Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
seltsam aus, manche traurig und melancholisch. Aber eins hatten sie alle gemeinsam: Die Sehnsucht nach der Freiheit, die ihnen immer vorenthalten worden war. Mergun sah den Glanz in ihren Augen und er wusste, dass diese Leute notfalls auch mit der Waffe in der Hand für ihre Ideale kämpfen würden, wenn es keinen anderen Weg gab.
Nein, es gibt keinen anderen Weg!, dachte Mergun ergrimmt.
Seine Blicke wanderten von einem zum anderen und dazu spielte Irrtoc sein Lied.
Hatten diese Männer nicht das verdient, wonach sie streben: die Freiheit? Mit welchem Recht verweigerten ihnen die Götter sie?
Mit dem Recht des Stärkeren, erkannte Mergun. Das Recht des Stärkeren ist das einzige, das sie anerkennen! Ansonsten sind sie gesetzloser als die schlimmsten Barbaren.
Aber Lari...
Zwangsläufig kehrten Merguns Gedanken zu Lari zurück. Sie war auch eine Göttin - ebenso wie er ein Gott war.
Ja, er musste noch einmal zum Berg der Götter zurückkehren. Er würde mit Lari reden und...
Er führte langsam den Weinkrug zum Mund und trank. Was sollte er tun?
Er fröstelte bei dem Gedanken an die Macht, die ihm in die Hände gelegt war.
*
Gibram schritt durch die uralten Gassen von Kwmsk. Viele der Ruinen waren bereits seit vielen hundert Jahren nicht mehr benutzt worden. Halb von Wanderdünen bedeckt lieferten sie in der Nacht ein gespenstisches Bild. Kwmsk lag im Sterben. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann diese, einstmals so florierende Stadt ganz vom Sand der Wüste verschlungen wurde. Gibram sah den Mond am Himmel. Es war ein heller Vollmond und er sah wohlwollend auf die alte Stadt herab. Aber selbst der Mond konnte den Fluch nicht brechen, den Krask, der Gott des Volkes der Lanar über dieses Land gesprochen hatte. Gibram ging eilig weiter. Sein Ziel war es, aus der Stadt heraus, in die freie Wüste zu kommen. Er wollte allein sein mit sich und seinen Visionen. Niemand sollte ihn stören.
Je weiter er sich vom Zentrum von Kwmsk entfernte, je verkommener wirkten die Häuser und Gebäude.
Schließlich hatte er die sterbende Stadt hinter sich gelassen und war nun ganz allein in der Wüste. Ein leichter Wind wehte. Nachts war es hier draußen empfindlich kalt.
Gibram ging immer weiter, ohne eigentlich ein bestimmtes Ziel, eine bestimmte Richtung zu haben. Kein einziges Mal blickte er sich um. Er wartete auf eine Vision, er wartete darauf, dass sich die Barrieren von Raum und Zeit auftaten und ihm einen Blick gewährten.
Seine letzten Visionen waren alle sehr deutlich gewesen und er hoffte, dass es diese auch sein wurde.
Er ließ sich in den Sand fallen.
Er schloss die Augen, aber trotz allem vermochte er zu sehen.
Er sah ein Feuer und beim Anblick jenes Feuers schauderte es ihm. Es waren grüne Flammen und Gibram wusste, dass dieses Feuer eine ungeheure Macht bedeutete, mehr Macht als selbst die Götter besaßen. Es war ein gewalttätiges, drohendes Feuer. Es war dazu da, zu verbrennen, nicht zu wärmen. Es war kalt, aber dennoch gefährlich.
Viel gefährlicher als normales Feuer.
Dann verblasste die Erscheinung des Feuers langsam vor Gibrams geistigem Auge und ein anderes Bild erschien. Er sah einen Mann und er wusste plötzlich auch, wer er war: Mergun, der Gott. Diese Gestalt hatte ihn durch alle seine Visionen hindurch verfolgt und auch hier erschien sie. Und Heere sah er, riesenhafte Heere, ganze Völkerschaften mussten es sein. Sie hatten sich vor dem Uytrirran versammelt, um die Götter zu stürzen. Ihre Schwerter leuchteten grün -
in demselben Grün, von dem das seltsame Feuer war.
Es war eine gewaltige, ungewöhnlich detailtreue Vision.
Er sah die riesigen Heerscharen den Berg hinaufsteigen. Und an der Spitze sah er Mergun, selbst ein gewaltiges, grünlich leuchtendes Schwert schwenkend.
Dann war die Vision plötzlich zu Ende.
Sie hatte Gibram viel Kraft gekostet. Erschöpft blieb er im Wüstensand liegen.
Seine Hände fühlten die Sandkörner, aber seine Augen sahen sie nicht, obwohl er seine Augen weit geöffnet hatte.
„Ich bin blind!“, rief er entsetzt. „Ich bin blind!“ Er ballte seine Hände zu Fäusten.
Aber die Blindheit war nur vorübergehend. Schon konnte er einige Lichtpunkte und -streifen erkennen, bis sich ihm wieder ein volles Bild offenbarte.
War diese vorübergehende Blindheit eine Folge der Vision?
Er versuchte sich aufzurichten, doch war er noch viel zu schwach.
Erschöpft sank er wieder zurück in den Sand.
Dann lag er da, nichts tuend, wie eine
Weitere Kostenlose Bücher