohnungstür mit voller Wucht aufgeworfen wird, und unmittelbar darauf schreien sich die beiden erneut an.
    »Lass uns mal hochgehen.« Pippas blassblaue Augen glänzen im Dunkel.
    »Was?«
    »Lass uns mal hochgehen und gucken, ob wir helfen können.«
    »Aber –«
    »Da stimmt was nicht, Xavier.«
    Xavier beginnt wieder zu protestieren, erinnert sich aber dann an den Streit, den sie schon einmal über dieses Thema hatten. Pippa ist bereits halb an der Tür, in einem langen T-Shirt von einem alten Sportwettkampf und einem Slip; sie schläft nie nackt. »Kann man nicht machen«, hatte sie Xavier nach der ersten gemeinsamen Nacht in seinem Bett erklärt. »Man weiß nie, was passiert.« Recht hat sie, denkt er gequält, während er in Unterhosen herumtappt und sich etwas zum Anziehen zusammensucht. Er folgt ihr hinaus auf den Treppenabsatz, wo die beiden halbnackt zusehen, wie Tamaras Freund die Treppe hinunterstampft, die Tasche über der Schulter und das Hemd, wie Xaviers Mum sagen würde, »kreuz und quer geknöpft«. Er sieht die beiden scharf an.
    Xavier erwidert seinen Blick. Tamaras Freund hat einen blauen Fleck am Auge, den auch seine schnell hochspringende Hand nicht mehr rechtzeitig verdecken kann. An der Unterlippe ist ein älterer Schnitt. Xavier macht einen langen, zitternden Atemzug und spürt, wie sein Magen ein Stück tiefer sackt.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragt Pippa den Mann ziemlich kleinlaut.
    Er sieht Pippa an und scheint eine aggressive Erwiderung auf den Lippen zu haben, entscheidet sich dann aber dagegen.
    »Danke, alles bestens, alles bestens!«, antwortet er schließlich nur, und der Groll in seiner Stimme macht die beiden etwas verlegen. »Schön, dass endlich mal jemand fragt!«
    Xavier hustet.
    »Was meinen Sie?«, fragt Pippa.
    »Hätte nicht mal irgendwann jemand hochkommen und nachsehen können, was los ist? Mal irgendeine Art von Interesse zeigen?«
    »Haben wir ja«, beginnt Pippa.
    »Ich wohne hier«, wendet Xavier ein. »Sie wohnt nicht hier.«
    »Also, ich kann nur sagen, es wäre schön gewesen, etwas Unterstützung zu haben«, sagt der Mann etwas wirr; es ist nicht ganz klar, ob er so richtig weiß, was er meint. »Es wäre schön gewesen, wenn mal jemand hochgekommen wäre und gefragt hätte: Was ist hier los? Dann hätte sie es nicht so leicht gehabt, mich andauernd zu vermöbeln. Was meint ihr?«
    Xavier und Pippa stehen sprachlos da, sehen weder ihn an noch einander.
    »Schon klar, ich weiß, was ihr jetzt denkt«, redet der Mann weiter, »warum ist er dann immer

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