Elfen-Jagd
sind abgeschlossen.«
Krach hatte viel länger als ein Oger gelebt und gedacht, als er mit Intelligenz gelebt und gedacht hatte. Nun griff er auf nützliche alte Gewohnheiten zurück. Er stieß ein Brüllen aus, hob den Sarg empor und schleuderte ihn gegen die Wand. Der Sarg bekam einige Risse und fiel zu Boden, worauf ein paar Steine aus der Decke auf ihn herabprasselten. Aus einer Ritze floß übelkeitserregender Schleim.
»Na ja, vielleicht lassen sich die Verhandlungen ja doch noch wieder aufnehmen«, meinte die Stimme aus dem Sarg ein wenig erschüttert. »Was hältst du von einem Seelentausch?«
Krach ballte erneut seine Riesenfaust. »Moment!« rief die Stimme alarmiert. Anscheinend war sie es nicht gewohnt, mit echten Bestien zu verhandeln. »Ich selber sammle nur die Seelen ein, ich bin nicht befugt, sie zurückzugeben. Wenn du die Seele des Mädchens jetzt sofort wiederhaben willst, bleibt dir nur die Möglichkeit, sie gegen eine andere einzutauschen.«
Der Oger dachte nach. Er könnte den Sarg samt seinem Bewohner zu Klump hauen, aber das hieß noch nicht, daß er auf diese Weise Tandys Seele zurückbekommen würde. Und wenn sie sich im Sarg befinden sollte, würde sie vielleicht bei der Prügelei verletzt. Vielleicht war es ja doch besser, zu feilschen. »Welche Seele?«
»Irgendeine andere, natürlich. Wie wär’s mit deiner?«
Dieser Kasten hielt ihn anscheinend für einen typischen dummen Oger. »Nein.«
»Na gut, dann die eines anderen. Wie wär’s mit der Seele der üppigen reifen Nymphe dort draußen in Xanth, die, die manchmal einen Fischschwanz hat? Wahrscheinlich hat sie eine richtig leckere, kurvige, saftige Seele.«
Krach überlegte wieder. Mit einer unogerhaften ethischen Präzision entschied er, daß er nicht befugt war, die Sirene ungefragt zu etwas zu verpflichten. »Ihre Seele nicht. Und meine auch nicht.«
»Dann muß die Seele des Mädchens hierbleiben.«
Krach nahm eine weitere faulige Duftwolke wahr, die aus dem Sarg emporstieg, und erkannte, daß Tandys Seele hier unmöglich herumliegen und verfaulen durfte. Er hielt den Vertrag, durch den der Sarg in den Besitz von Tandys Seele gelangt war, immer noch für ungültig. Krach beugte sich vor, um den angeschlagenen Sarg wieder aufzunehmen.
»Warte!« rief die Stimme. »Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Wir könnten einen Pfandvertrag abschließen.«
Der Oger hielt inne. »Erklär mir das mal.«
»Ein Pfand ist ein Anspruch auf den Besitz eines anderen, als Sicherheit für eine Schuld«, erklärte der Sarg. »Eine Verpfändung deiner Seele würde bedeuten, daß du dich bereit erklärst, die Seele des Mädchens durch eine andere zu ersetzen – und wenn du das dann nicht tust, ist deine eigene Seele verloren. Aber in der Zwischenzeit behältst du deine eigene Seele, jedenfalls zum größten Teil.«
Das klang vernünftig. »Wie lange dauert diese Zwischenzeit?«
»Sagen wir dreißig Tage?«
»Sechs Monate«, sagte Krach. »Hältst du mich für blöd?«
»Ja, das habe ich wohl getan«, gestand der Sarg. »Schließlich bist du ja ein Oger, und es ist allgemein bekannt, daß die Oger ihr Gehirn zum größten Teil in ihren Muskeln haben. Tatsächlich besteht ihr Gehirn wohl überwiegend aus Muskeln.«
»Das stimmt nicht«, entgegnete Krach. »Der Schädel eines Ogers ist nicht mit Muskeln gefüllt, sondern mit Knochen.«
»Da habe ich wieder was dazugelernt. Mein Schädel ist mit Nekrose gefüllt. Wie wär’s mit sechzig Tagen?«
»Vier Monate.«
»Teilen wir uns die Differenz: Neunzig Tage.«
»In Ordnung«, willigte Krach ein. »Aber ich bin nicht der Meinung, daß du überhaupt irgendein Recht auf irgendeine Seele hast, nur weil du ein unschuldiges Mädchen verführt hast, ihre umsonst herzugeben.«
»Bist du sicher, daß du wirklich ein Oger bist? Du hörst dich gar nicht an wie einer.«
»Ich bin ein Oger«, versicherte Krach. »Soll ich dich noch ein bißchen in der Gegend rumschmeißen, um es dir zu beweisen?«
»Nicht nötig«, erwiderte der Sarg hastig. »Wenn du mit den Grundlagen unserer Verträge nicht einverstanden bist, mußt du dich an den Chef wenden. Das ist der Nachthengst. Der entscheidet über die allgemeinen Geschäftsbedingungen.«
»Das Dunkle Pferd?«
»So in etwa. Manche nennen ihn auch so, ja. Er herrscht über die Nachtmährenherde.«
Da begannen ja einige Dinge plötzlich zusammenzupassen! »Hier leben die Nachtmähren? Am Tag, wenn sie gerade nicht unterwegs sind, um Schlafende
Weitere Kostenlose Bücher