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Elf Leben

Elf Leben

Titel: Elf Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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»großer Fan« vor und lotst ihn mit der geübten Leichtigkeit von jemandem, der ständig vertrauliche Gespräche einfädelt, nach nebenan in einen leeren Veranstaltungsraum.
    »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich am Samstagabend mit Ihnen über trockenen Geschäftskram rede«, sagt Paul Quillam und macht sich nicht einmal die Mühe, so zu klingen, als würde es ihn interessieren, wenn Xavier tatsächlich etwas dagegen hätte.
    »Nein, kein Problem«, erwidert Xavier.
    »Die Sache ist die. Ich bin ein großer Fan von Ihnen, wie ich schon sagte. Und ich glaube, ich spreche für so ziemlich jeden hier, wenn ich sage, dass wir sehr beeindruckt sind von dem, was Sie geschafft haben: Die Nachtschicht, praktisch eine tote Zeit, ist durch Sie zu etwas ganz Besonderem geworden.«
    »Danke.« Xavier weiß nie genau, wie er auf diese Schmeicheleien reagieren soll, die kommen, bevor es zur Sache geht.
    Zum Glück redet Quillam nicht lange um den heißen Brei herum.
    »Ich frage mich nun – und ich habe auch schon mit anderen darüber gesprochen –, ob wir Ihr Potenzial nicht besser nutzen können, indem wir Sie einem größeren Publikum präsentieren. Ich weiß, Sie sind wahrscheinlich sehr zufrieden mit der bisherigen Zeit«, sagt er und hebt vorbeugend die Hand, um Einwände abzuwehren. »Ich weiß, Sie fühlen sich sehr wohl zwischen Mitternacht und vier Uhr. Ich will nur sagen – ich bin mir im Klaren darüber, dass andere Sie gern abwerben würden, aber wir betrachten Sie als äußerst geschätzten Mitarbeiter, und ich möchte, dass sich das in Ihrem Sendeplatz widerspiegelt. Macht das Sinn? Stört es Sie übrigens, wenn ich rauche?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, führt Paul Quillam Xavier hinaus auf einen gepflasterten Bereich. Er zündet sich eine Zigarette an und beschirmt sie mit der gewölbten Hand. Xavier weiß, dass auf all den Honig, der ihm um den Bart geschmiert wird, ein konkretes Angebot folgen wird.
    Nachdem Paul Quillam ein paar Mal zufrieden an der Zigarette gezogen hat, lächelt er Xavier kurz an, schnippt Asche auf den Boden und sieht ihm in die Augen.
    »Wir möchten – ich möchte«, sagt er und legt Xavier die Hand auf die Schulter, »dass Sie wenigstens mal darüber nachdenken, ob Sie sich irgendetwas von acht bis Mitternacht vorstellen könnten, oder von neun bis eins, eine Abendsendung. Primetime. Mit entsprechendem Gehalt natürlich. Wie Sie vielleicht wissen, wollen wir aber auch die Organisation des Senders ganz neu aufziehen. Sie wären nicht nur in London zu hören, sondern landesweit.«
    »Landesweit?«
    »Und mit einer viel stärkeren Online-Komponente und so weiter. Sie würden sehr viel mehr Hörer erreichen. Was Sie verdienen, wie wir finden.«
    Xaviers Gedanken streifen Iris in Walthamstow, den depressiven Lehrer Clive Donald, die Lkw-Fahrer, die Poeten, die Glücklosen und Ruhelosen, die ganze Mitternacht-bis-vier-Uhr-morgens-Menge derer, denen seine Stimme mittlerweile eine vertraute Gesellschaft geworden ist.
    »Also, mir war immer etwas unwohl beim Gedanken an einen anderen Sendeplatz«, sagt Xavier, »denn ich –«
    »Rauchen Sie eigentlich? Wie unhöflich von mir.«
    Es war unhöflicher, mich zu unterbrechen, denkt Xavier. Er redet weiter.
    »Äh, nein, danke. Weil – wissen Sie, viele von den Leuten, die in der Sendung anrufen, sind so etwas wie … sie sind sehr treue Hörer, und …«
    Quillam nickt.
    »Sicher, natürlich. Nun, mehrere Dinge. Erstens glaube ich, Sie werden feststellen, dass Ihre Fans Ihnen in die neue Sendezeit folgen. Vielleicht bekommen alle auf diese Weise etwas mehr Schlaf.« Sein Mund verzieht sich kurz zu einem glatten Lächeln, und Xavier lächelt halb mit. »Zweitens spricht ja nichts dagegen, die Late-Night-Sendung weiterzumachen, wenn auch vielleicht nur an einigen Tagen. Sie könnten an fünf Abenden die große Sendung moderieren, und Late Lines dann mittwochs, donnerstags … ganz wie Sie mögen.«
    Xavier fährt sich mit der Zunge über die Lippen. An der dickeren Lohntüte liegt ihm nicht viel, auch wenn sie nicht schaden würde; aber der Gedanke, ein größeres Publikum zu erreichen, bewegt etwas in seinem neu belebten Hirn, berührt kleine Druckpunkte des Ehrgeizes oder der Sehnsucht, die zuvor verschüttet waren.
    »Und außerdem« – Quillam drängt weiter, er spürt, dass er einen kleinen Schritt weitergekommen ist – »haben wir ein paar echt gute Leute unter Vertrag genommen, mit denen Sie sicher gern

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