Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
kann!“, bekannte Mergun schließlich.
„Der Berg ist nicht so öd und leer, wie er Euch im Moment erscheinen mag, Mergun!“
„Nein? Ich finde ihn trostlos. Nicht einmal Schnee ist hier zu finden, wie es auf normalen Bergen üblich ist.“ Lari fasste nach seiner Hand.
„Kommt, ich zeige Euch diesen Berg!“
„Gerne“, erwiderte Mergun und ließ sich von ihr mitziehen.
Schnell kletterten sie über den steinigen Untergrund.
Nebel umgab sie, obwohl die Wolkendecke einige hundert Meter unterhalb der Gipfelregion lag. Dieser Nebel war so rasch aufgezogen, dass es fast unnatürlich schien. Aber was war an diesen Götterberg schon gewöhnlich? Als Mergun sie nach der Ursache des plötzlichen Nebels fragte, antwortete sie: „Die Sterblichen lieben es so.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Der Mensch möchte, dass die Götter, die er sich nach seinen Bild geschaffen hat, von einen Nebel verhüllt werden.
Sie wollen schemenhafte Gestalten, Ahnungen - aber nicht die Wahrheit.“
Mergun lachte.
„Ich beginne fast, mich ein wenig zu bedauern.“
„Weshalb?“
„Weil ich ein Gott bin - ein Sklave des Menschen.“
„Die Sklaverei des einen lässt sich ertragen, die des anderen weniger.“
„Was meint Ihr damit, Lari?“
„Nun, Ihr beispielsweise gehört der ersten Art an.“
„Ich verstehe nicht -?“
„Ihr seid zwar ein Gefangener, Mergun. Aber Eure Gefangenschaft findet in einen goldenen Käfig statt, in den es sich wohl leben lässt. Mir dagegen hat man einen Hühnerstall zugedacht...“ Als sie sah, wie sich Merguns Züge verhärteten, lächelte sie und schenkte ihm einen wohlwollenden Blick ihrer braunen Augen. „Ich weiß, dass Ihr nichts dafür könnt, Mergun. Ihr habt Euch den Käfig -
den goldenen - nicht ausgesucht.“ Sie schluckte. „Und ich mir meinen ebenfalls nicht.“
*
Aus den Nebel, der immer dichter zu werden schien, tauchte ein Altar auf, auf dem - wie sich herausstellte, ein Buch lag.
„Dies ist das Buch der Götter!“, erklärte Lari und Mergun erstarrte. „Ihr habt sicher schon von ihm gehört, nicht wahr, Mergun?“ Er nickte.
„Ja, das habe ich.“
Sie traten an den Altar heran und er löste seine Hand aus der ihren. Dann beugte er sich über den uralten, halbvermoderten Einband des Buches der Götter. Lange war es her, zu jener Zeit, da er noch kein Gott, sondern ein Sterblicher gewesen war: Ein Wanderer auf der Suche nach Dhum, jenem geheimnisvollen Land, von dem es hieß, dass dort die Träume der Menschen in Erfüllung gingen, dessen Existenz aber keineswegs bewiesen war...
Einst hatte er den Uytrirran besteigen wollen (diesen Plan aber später wieder aufgegeben), um in dieses Buch schauen zu können, denn es war ihm gesagt worden, dass hier der Weg nach Dhum beschrieben wer.
Und nun lag es vor ihm, zum greifen nahe...
„Wie viele Menschenalter lang müssen die Götter vergangener Zeiten an diesen Werk geschrieben haben!“, rief er aus. „Ich habe gehört, dass es Antworten auf alle Fragen, die Lösung aller Geheimnisse und die Summe allen Wissens und aller Erkenntnis enthält!“
Mergun klappte den Einband beiseite und schlug die erste Seite auf. Es roch nach Moder, nach Verwesung - nach Staub. Merguns Blick glitt über die Schriftzeichen, die auf den äonenalten Bögen aneinandergereiht waren. Sie schienen bedeutungsvoll, obwohl Mergun sie nicht lesen konnte.
Sie gehörten zu keiner Schrift, die ihn bekannt war.
„Seid vorsichtig, Mergun!“, sagte Lari, als Mergun eine andere Seite aufschlug. „Dieses Buch besitzt einen großen Wert sowohl für uns Götter wie auch für die Sterblichen!“
„Was bedeuten die Zeichen, Lari? Lies mir aus den Buch vor!“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann diese Zeichen nicht lesen, Mergun. Niemand kann das mehr. Es ist versäumt worden, sie zu übersetzen und jetzt ist es dafür zu spät.“ Lari zuckte mit den Schultern. „Jene Götter, die es schrieben, sind längst nicht mehr am leben, kein Sterblicher glaubt noch an sie. Dieses Buch ist älter als der älteste unter den Göttern... Ihr seht, um welch gewaltige Zeitspannen es hier geht...“
Mergun zog die Brauen in die Höhe.
„Man sollte dieses Buch verbrennen!“, brummte er.
„Aber bedenkt seinen Wert, Mergun!“
„Wert? Wo ist da ein Wert, Lari? Meint Ihr vielleicht den Wert des Papiers? Und den des Leders, aus den der Einband ist? Das Papier ist zerfetzt und vergilbt und das Leder halb vermodert!“
„Es ist viel mehr, als
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