Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
nur ein Buch. Es ist die Grundlage unserer Kultur, der Ursprung der Geschichte. Es ist eine Art Artefakt geworden!“
Lari nahm ihn wieder bei der Hand und führte ihn weiter durch den Nebel.
„Wir gelangen jetzt zum Wohnsitz der Götter“, erklärte sie. „Der Nebelburg. Kommt, ich zeige sie Euch!“
Sie wollte ihn mitziehen, aber Mergun blieb stehen.
„Als ich von hoch oben - von Kriins Himmelswagen aus - auf diesen Berg blickte, konnte ich nirgends eine Burg - oder etwas Ähnliches - erkennen.“
„Das mag sein. Die Nebelburg ist nicht immer sichtbar. Warum sollte sie auch, schließlich ist sie der Wohnsitz der erhabenen Götter.“ Aber Mergun wollte noch immer nicht mitgehen.
„Ich habe kein gutes Gefühl, Lari.“
„Es ist nicht gefährlich, Mergun! Bestimmt!“
„Es ist stets gefährlich, sich in die Nähe von Göttern zu begeben!“
„Wie könnt Ihr so etwas sagen, Mergun! Seid Ihr nicht selbst ein Gott?“
„Ja, das bin ich, aber früher gehörte ich einmal zu den Sterblichen.
Ich kann meine Herkunft nicht vergessen. Ich habe mit dem Schwert gegen die Götter gekämpft, und ich habe zwei von ihnen besiegt!“
„Wenn Ihr denkt, dass Ihr deshalb etwas besonderes seid, dann irrt Ihr Euch. Sehr vielen ging es wie Euch!“
Mergun musterte sie und blickte in ihre braunen Augen, die so warm und wenig göttlich waren.
„Noch seht Ihr sehr menschlich aus, Lari. Aber wie lange noch?
Irgendwann werdet Ihr Euch einen Schwanz wachsen lassen oder ein zweites Paar Augen. Oder Euer Charakter wird sich deformieren...
Über kurz oder lang werden wir alle wohl zu etwas Kaltem, Nichtmenschlichem - der Kälte der Finsternis zwischen den Sternen verwandter, als den Lebewesen, die dieses Universum bevölkern...“ Lari schwieg einen Moment. Sie schien nicht weiter über diese Angelegenheit sprechen zu wollen und meinte daher unvermittelt:
„Kommt jetzt! Ihr habt wirklich nichts zu befürchten. Seid Ihr nicht ein Gott und habt Ihr nicht genug Macht und Stärke, um frei von Angst zu sein?“
Lari zog ihn mit sich und er folgte ihr - wenn auch widerwillig.
Bald darauf tauchte aus dem Nebel die Silhouette einer Burg auf.
Es musste die Nebelburg sein, die Residenz der Götter, in vielen Liedern und Sagen besungen und verherrlicht. Aber Mergun hatte nie ernsthaft an ihre Existenz geglaubt. Er hatte sie vielmehr für eine Erfindung der Barden und Geschichtenerzähler gehalten.
Mergun und Lari passierten die heruntergelassene Zugbrücke und das Burgtor. Das Alter dieses Bauwerks war schwer zu schätzen.
Vielleicht war es so alt wie die Menschheit selbst und doch zeigte es keine Anzeichen übermäßigen Verfalls. Stolz und arrogant stand sie da! Wie viel Macht war in ihr vereint - und wie viel Ohnmacht...
Mergun liefen Schauder über den Rücken.
Sie gingen zusammen über den Burghof und kamen an Stallungen vorbei. Seltsame, mitunter skurrile Wesenheiten wurden in ihnen beherbergt, wie Lari ihm berichtete: die Reittiere der Götter, darunter die eigenartigsten Monstren. Scheußliche Schreie und Tierlaute drangen an Merguns Ohr.
Dann führte Lari ihn in eines der Häuser. Von außen hatte es schrecklich düster und abweisend ausgesehen. Aber als sie eintraten, war Mergun überwältigt von dem Licht und dem Glanz, der hier zu finden war. Kostbare Gobelins bedeckten die Wände und wertvolle Teppiche den Boden. Die Möbelstücke waren mit kunstvollen Schnitzereien verziert. Lari bemerkte, wie Mergun stehen geblieben war, um diese Pracht zu bewundern.
„Gefällt Euch dieser Raum?“, fragte sie lachend.
„Ich habe noch nie einen gesehen, dessen Ausstattung kostbarer gewesen wäre.“
„So sind die meisten Räume hier.“
„Die Götter leisten sich großen Luxus!“
„Ja, Mergun, das ist wahr. Aber steht es uns denn nicht zu? Wir sind schließlich die Götter - dazu ausersehen, über die Sterblichen zu herrschen...“
Mergun schwieg.
„Kommt, ich führe Euch zu den anderen Göttern. Sie pflegen um diese Zeit meistens zu tafeln!“
Mergun folgte Lari in einen anderen Raum. Die Götter - unter ihnen die seltsamsten und bizarrsten Geschöpfe! - saßen an einer langen Tafel und erfüllten die Luft mit ihrem zänkischen Stimmengewirr und zügellosen Geschmatze. Die Geräuschkulisse schien Mergun der eines Schweinestalls nicht unähnlich.
Als die Götter des Neuankömmlings gewärtig wurden, kehrte bald Stille ein.
„Wen bringt Ihr uns denn da mit, Lari?“, fragte eine Frau, aus deren
Weitere Kostenlose Bücher