Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
Götter!
Es kommt einst ein Gericht,
Noch blutiger als eine Schlacht.
Euer Blut wird`s sein, das fließt,
Wenn der Henkersknecht lacht.`“
Ein Schauder packte Mergun, als er diese Zeilen hörte. Spürst du es, Mergun? Spürst du, wie du bereits wie ein Gott denkst? Wie du bereits wie Ahyr denkst? Spürst du es? fragte eine Stimme in ihm.
Aber das Lied ging noch weiter und Mergun fand es so faszinierend, dass er stehen blieb und weiter zuhörte:
„Òh, Ihr Götter!
Verflucht sollt Ihr sein!
Lange habt Ihr uns geknechtet,
Habt uns geschunden und ausgenutzt,
Und viel zu lang entrechtet.
Òh, Ihr Götter!
Wie lang noch wollt Ihr Kriege führ`n?
Wie lang wollt Ihr bleiben noch?
Was glaubt Ihr wohl, wie lang
Werden wir ertragen Euer Joch?
Ihr Götter, fürchtet Euch!
Es kommt einst ein Gericht,
In einer vom grellen Feuer erhellten Nacht.
Euer Blut wird`s sein, das fließt,
Und der kleine Mann, der lacht.`”
Noch ehe der letzte Akkord der Laute verklungen war, kam der tosende Beifall und der Sänger, ein Mann mit langem Bart und einem kurzen Schwert an der Seite, bedankte sich.
Mergun betrat nun die Taverne. Zunächst musterte er den Raum, in dem er sich befand und setzte sich dann zu dem Sänger an den Tisch.
„Ich habe Euer Lied gehört, Herr. Wer seid Ihr?“
„Ich bin Irrtoc, der Sänger!“, kam die Antwort. Ein wohlwollendes Lächeln stand auf Irrtocs Mund.
„Ich bin... Taun.“
„Und wie gefiel Euch mein Lied, Herr Taun?“
„Es ist hart. Und erbarmungslos.“
„Die Götter haben beileibe nichts anderes verdient, mein Freund.“
„Vielleicht seht Ihr ein wenig zu schwarz, Herr Irrtoc.“
„Wir wollen uns nicht streiten!“
„Ich will mich mit Euch auch gar nicht streiten. Euer Lied hat mir trotz allem gefallen. Es gehört nicht zu den verbreiteten poetischen Liebesliedern, die immer wieder dieselben Übertreibungen und Unwahrheiten bringen. Und es ist ebenso wenig ein naives Volkslied.“ Irrtoc lächelte noch immer.
„Ich versuche den Leuten klarzumachen, in welcher Situation sie leben“, erklärte er. „Und vielleicht das beste Mittel hierzu ist das Lied.“
Mergun nickte.
„Den Leuten scheint`s zu gefallen.“
„Ich hoffe, sie verstehen es auch.“
Da kam der Wirt zu Irrtoc und brachte ihm einen Krug mit Wein.
„Bleibt Ihr noch länger in Nunheim?“, fragte Mergun den Sänger.
Doch Irrtoc schüttelte den Kopf.
„Nein, ich ziehe weiter. In den Süden: nach Balan.“
„Balan ist auch mein Ziel.“
„So haben wir denselben Weg! Wenn Ihr nichts dagegen habt, Herr Taun, so können wir zusammen reisen.“
„Gerne.“
Irrtoc führte den Krug zum Mund und schlürfte den Wein.
„Ihr habt mir bis jetzt noch fast nichts über Eure Identität gesagt, Herr Taun“, stellte Irrtoc fest. „Wer seid Ihr?“
„Ich glaube kaum, dass Euch meine Geschichte interessiert, Irrtoc.“
„Oh, mich interessieren Geschichten.“
„Ich komme von weit her. Von einer Insel im Nordwesten, die man die Wolfsinsel nennt.“ Und das war noch nicht einmal gelogen.
„Ich reise mehr oder weniger ziellos durch die Welt.“
„Und was wollt Ihr in Balan?“
„Ich war vor langer Zeit einmal in jener Stadt - und nun möchte ich sie gern wiedersehen. Sie hat mich fasziniert.“
„Ich weiß nicht, was an Balan faszinierend sein soll. Etwa der Gott Mergun, den die Leute dort verehren?“
Mergun erschrak, versuchte aber nach außen hin einen gelösten Eindruck zu vermitteln.
„Was ist mit diesem Mergun?”, fragte Mergun dann aber doch.
Die Versuchung war einfach zu groß.
„Er hat in seinem Leben nur eine gute Tat getan: Die Vernichtung Taykors und Ahyrs, der beiden kriegerischen Götter. Er hat damit ein Zeichen gesetzt und Sterblichen wie Göttern gezeigt, das letztere nicht unbesiegbar sind. Aber grundlegend verändert hat sein Handeln das System nicht, nach welchem dieses Universum und diese Erde funktionieren.“
Mergun schwieg. Nachdenklich saß er da und starrte vor sich auf den rohen Holztisch. Ja, Irrtoc hatte recht: Zwar hatte seine Tat für die Leute von Balan eine wesentliche Verbesserung ihres Zustandes bedeutet, aber am System war nichts verändert worden: Immer noch herrschten die Götter und die Menschen waren ihre Sklaven.
„Dieses System ist schon so uralt“, erklärte Mergun dann.
„Vielleicht sogar schon so alt wie die Menschheit selbst. Mergun war ein einzelner Sterblicher, als er seine Tat vollbrachte. Kann man von einem
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